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Flugschule gegen Fluglärm

Fluglärm ist für viele Menschen eine große Belastung - besonders in der Nacht. Veränderungen an den Flugzeugen und ein anderes Flugverhalten der Piloten sind eine Möglichkeit den Fluglärm einzudämmen.

Von Daniela Siebert | 20.02.2012
    In Moskau treffen sich heute Vertreter der außereuropäischen Staaten, die sich gegen eine Klimaschutzabgabe im Luftverkehr wehren. In der EU ist man jedoch der Meinung, der Streit sei entschieden, der Emissionshandel stelle keinen Verstoß gegen Gesetze des freien Luftverkehrsmarktes dar. Fluglinien, die sparsame Flugzeuge einsetzen, also solche, die mit weniger Kerosin auskommen, müssen weniger für Emissionen zahlen. Sparsame, moderne Flugzeuge können oft auch in Sachen Lärmentwicklung punkten; ein Anliegen, das vor allem Anwohner von Flughäfen beschäftigt. Dass ständiger Fluglärm zumindest die Lebensqualität, wenn nicht auch die Gesundheit beeinträchtigt, liegt auf der Hand. Das Fluglärmgesetz legt gesetzliche Vorgaben fest. Aber auch Techniker und Piloten haben Möglichkeiten, den Fluglärm einzuschränken. Daniela Siebert war am Flughafen Berlin-Tegel und traf dort zunächst einen lärmgeplagten Anwohner.

    "Das Startgeräusch ist eigentlich das Extreme, und wenn die Maschinen zu langsam an Höhe gewinnen, dann ist dieser Schallpegel extrem hoch. Und dann nervt das. Dann nervt das auch noch in Kilometern Entfernung, obwohl man gar nicht in der Einflugschneise oder in der Startschneise wohnt."

    Fluglärm: Alltag für diesen Anwohner des Flughafens Berlin-Tegel. Der Mann wird schon in wenigen Monaten entspannen können, denn der Flughafen mitten in der Stadt wird im Juni geschlossen. Tausende andere Bundesbürger, die rund um Flughäfen leben, bleiben jedoch genervt. Manche werden sogar krank, wie diverse Studien inzwischen gezeigt haben. Denn Fluglärm, insbesondere nachts, ist auch eine gesundheitliche Bedrohung.
    Gute Gründe also, warum Fluglärm reduziert werden soll. Die Lotsen der Deutschen Flugsicherung leiten deshalb immer öfter alternative An- und Abflugverfahren an. Mal sollen die Flugzeuge schneller hochsteigen, mal kontinuierlicher absinken, mal kurvenreich bewohntes Gebiet umfliegen oder nach Satelliten navigieren. Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, hält das Potential solcher fliegerischer Maßnahmen zur Lärmreduktion für beschränkt.

    "Da ist das größte Optimierungspotential durch einen sogenannten "Continuous Descent Approach", also einen kontinuierlichen Sinkflug mit Leerlauf der Triebwerke: da ist noch großes Optimierungspotential, da das heute eigentlich fast nirgends umgesetzt ist, aber die letzten 20 Kilometer, da ist nicht mehr viel zu machen, da werden wir mit einer gewissen Restmenge an Lärm leben müssen, hier sind nur noch technische Maßnahmen geeignet, um effektiv größere Entlastung zu bringen."

    Tatsächlich schränkt man auch bei der Deutschen Flugsicherung ein: nicht jede lärmreduzierende An- oder Abflugvariante sei mit jedem Piloten und mit jedem Flugzeug zu machen. Manches leisere Verfahren scheitere auch am zu hohen Luftverkehrsaufkommen – etwa am Flughafen Frankfurt.

    Weniger Fluglärm, das geht auch über Veränderungen an den Flugzeugen selbst. Lufthansa beispielsweise hat gerade für einen einstelligen Millionenbetrag 26 Maschinen vom Typ Boeing 737-300 nachgerüstet: ein neues Bauteil im Triebwerk ersetzt dort zwölf Einzelteile. Das reduziert, grob gesagt, die Luftverwirbelung innerhalb des Triebwerkes und macht es dadurch leiser. Dazu Prof. Lars Enghardt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt:

    "Es ist wohl im Umfang zwei bis drei Dezibel für einen bestimmten Triebwerkston leiser geworden, das heißt, das Triebwerk ist deutlich wahrnehmbar leiser, indem man eine schalldämpfende Auskleidung im vorderen Bereich des Triebwerks ausgetauscht und durch eine alternative Lösung ersetzt hat."

    Grundsätzlich sieht der Experte für Triebwerksakustik jedoch kaum Nachrüstmöglichkeiten für alte laute Flugzeuge. Er plädiert eher für den Kauf neuer Triebwerke, wenn nicht gar gleich für neue Flugzeuge. Der neue Airbus A 380 beispielsweise, sei deutlich leiser als frühere große Passagiermaschinen.

    "Es sind verschiedene Forschungsergebnisse der letzten zehn Jahre einfach konsequent angewendet worden, man hat darauf geachtet, die drehenden Teile von den umströmten Teilen ein wenig weiter zu entfernen, was also eine deutliche Lärmminderung zur Folge hatte, und man hat entsprechend auch dafür gesorgt, dass alle freien Flächen in dem Triebwerk, die zur Verfügung standen, mit schalldämpfendem Material ausgekleidet werden konnten."

    Allerdings – so moniert man bei der "Bundesvereinigung gegen Fluglärm", sei der A 380 nur geringfügig leiser als andere Flugzeuge und längst nicht jedes neu gekaufte Flugzeug sei leiser als die Vorgänger, so etwa die Boeing 787.
    Was künftige Flugzeuge angeht, so haben sowohl die Wissenschaftler als auch die Flugzeugbauer die Lärmreduktion ziemlich weit oben auf dem Zettel sagt Lars Enghardt. Dabei geht es auch um neue Rotorformen, um neue Materialien, neue Fertigungstechniken und sich gegenseitig neutralisierende Schallwellen. Auch völlig neue Formen von Flugzeugen könnten in einigen Jahren das Problem der sogenannten Umströmungsgeräusche lösen, die mitunter bis zu 50 Prozent des Fluglärms ausmachen.

    "Man möchte wegkommen von diesem einfachen Konzept mit dieser Zigarre und den zwei Flügeln daran und mehr hingehen zu so modernen Konzepten wie dem fliegenden Flügel, also diesem Flugzeug, was nur noch wie ein einzelner Flügel aussieht, wo man auf einen dezidierten Rumpf verzichtet, was allerdings für den Passagier auch eine große Umgewöhnung bedeuten würde."