Schossig: Geld verdienen wollen Sie aber trotzdem noch?
Goodrow: Geld verdienen muss man überall, aber die Frage ist das Wie.
Schossig: Der Kölner Kunstmarkt positioniert sich ja schon im Verhältnis zu den anderen großen Kunstplätzen in Europa, Basel, Paris, London etwa. Auch diese Kunstmessen haben Direktoren. Was ist nun das Besondere, mit dem Köln wuchern kann in diesem Dreieck?
Goodrow: Das Besondere daran ist, glaube ich, dass ich nicht nur Manager von dieser Messe bin, sondern auch Kunsthistoriker. Das heißt, mit meinen Erfahrungen aus der Kunstwelt - Museumsarbeit bei Christie's in London -, dass ich nicht nur die Galeristen und Sammler gut kenne, sondern auch die Künstler. Wie gesagt: Die Künstler sind bei uns im Mittelpunkt. Meine kunsthistorische Ausbildung bringt einen ganz anderen Blick.
Schossig: Die aktuelle Kunst, Herr Goodrow, franst ja seit vielen Jahren schon etwas aus in die verschiedensten Richtungen und Genres: nicht mehr nur Multimedia und Videos, sondern jetzt auch Performance, Netzkunst, unsichtbare Konzepte. Man hatte in den letzten Jahren so ein bisschen den Eindruck, die Galeristen in Köln ziehen da immer weniger mit. Sie bleiben lieber beim guten alten Tafelbild. Plädieren auch Sie für eine Konzentration aufs Kerngeschäft?
Goodrow: Nein, im Gegenteil. Ich bin wie Beuys für einen erweiterten Kunstbegriff. Das hat man in Köln immer ganz stark gehabt. Es gab neulich in einer Galerie eine Filmausstellung mit Animationsfilmen. Es gibt auch Performances, und das wird es auch auf der Messe geben. Wir sind jetzt ja auch Partner der Kunstfilmbiennale. Nächstes Jahr haben wir auf der Messe ein Klangkunstfest. Ich denke, auch schwer verkäufliche Kunst ist verkäuflich, wenn auch schwer verkäuflich. Manchmal kann man das aber machen.
Schossig: Die Galeristen, die damit Geld zu verdienen versuchen, kann man ja wie die Nadel im Heuhaufen suchen, oder gibt es da einen besseren Trend?
Goodrow: Nein, ich denke, das ist wie so oft in Köln eine Frage der Wahrnehmung. In Köln passiert wahnsinnig viel auch außerhalb des reinen Geschäftes, auch bei den Kölner Galerien. Es wird nur nicht so wahrgenommen. Ich hoffe, durch die Messe und durch meine Tätigkeit bei der Messe diese neue Wahrnehmung zu verschärfen und zu sagen: Schau mal, was es doch alles gibt in und um Köln.
Schossig: Sie sagen, die Künstler stehen im Mittelpunkt. Die Künstler sind natürlich auch gerne im Mittelpunkt und fühlen sich wohl im Mittelpunkt. Die Künstler gehen auch gerne auf die Messen. Sie gehen im Augenblick allerdings eher nach London, hat man den Eindruck. London boomt ja als schicker, zeitgeistiger Treff von Künstlern und Sammlern, auf höchstem Niveau muss man sagen, natürlich auch preislich. Da gibt es die Tate Modern, da gibt es die Freeze Art, die gerade zu Ende gegangen ist. Wie kann denn da eine Veranstaltung wie die ART COLOGNE gegenhalten?
Goodrow: Die Freeze Art in London war spezialisiert auf aktuelle Kunst. Das heißt eigentlich Kunst der letzten fünf Jahre. Der Anfang und die Mitte der neunziger Jahre waren kaum vertreten. In Köln haben wir das ganze Jahrhundert. Die Künstler, die als VIPs eingeladen worden sind, sind teilweise 80, 90 Jahre alt. Das sagt in Köln natürlich aus, dass alle Künstler willkommen sind, nicht nur die Künstler, die jung und trendy sind.
Schossig: Zu einer Messe gehören natürlich auch die Käufer. Das sind ja an sich die Gefragtesten bei einer Messe. Dass Köln ein besonderes Renommee hat, liegt ja nicht zuletzt an der legendären Spezies des rheinischen Sammlers, Herr Goodrow. Der hat sich allerdings, hat man den Eindruck, in den letzten Jahren etwas rar gemacht. Muss da etwas geändert werden, damit die ART COLOGNE wieder eine auch für seriöse Sammler attraktive Messe wird?
Goodrow: Ich glaube, das ist auch eine Frage der Wahrnehmung. Rheinische Sammler gibt es nach wie vor, die ältere Generation und auch eine neuere Generation. Wenn man nur an das Ehepaar DuMont-Schütte hier in Köln denkt, sie sind relativ jung, oder Christian Boris aus Wuppertal. Es gibt eine ganze Reihe von jüngeren Sammlern. Sie kommen wie immer auf die ART COLOGNE. Natürlich will ich nicht nur rheinische Sammler befriedigen, sondern auch die internationalen. Es gibt hier das Dreiländereck, außerdem Frankreich und Nordamerika.
Schossig: Sie kennen diese Spezies der internationalen Sammler. Sie waren ja lange für das Auktionshaus Christie's tätig. Zwischen Galerien und Auktionshäusern gibt es ja immer so gewisse atmosphärische Störungen. Was ist es nun, was die Galeristen, die Sie ja anscheinend für die ART COLOGNE empfohlen haben, an Ihnen schätzen? Vielleicht ja Ihre Kontakte zu den großen und zahlungskräftigen Sammlern?
Goodrow: Das ist nur eine Seite. Natürlich ist es für sie ganz wichtig, denn durch meine Tätigkeiten kenne ich die Sammler persönlich. Ich denke, was sie am meisten an mir schätzen, wenn ich mich nicht irre, sind meine Offenheit und meine Gesprächsbereitschaft. Die Messe ist für die Galeristen natürlich ein Ort, wo sie Geld verdienen wollen. Das können sie sehr gut selbst und brauchen da nur ein bisschen Hilfe. Was sie brauchen, ist ein Ansprechpartner und jemand, der die Probleme auf der Messe versteht, schon beim Aufbau, wo wir jetzt dabei sind, bis hin zum Abbau. Da kann ich helfen in dem Sinne, dass ich ihre Probleme verstehe.
Schossig: In diesem Jahr, habe ich gehört, kann jede teilnehmende Galerie einen Sammler einladen, etwa 500 Gäste der ART COLOGNE, denen Flüge und Hotel bezahlt werden sollen. Warum sind solche Notprogramme nötig?
Goodrow: Erst einmal muss ich sagen, dass nur eine Übernachtung im Hotel bezahlt wird. Es ist nicht wie bei anderen Messen, wo teilweise Messen Sammler bestechen. Wir bieten eine Übernachtung an, um zu zeigen, dass wir sie schätzen, dass sie schon richtig VIPs sind. Es ist auch so: Die Sammler sind auch Persönlichkeiten und wollen sich wie VIPs behandelt fühlen. Eine Übernachtung ist ein kleiner Beitrag, den wir machen können, sodass sie sich wohler fühlen.
Schossig: Sie sind noch ganz neu in Ihrer Funktion als Künstlerischer Direktor der ART COLOGNE, Herr Goodrow. Was wird es denn nun sein, was man, wenn die Pforten am Mittwoch öffnen, was besonders ins Auge fallen wird, was jetzt schon neu ist, was Sie sozusagennach Ihren Gedanken, nach Ihren Konzepten umgestaltet haben auf der ART COLOGNE?
Goodrow: Da gibt es verschiedene Innovationen auf der Messe. Nicht nur die Künstlerkarten, sondern zum Beispiel auch die Restaurants, die heller, freundlicher aussehen werden, mehr "up to date". In der Vergangenheit gab es auch viel Kritik über unseren Raufaserteppich- das ist auch weg. Wir haben glattere, dickere Wände, wo die Kunst letztendlich besser zur Geltung kommt.
Schossig: Die ART COLOGNE hat einen neuen Leiter. Das war Gerard Goodrow, der dem Kölner Kunstmarkt in Zukunft ein schärferes Profil verleihen will. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg, Herr Goodrow, vielen Dank und einen schönen Sonntag.
Goodrow: Ich danke auch. Wiederhören.