Ensminger: Am späten Nachmittag waren die Mitglieder des Ausschusses für Aktienindizes gestern zusammengekommen, um über Auf- und Abstieg aus Deutschlands wichtigstem Börsenbarometer, dem deutschen Aktienindex DAX zu beraten. So mancher an der Börse war sich sicher, dass der Technologiekonzern Epcos ausscheiden und vom Farmer- und Chemiehersteller Altana ersetzt würde. Doch die Entscheidung sieht nicht ganz so aus. Felix Linke weiß mehr dazu:
Degussa verlässt den DAX. Nach dem Übernahmeangebot durch die Ruhrkohle AG schrumpft der Streubesitz auf 7 Prozent. Die frei handelbaren Aktien werden damit zu wenig. Für Degussa kommt Altana, ebenfalls ein Chemieunternehmen, das im Pharmasektor tätig ist und vor dem 7. Rekordjahr in Folge steht. Ähnlich gut stand vor einem Jahr der Finanzdienstleister MLP da, als er in den DAX aufgenommen wurde. Vor allem nach dem 31. Juli, dem Tag der Indexgewichtung, verloren MLP-Aktien aber dramatisch am Börsenwert. Das Unternehmen hatte mit einer Gewinnwarnung bis nach dem Stichtag gewartet und so den Verbleib im Index gesichert. Damit so etwas nicht wieder vorkommt, will die deutsche Börse künftig Werte auch unabhängig von Überprüfungsterminen herausnehmen, falls der Kurswert nicht mehr die Anforderungen erfüllt. Vor allem Epcos war aus diesem Grund als Abstiegskandidat gehandelt worden. Im M-DAX rücken Aareal-Bank, Klöcknerwerke, Mannheimer Aktiengesellschaft auf, während die Pleitekandidaten, Babcock Borsig, Cargolifter und Gold-Zack dieses Segment verlassen. Im Nemax 50 tauschen unter anderem Augusta Technologies und Consors die Plätze, weil die französische Bank BNP Pariba den Onlinepoker übernommen hat.
Ensminger: Felix Linke informierte und am Telefon ist Klaus Nieding, Geschäftsführer der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Guten Morgen.
Nieding: Guten Morgen, Frau Ensminger.
Ensminger: Herr Nieding, welche Auswirkungen haben denn solche Neuverteilungen, wie wir sie eben in dem Beitrag gehört haben auf unser Börsenbarometer, den DAX?
Nieding: Gut, die Neuverteilungen haben insofern Auswirkungen auf den DAX selbst als natürlich auch die Gewichtung immer wieder neu festgelegt wird, das heißt Unternehmen wechseln sich ab im Hinblick auf ihr Gewichtindex - das eine ist mal stärker, das andere ist mal schwächer -, und je nach Gewichtung im DAX sind es natürlich auch die großen indexabbildenden Investmentfonds, die dann entsprechend zukaufen oder verkaufen.
Ensminger: Was bedeutet das dann für den Wertpapierbesitzer, wenn Sie sagen, es sind die großen Fondgesellschaften?
Nieding: Der Wertpapierbesitzer selber kann einmal davon ausgehen, dass, wenn er die Aktie eines Absteigers im Depot hat, der Kurs sicherlich in Folge des Abstieges beziehungsweise schon einige Wochen zuvor, wenn denn bekannt wird, dass der Abstieg droht, nachgeben wird, denn dann ist klar, dass sich die großen indexabbildenden Fonds auch aus diesem Wert verabschieden werden, also ihn verkaufen werden, und das drückt dann auf die Kurse. Umgekehrt, wenn man den Wert eines Aufsteigers im Depot hat, wird dies zu anziehenden Preisen führen.
Ensminger: Aber man kann ja gar nicht sicher sein, wie diese Entscheidung dann tatsächlich ausfällt. Das hat man ja auch gestern gesehen. Was kann der Anleger dann machen?
Nieding: Der Anleger kann natürlich versuchen, die Werte von sicheren DAX-Aufsteigern einzukaufen. Er kann darüber hinaus versuchen, sich über die Kriterien zu informieren, nach denen die Deutsche Börse AG, beziehungsweise dieser Ausschuss Aktienindex hier die Empfehlung abgibt, den DAX beziehungsweise die anderen Indizes zusammenzusetzen oder entsprechend neu zu ändern und dann danach entsprechend kaufen. In der Tat kann er aber nicht ganz sicher sein. Schauen Sie sich das Beispiel MLP an - das ist gerade im Beitrag schon gebracht worden: Auch da haben die Unternehmen es in der Hand, ein wenig geschickt vorzugehen. Ich will es mal vorsichtig ausdrücken: Jetzt hat die Börse mit einer Regelwerksänderung hierauf geantwortet. Es bleibt abzuwarten, wie sich das in der Praxis dann bewährt.
Ensminger: Wie sieht die Regelwerksänderung aus?
Nieding: Die Regelwerksänderung sieht so aus, dass wir in Zukunft eben auch unterjährig Unternehmen aus den Indizes herausnehmen können und nicht auf die so genannten Verkettungstermine angewiesen sind, das heißt die Börse kann dann, wenn unterjährig die Kriterien nachhaltig unterschritten werden, auch eine entsprechende Änderung vornehmen.
Ensminger: Das hört sich ein bisschen kompliziert an. Gibt es da auch einen konkretes Beispiel, dass wir uns das vorstellen können, wie das aussieht?
Nieding: Na ja, die Zusammensetzung regelt sich ja im Wesentlichen nach folgendem Kriterium. Ich nehme jetzt mal den DAX 30, also den Index für die Blue Chips, für die sogenannten Standardwerte: Da sieht es ja so aus, dass Marktkapitalisierung, Umsatzzahlen, also Börsenumsatz und free float, also freier Aktienbesitz die entscheidenden Kriterien sind. Wenn also ein Unternehmen in der Marktkapitalisierung und im Börsenumsatz zu den 30 Topunternehmen in Deutschland gehört, dann hat es schon einmal die wichtigsten Kriterien erfüllt, um in den DAX aufgenommen zu werden. Wenn dann noch der Streubesitz bei mindestens 5 Prozent liegt, haben wir auch hier die Möglichkeit, das Unternehmen dann dadurch in den Aktienindex aufzunehmen.
Ensminger: Nun haben wir viel über Aktienbesitzer gesprochen. Gehen wir mal auf die Unternehmer ein: Was hat denn ein Unternehmen tatsächlich davon, wenn es denn im DAX ist?
Nieding: Das Unternehmen hat dann natürlich möglicherweise steigende Kurse und auch aufgrund dieser steigenden Kurse und nicht zuletzt der reinen Indexzugehörigkeit natürlich ein viel besseres Standing am Markt, das Rating dieser Unternehmen verbessert sich und damit eben auch die Möglichkeit, sich zu refinanzieren. Das alles wird etwas billiger und das kommt dem Unternehmen insgesamt dann zugute.
Ensminger: Wie sinnvoll ist denn die Festlegung, wie sie bei uns gemacht wird, für Kriterien quasi, die im DAX erfüllt sein müssen und dann bestimmen, wer eben tatsächlich im DAX drin sein darf und wer nicht?
Nieding: Ich halte das durchaus für sinnvoll, denn im Grunde genommen muss ja auch nach bestimmten Kriterien geregelt werden, wieso Unernehmen in entsprechenden Indizes enthalten sind oder nicht. Darüber hinaus sind die einzelnen Kriterien aus meiner Sicht durchaus geeignet, hier einen entsprechenden Auswahlprozess durchzuführen, insbesondere die Nebenkriterien, wie Quartalsberichterstattung und Verpflichtung zu Analystenkonferenzen und Analystengesprächen, führt zu mehr Transparenz, und ich denke, da ist die Deutsche Börse AG gut beraten, von diesen Kriterien nicht abzurücken.
Ensminger: Wobei es ja so ist, dass es immer eine Rankingliste gibt, auf die sich bezogen wird und da ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Märkte Schwankungen unterworfen sind und man eigentlich in einem Moment nicht entscheiden kann, wie das Unternehmen da steht oder nicht. Sehen Sie das auch so?
Nieding: Das ist sicherlich so, aber es wird ja auch nicht nur eine Momentbetrachtung, sondern eine zeitraumgewichtete Betrachtung vorgenommen und es kommt nicht immer nur auf ein Kriterium an, sondern es sind verschiedene Kriterien, die hier eine Rolle spielen, und das alles zusammen genommen ist dann die Grundlage für eine solche Entscheidung. Also, ich halte das durchaus für sinnvoll.
Ensminger: Vielen Dank, Klaus Nieding, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Link: Interview als RealAudio
Degussa verlässt den DAX. Nach dem Übernahmeangebot durch die Ruhrkohle AG schrumpft der Streubesitz auf 7 Prozent. Die frei handelbaren Aktien werden damit zu wenig. Für Degussa kommt Altana, ebenfalls ein Chemieunternehmen, das im Pharmasektor tätig ist und vor dem 7. Rekordjahr in Folge steht. Ähnlich gut stand vor einem Jahr der Finanzdienstleister MLP da, als er in den DAX aufgenommen wurde. Vor allem nach dem 31. Juli, dem Tag der Indexgewichtung, verloren MLP-Aktien aber dramatisch am Börsenwert. Das Unternehmen hatte mit einer Gewinnwarnung bis nach dem Stichtag gewartet und so den Verbleib im Index gesichert. Damit so etwas nicht wieder vorkommt, will die deutsche Börse künftig Werte auch unabhängig von Überprüfungsterminen herausnehmen, falls der Kurswert nicht mehr die Anforderungen erfüllt. Vor allem Epcos war aus diesem Grund als Abstiegskandidat gehandelt worden. Im M-DAX rücken Aareal-Bank, Klöcknerwerke, Mannheimer Aktiengesellschaft auf, während die Pleitekandidaten, Babcock Borsig, Cargolifter und Gold-Zack dieses Segment verlassen. Im Nemax 50 tauschen unter anderem Augusta Technologies und Consors die Plätze, weil die französische Bank BNP Pariba den Onlinepoker übernommen hat.
Ensminger: Felix Linke informierte und am Telefon ist Klaus Nieding, Geschäftsführer der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Guten Morgen.
Nieding: Guten Morgen, Frau Ensminger.
Ensminger: Herr Nieding, welche Auswirkungen haben denn solche Neuverteilungen, wie wir sie eben in dem Beitrag gehört haben auf unser Börsenbarometer, den DAX?
Nieding: Gut, die Neuverteilungen haben insofern Auswirkungen auf den DAX selbst als natürlich auch die Gewichtung immer wieder neu festgelegt wird, das heißt Unternehmen wechseln sich ab im Hinblick auf ihr Gewichtindex - das eine ist mal stärker, das andere ist mal schwächer -, und je nach Gewichtung im DAX sind es natürlich auch die großen indexabbildenden Investmentfonds, die dann entsprechend zukaufen oder verkaufen.
Ensminger: Was bedeutet das dann für den Wertpapierbesitzer, wenn Sie sagen, es sind die großen Fondgesellschaften?
Nieding: Der Wertpapierbesitzer selber kann einmal davon ausgehen, dass, wenn er die Aktie eines Absteigers im Depot hat, der Kurs sicherlich in Folge des Abstieges beziehungsweise schon einige Wochen zuvor, wenn denn bekannt wird, dass der Abstieg droht, nachgeben wird, denn dann ist klar, dass sich die großen indexabbildenden Fonds auch aus diesem Wert verabschieden werden, also ihn verkaufen werden, und das drückt dann auf die Kurse. Umgekehrt, wenn man den Wert eines Aufsteigers im Depot hat, wird dies zu anziehenden Preisen führen.
Ensminger: Aber man kann ja gar nicht sicher sein, wie diese Entscheidung dann tatsächlich ausfällt. Das hat man ja auch gestern gesehen. Was kann der Anleger dann machen?
Nieding: Der Anleger kann natürlich versuchen, die Werte von sicheren DAX-Aufsteigern einzukaufen. Er kann darüber hinaus versuchen, sich über die Kriterien zu informieren, nach denen die Deutsche Börse AG, beziehungsweise dieser Ausschuss Aktienindex hier die Empfehlung abgibt, den DAX beziehungsweise die anderen Indizes zusammenzusetzen oder entsprechend neu zu ändern und dann danach entsprechend kaufen. In der Tat kann er aber nicht ganz sicher sein. Schauen Sie sich das Beispiel MLP an - das ist gerade im Beitrag schon gebracht worden: Auch da haben die Unternehmen es in der Hand, ein wenig geschickt vorzugehen. Ich will es mal vorsichtig ausdrücken: Jetzt hat die Börse mit einer Regelwerksänderung hierauf geantwortet. Es bleibt abzuwarten, wie sich das in der Praxis dann bewährt.
Ensminger: Wie sieht die Regelwerksänderung aus?
Nieding: Die Regelwerksänderung sieht so aus, dass wir in Zukunft eben auch unterjährig Unternehmen aus den Indizes herausnehmen können und nicht auf die so genannten Verkettungstermine angewiesen sind, das heißt die Börse kann dann, wenn unterjährig die Kriterien nachhaltig unterschritten werden, auch eine entsprechende Änderung vornehmen.
Ensminger: Das hört sich ein bisschen kompliziert an. Gibt es da auch einen konkretes Beispiel, dass wir uns das vorstellen können, wie das aussieht?
Nieding: Na ja, die Zusammensetzung regelt sich ja im Wesentlichen nach folgendem Kriterium. Ich nehme jetzt mal den DAX 30, also den Index für die Blue Chips, für die sogenannten Standardwerte: Da sieht es ja so aus, dass Marktkapitalisierung, Umsatzzahlen, also Börsenumsatz und free float, also freier Aktienbesitz die entscheidenden Kriterien sind. Wenn also ein Unternehmen in der Marktkapitalisierung und im Börsenumsatz zu den 30 Topunternehmen in Deutschland gehört, dann hat es schon einmal die wichtigsten Kriterien erfüllt, um in den DAX aufgenommen zu werden. Wenn dann noch der Streubesitz bei mindestens 5 Prozent liegt, haben wir auch hier die Möglichkeit, das Unternehmen dann dadurch in den Aktienindex aufzunehmen.
Ensminger: Nun haben wir viel über Aktienbesitzer gesprochen. Gehen wir mal auf die Unternehmer ein: Was hat denn ein Unternehmen tatsächlich davon, wenn es denn im DAX ist?
Nieding: Das Unternehmen hat dann natürlich möglicherweise steigende Kurse und auch aufgrund dieser steigenden Kurse und nicht zuletzt der reinen Indexzugehörigkeit natürlich ein viel besseres Standing am Markt, das Rating dieser Unternehmen verbessert sich und damit eben auch die Möglichkeit, sich zu refinanzieren. Das alles wird etwas billiger und das kommt dem Unternehmen insgesamt dann zugute.
Ensminger: Wie sinnvoll ist denn die Festlegung, wie sie bei uns gemacht wird, für Kriterien quasi, die im DAX erfüllt sein müssen und dann bestimmen, wer eben tatsächlich im DAX drin sein darf und wer nicht?
Nieding: Ich halte das durchaus für sinnvoll, denn im Grunde genommen muss ja auch nach bestimmten Kriterien geregelt werden, wieso Unernehmen in entsprechenden Indizes enthalten sind oder nicht. Darüber hinaus sind die einzelnen Kriterien aus meiner Sicht durchaus geeignet, hier einen entsprechenden Auswahlprozess durchzuführen, insbesondere die Nebenkriterien, wie Quartalsberichterstattung und Verpflichtung zu Analystenkonferenzen und Analystengesprächen, führt zu mehr Transparenz, und ich denke, da ist die Deutsche Börse AG gut beraten, von diesen Kriterien nicht abzurücken.
Ensminger: Wobei es ja so ist, dass es immer eine Rankingliste gibt, auf die sich bezogen wird und da ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Märkte Schwankungen unterworfen sind und man eigentlich in einem Moment nicht entscheiden kann, wie das Unternehmen da steht oder nicht. Sehen Sie das auch so?
Nieding: Das ist sicherlich so, aber es wird ja auch nicht nur eine Momentbetrachtung, sondern eine zeitraumgewichtete Betrachtung vorgenommen und es kommt nicht immer nur auf ein Kriterium an, sondern es sind verschiedene Kriterien, die hier eine Rolle spielen, und das alles zusammen genommen ist dann die Grundlage für eine solche Entscheidung. Also, ich halte das durchaus für sinnvoll.
Ensminger: Vielen Dank, Klaus Nieding, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Link: Interview als RealAudio