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Folgen der Pandemie
Finanzmärkte in Turbulenzen

Wegen der Corona-Pandemie sind derzeit viele Unternehmen zum Stillstand gezwungen. Die Börsen reagierten darauf mit dem größten Kurssturz seit der Finanzkrise von 2008. Wie gefährlich das Virus für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist, lässt sich derzeit kaum erahnen.

Von Caspar Dohmen |
28.02.2020, Hessen, Frankfurt/Main: Die DAX-Kurve an der Frankfurter Börse (Fotografiert mit Wischeffekt). Der wichtigste Deutsche Leitindex Dax ist am morgen um mehr als 5 Prozent gefallen. Die Sorgen um eine Corona-Epidemie belasten seit Tagen weltweit die Finanzmärkte. Foto: Boris Roessler/dpa | Verwendung weltweit
An den Börsen gab es bis Mitte März die heftigsten Verwerfungen seit 2008 (dpa / picture alliance / Boris Roessler)
Bei einer Veranstaltung Anfang Februar in Berlin ging es um einen "Finanzcrash als Chance". Damals ahnte noch niemand, welche Krise bald die Welt erfassen würde. Wenige Wochen später verhängten Regierungen wegen der Corona-Pandemie Ausgangssperren und Kontaktverbote, um einen Kollaps der Gesundheitssysteme und den Tod vieler Menschen zu verhindern.
Große Teile der Realwirtschaft stocken seitdem. Die Finanzmärkte reagierten panisch, denn sie waren auf ein solches Szenario nicht vorbereitet. An vielen Börsen folgte von Mitte Februar bis Mitte März der tiefste Kurssturz seit 2008; teils verloren die Indices 30 Prozent. Dieses Mal resultiert die Wirtschaftskrise aus der staatlich verordneten Zwangspause für viele Unternehmen.
Der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.
Ex-Finanzminister Steinbrück: "Weit existenzieller als die Finanzkrise 2008"
Der wirtschaftliche Absturz durch die Coronakrise werde die Auswirkungen der Finanzkrise 2008 übertreffen, sagte der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD).
Gibt es trotzdem Parallelen zur Finanzkrise von 2008 und 2009? Ökonom Stephan Schulmeister meint: "Ja, die beiden wichtigsten Ähnlichkeiten sehe ich darin, dass in beiden Fällen die Aktienkurse massiv eingebrochen sind und damit den Wert des Aktienvermögens gemindert haben und zusätzlich auch noch die Rohstoffpreise gefallen sind, insbesondere der Erdölpreis."
Beide Male hatten die Kurse an den Börsen zuvor neue Höchststände erreicht. So hatte sich der Wert der Aktien im Bullenmarkt vor 2008 mehr als verdreifacht und im letzten Bullenmarkt bis vor fünf Wochen in den USA nahezu verfünffacht und in Deutschland vervierfacht.
Stephan Schulmeister: "Das macht jetzt einen großen Unterschied aus, ob ein so einschneidendes Ereignis wie die Verbreitung des Corona-Virus jetzt oder der Zusammenbruch der Lehmann-Bank 2008 am Ende eines Bullenmarktes erfolgt, dann ist nämlich das Absturzpotenzial der Kurse entsprechend hoch."
Düstere Prognosen
Die Börsen haben sich seit Mitte März ein Stück weit erholt. Mancher spricht bereits von einer Trendwende, andere warnen vor weiteren Abstürzen. Die Unsicherheit ist groß. Wirtschaftliche Entwicklung resultiert eben aus den Aktivitäten vieler Menschen – sie ist schon in normalen Zeiten schwer vorhersagbar. Jetzt ist es nahezu unmöglich, denn Dauer und Folgen der Pandemie sind noch unklar.
Corona-Pandemie: ​Wie Deutschland zur Normalität zurückkehren könnte
Noch mindestens bis zum 20. April befindet sich Deutschland im Corona-Stillstand. Doch bereits jetzt planen die Fachleute den Ausstieg. Welche Szenarien spielen dabei eine Rolle – und welche Risiken sind damit verbunden?
Entsprechend unterschiedlich fallen Szenarien der Konjunkturforscher für Deutschland aus. Der die Bundesregierung beratende Sachverständigenrat erwartet schlimmstenfalls ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr um 5,4 Prozent. Das Ifo-Institut hält im Extremfall gar einen Rückgang von 20 Prozent für möglich. Unsicherheit ist Gift für die Finanzmärkte, zu deren DNA ohnehin übertriebene Reaktionen gehören.
Viele Staaten haben gigantische Programme aufgelegt, um die Folgen der Krise abzufedern – eine Lehre aus der Weltwirtschaftskrise mit ihrer Depression von 1929. Seit damals weiß man, es ist fatal für die Wirtschaft, wenn Staaten in solchen Krisen sparen. Staaten und Zentralbanken stellen jetzt in großem Umfang Liquidität für Unternehmen, Banken und Bürger bereit.
Der Politikökonom Benjamin Braun forscht momentan an der US-Elite-Universität Princeton: "Jede Liquiditätsversorgung, die heute dazu führt, dass weniger Geschäfte, Unternehmen schließen müssen, erhält letztlich das Produktionspotenzial in der Zukunft, und somit mehr für das künftige Wirtschaftswachstum tut, als wenn man heute nichts machen würde, dann hätte man zwar in Zukunft weniger Schulden, aber man hätte auch weniger Wirtschaft."
Staatsanleihen, Eurobonds, Rettungsschirme
Den Ausbau der Gesundheitsversorgung, die Stabilisierung der Wirtschaft und Transferzahlungen an Bürger finanzieren Staaten, indem sie Anleihen auf dem Kapitalmarkt verkaufen. Es ist ihre einzige Möglichkeit die immensen Summen mit der gebotenen Geschwindigkeit aufzubringen. Nach der letzten Finanzkrise waren die Zinsen für Anleihen einiger Euroländern wie Italien, Spanien oder Portugal in die Höhe geschossen und hatten eine Staatsschuldenkrise ausgelöst. Sie hörte erst auf, als die Europäische Zentralbank EZB erklärte, sie werde alles tun, um den Euro zu retten.
Wiederholt sich die Geschichte? Jürgen Matthes vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft: "Das haben wir in der Tat schon gesehen, dass die Risikoprämien für beispielsweise Italien und Spanien zwischenzeitlich schon gestiegen waren. Nicht zuletzt in Reaktion darauf hat die EZB ihr neues Programm zum Kauf von unter anderem von Staatsanleihen in Größenordnungen von bis zu 750 Milliarden Euro aufgesetzt, das hat die Finanzmärkte dann erst mal wieder beruhigt. Die Risikoprämien sind also wieder zurückgegangen. Das heißt, die Zinsen für die südeuropäischen Staaten sind wieder gesunken."
Wie gefährlich ist das neue Coronavirus?
Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt trotz Gegenmaßnahmen vieler Regierungen weiter - auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation hat Ende Januar den "internationalen Gesundheitsnotstand" ausgerufen.
Wenn Anleger nun Staatsanleihen aus einem Euroland kaufen, können sie davon ausgehen, dass sie diese jederzeit wieder an die EZB verkaufen können. Dadurch gehen sie praktisch kein Risiko ein. Ökonomen halten es aber für ratsam, dass neben den Zentralbanken die Staaten der Eurozone gemeinsam dem Finanzmarkt ein klares Signal senden, dass kein Mitgliedsstaat in Zahlungsschwierigkeiten kommen wird.
Über das richtige Instrument gibt es unterschiedliche Ansichten. Der Sachverständigenrat empfiehlt den bestehenden Stabilisierungsmechanismus ESM. In einem Sondergutachten schreibt er: "Mit einem ESM-Programm würde ein Schutzschirm aufgespannt, der sicherstellen dürfte, dass die Mitgliedstaaten den Zugang zum Markt für Staatsanleihen zu günstigen Konditionen behalten."
Aber die Vergabe von ESM-Mitteln ist bisher an Bedingungen geknüpft. Das weckt Befürchtungen bei den potenziellen kreditnehmenden Staaten. Denn der Druck von EZB, EU-Kommission und IWF hat für die Gewährung von Hilfen während der Finanzkrise etwa in Spanien, Griechenland und Italien zu Sparprogrammen im Gesundheitswesen geführt, was in der jetzigen Pandemie Menschenleben kostet.
Konflikte in Europa
Als Zeichen der Solidarität fordern neun Staaten der Eurozone, darunter Frankreich, Spanien, Italien und Belgien, eine einmalige Vergemeinschaftung von Schulden durch die Einführung so genannter Eurobonds. Widerstand gegen die Idee kommt vor allem von den Niederlanden, Deutschland und Finnland. Deren Regierungen befürchten den Einstieg in eine Transfer-Union, bei der stärkere Staaten regelmäßig Transfers an schwächere Staaten leisten, so wie in Deutschland beim Länderfinanzausgleich.
Die Bundesregierung lehnt Corona-Bonds ab. Finanzminister Olaf Scholz und Außenminister Heiko Maas schrieben in einem Gastbeitrag für Zeitungen in Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien an diesem Montag: "Wir brauchen ein klares Zeichen europäischer Solidarität in der Corona-Pandemie. Deutschland ist dazu bereit."
Dazu verwiesen sie auf das Instrument des ESM – Corona-Bonds erwähnten sie nicht. Am Dienstag wollen Finanzminister Olaf Scholz und seine EU-Kollegen über Finanzhilfen der Gemeinschaft in der Pandemie beraten. Die Zeit drängt.
EU-Kommissionschefin von der Leyen steht an einem Rednerpult
EU will 100 Milliarden Euro an Mitgliedstaaten verleihen
Gegen die Corona-Wirtschaftskrise stellt EU-Kommissionschefin von der Leyen ein Kreditprogramm vor. Die Hoffnung: Wenn genug andere Mittel da sind, könnte das den Streit über Coronabonds entschärfen.
Moritz Schularick gehört zu einer breiten Allianz von Ökonomen, die für die Einführung einmaliger und zeitlich begrenzter Eurobonds plädieren. Er begründet dies bei einem Vortrag im Internet: "Diese Bonds geben ein deutliches Zeichen, dass wir in der Krise solidarisch zusammenstehen und zwar in einer Krise, für die niemand verantwortlich gemacht werden kann."
1974 waren die Europäer weniger zögerlich. Um die Folgen der Ölkrise aufzufangen legten sie damals eine Gemeinschaftsanleihe auf. Gemeinschaftliche Anleihen würden die Staatshaushalte von Italien oder Spanien frühzeitig entlasten. Ökonom Moritz Schularick: "Wir schlagen vor, dass man in erheblichem Umfang das macht, damit auch proaktiv an den Märkten gar kein Zweifel aufkommt, dass wir es ernst meinen mit dieser europäischen Solidarität."
Die Rede ist von einem Fondsvolumen von 500 Milliarden Euro bis einer Billion Euro. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone belief sich vor der Krise auf jährlich 14 Billionen Euro. Wirtschaftlich schwächere Staaten würden von der Bonität der stärkeren Staaten profitieren.
Natürlich würde das den deutschen Staat etwas kosten, dem heute Anleger sogar Geld zahlen, wenn er Anleihen ausgibt. Bei einer zehnjährigen Corona-Anleihe läge der Zins bei 0,2 Prozent. Selbst diese geringe Belastung ließe sich reduzieren, indem eine noch längere Laufzeit gewählt wird.
Vergangene Woche baten Bürgermeister einiger italienischer Regionen in einer ganzseitigen Anzeige in der FAZ eindringlich um deutsche Solidarität und zeigten die historische Dimension der Krise auf: "Nach dreißig Jahren, in denen die Wirtschaft im Vordergrund stand, haben die Herausforderungen von heute - sowie in der Vergangenheit - eine andere Dimension: politisch, kulturell und zwischenmenschlich. Die erste Herausforderung betrifft das Überleben der Europäischen Union. Die EU hat heute nicht die Mittel für eine gemeinsam Reaktion auf die Krise. Wenn sie aber jetzt nicht beweist, dass sie existiert, wird sie aufhören zu bestehen."
Eng verflochtene Wirtschaft der EU
Eine Unterstützung der schwächeren Länder liege aber auch im Interesse der stärkeren Länder der Eurozone, sagt Martin Hellwig, viele Jahre Direktor am Max Planck Institut für Gemeinschaftsgüter: "Also, man soll sich nicht vorstellen, wir könnten uns so ohne weiteres davon isolieren, die sollen mal ihre Sachen machen, wir machen unsere Sachen und was dort passiert, damit werden wir schon fertig."
Das gelte sowohl für die Gesundheit als auch für die Wirtschaft. Wenn das Gesundheitssystem in europäischen Ländern kollabiere oder für die nahe Zukunft nicht adäquat aufgestellt werde, würden dies die anderen europäischen Länder spüren.
Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD
Walter-Borjans zu Corona-Bonds: "Es geht um die Rettung Europas"
SPD-Cehf Norbert Walter-Borjans plädiert dafür, Ländern wie Italien und Spanien jetzt schnell finanziell zu helfen. "Wir haben im Moment in Europa ein Problem mit Solidarität", sagte Walter-Borjans im Dlf.
Außerdem sei die Wirtschaft in Europa eng verflochten. Mehr als die Hälfte der deutschen Exporte geht in die EU. Andere Experten verweisen auf die veränderte weltpolitische Lage. Jürgen Matthes vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft: "Europa muss stärker zusammenstehen, weil der Druck von außen, sei es von Russland, sei es von China, sei es teilweise auch durch die USA, denken wir auch an die Türkei beispielsweise, größer wird. Das heißt, eigentlich muss mehr gemeinsam passieren."
Sagen Berlin, Den Haag und Helsinki endgültig Nein zu Corona-Bonds, könnten Euro-Staaten, die sie befürworten, es alleine versuchen. Dann wäre die Währungsgemeinschaft gespalten und die Diskussion über deren Spaltung in einen Nord- und Südeuro dürfte aufflammen.
Die Situation entschärfen könnte die Idee der EU-Kommission, Schulden in Höhe von 100 Milliarden Euro aufzunehmen, mit denen Kurzarbeitergeld gezahlt werden soll. Anders als in der letzten Krise würden damit nicht Banken sondern Millionen Menschen unterstützt.
Banken könnten in Schwierigkeiten geraten
Die letzte Finanzkrise hatte der Bankensektor verursacht, dieses Mal haben die Banken die Krise nicht ausgelöst, könnten sie aber ungewollt verstärken, wenn sie aufgrund von Kreditausfällen in Schwierigkeiten geraten und dann die Kreditvergabe drosseln müssten.
Aber so weit ist es noch nicht und einiges hat sich verbessert – etwa die Aufsicht. Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: "Für die Aufsicht und für die Stabilität ist es halt schlecht, wenn sie eine große Bank bei sich hat und sie beaufsichtigen soll, aber in die Tochterfirma in Irland kann sie halt nicht reingucken und was die da treiben, welche Derivate und außerbilanziellen Positionen sie anhäufen. Das darf sie nicht sehen, weil die irische Bankenaufsicht das nicht erlaubt. Und das war ja die Situation."
So war es etwa der deutschen Bankenaufsicht im Falle der Depfa ergangen. Die irische Tochterbank der deutschen Hypo-Real-Estate hatte in gigantischem Ausmaß langfristige Verpflichtungen durch kurzfristige Kredite finanziert. Als das riskante Modell nicht mehr funktionierte, stand die Hypo-Real-Estate am Abgrund - der deutsche Staat rettete sie mit Milliarden.
Eine zerrissene EU-Fahne flattert im Wind.
Marshall-Plan statt Coronabonds
Den südeuropäischen Ländern sei zu raten, sich nicht auf Coronabonds zu versteifen – und den Nord-Euroländern – inklusive Deutschland: auf die Südländer zuzugehen, kommentiert Klemens Kindermann.
Nach der Finanzkrise bekam die EZB die Aufsicht über große Banken in der Eurozone angegliedert. Sie hat heute grenzüberschreitend Einblick. Ökonom Jürgen Matthes: "Die Finanzaufsicht, die ja dann bei der EZB im Euroraum zentralisiert wurde, hat dafür gesorgt, dass die Banken in den letzten Jahren sehr stark ihre Risikopuffer, also ihre Rücklagen, aufgebaut haben."
Allerdings gelten europäische Banken als vergleichsweise ertragsschwach. Manchen Banken fehlt ein überzeugendes Geschäftsmodell. Hinzu kommt der intensive Wettbewerb für Großbanken – in Deutschland beispielsweise wegen der starken Stellung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken, wovon Kunden profitieren.
Dominoeffekte
Negative Nebenwirkungen hat für die Banken auch die Krisenbewältigungsstrategie der EZB. Martin Hellwig sagt: "Zu den Kosten der expansiven Politik der EZB gehört es, dass sie auf die Margen der Banken gedrückt hat. Wenn die EZB langlaufende Staatspapiere aufkauft oder auch Unternehmenspapiere, dann ist sie de facto ein Wettbewerber der Geschäftsbanken."
Die Banken profitieren indirekt von der Unterstützung der Staaten für Unternehmen, Beschäftigte und Selbständige, die damit leichter ihren Kreditverpflichtungen nachkommen können. Aber man muss kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass trotz Hilfsmaßnahmen Insolvenzen und Kreditausfälle steigen werden. Bankenexperte Martin Hellwig: "Innerhalb von Deutschland sehe ich das für den Finanzsektor zunächst mal relativ gelassen."
Anders bewertet Martin Hellwig die Situation in den USA: "Der US-amerikanische Finanzsektor ist extrem labil. Und das hat Rückwirkungen auf das globale Finanzsystem."
In den USA war es im Zuge der letzten Finanzkrise zu gravierenden Problemen gekommen, als sich US-Geldmarktfonds zurückzogen und damit plötzlich europäischen Banken die Refinanzierungsmöglichkeit für Dollar fehlte.
Aber das würde wohl heute nicht mehr geschehen, sagt Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: "Es gibt auch Arrangements, wenn Banken einen Bedarf an einer Fremdwährung haben, also wenn sie Liquiditätsprobleme in Dollars haben, dann gibt es mittlerweile Verabredungen zwischen den Zentralbanken, dass sich die gegenseitig aushelfen."
Eine Lupe fokussiert Grafik mit stark fallendem Börsenkurs.
Wirtschaftsfolgen von COVID-19
Die Bundesregierung rechnet mit einer schweren Rezession für Deutschland. Aber was bedeutet das? Und wie gut ist die deutsche Wirtschaft aktuell aufgestellt? Wir erklären die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie.
Und dann versorgen die Zentralbanken die Geschäftsbanken mit den notwendigen Devisen. Aber es gibt diverse Faktoren, die eine Finanzkrise auslösen könnten. Zum einen, da ist die hohe Zahl hochverschuldeter Emittenten von Unternehmensanleihen vor allem in den USA. Darunter sind viele Energiefirmen, die mit der umstrittenen Frackingmethode Öl gewinnen. Sie stehen unter erheblichem Druck, weil der Ölpreis zuletzt drastisch gesunken ist wegen des Preiskriegs zwischen Saudi Arabien und Russland. Hier könnte es zu Zahlungsausfällen kommen, die einen Dominoeffekt auslösen könnten.
Eine weitere Gefahr besteht auf den Finanzmärkten, wenn Ratingagenturen in großem Stil die Bonität von Unternehmen von Investment Grade auf Junk Bond herabstufen. Solche Anleihen müssen große Investoren wie Pensionsfonds dann verkaufen, weil sie ihre Mindestanforderung an Bonität nicht mehr erfüllen.
Gravierend sind die Folgen der Corona-Krise für die Schwellen- und Entwicklungsländer. Anleger haben bereits in großem Ausmaß Kapital aus den Ländern abgezogen und in sichere Anlagen investiert, also vor allem in US-Staatsanleihen.
Was die Krise für den globalen Süden bedeutet
Diverse Indikatoren signalisieren die Krise: Die Börsen brachen von Jakarta bis Rio de Janeiro ein. Währungen wie die indische Rupie oder die türkische Lira verloren deutlich an Wert. Auch der südafrikanische Rand stürzte ab. Forscher Benjamin Braun: "Diese Länder sind in vielerlei Hinsicht enorm destabilisiert im Vergleich zu 2008. In Brasilien regiert der aggressivste Virusleugner der Welt, die Türkei ist massiv unter Druck in vielerlei Hinsicht. Da kommt sicher noch einiges auf das Finanzsystem zu."
Bereits Ende 2019, also noch vor dem Ausbruch der Corona-Krise, befand sich fast die Hälfte der einkommensschwächsten Länder der Welt in Schuldennot, denn ihre kommerziellen Schulden in harten Währungen, wie dem Dollar oder Euro hatten sich in den fünf Jahren vor 2019 auf über 200 Milliarden Dollar verdreifacht.
Ecuador stoppte kürzlich die Rückzahlung einer Kreditrate von 200 Millionen US-Dollar und investiert das Geld in die Bekämpfung der Pandemie. Die afrikanischen Finanzminister verlangten bei einem gemeinsamen virtuellen Treffen eine Streichung der für 2020 ausstehenden Zinszahlungen. Und der Internationale Währungsfonds und die Weltbank forderten Gläubigerregierungen auf, den ärmsten Ländern durch Streichung der Schulden zu helfen.
Als Ultima Ratio halten sie selbst Kapitalverkehrskontrollen von Staaten für angebracht, wenn diese Kapitalflucht in extremem Ausmaß ausgesetzt sind – ein Umdenken. Bissig bemerkte das britische Magazin Economist das sei ungefähr so, wie wenn der Vatikan sich für Geburtenkontrolle einsetzt.
Die deutsche Bundesregierung reagierte schnell und nach dem Urteil vieler Beobachter adäquat auf die Pandemie und deren wirtschaftlichen Folgen in Deutschland. Aber Deutschland müsse aufpassen, sagt Politik-Ökonom Benjamin Braun: "Die Wirkung dieser Maßnahmen würde verringert oder sogar verpuffen, wenn die Bundesregierung nicht ähnlich adäquat auf die Krise im Rest der Eurozone reagiert und entsprechende mutige Schritte unternimmt. Und sie wird auch verringert oder verpuffen, wenn dann der globale Norden nicht adäquat auf die Auswirkungen der Krise im globalen Süden reagiert."
In der jetzigen Krise sitzt die Staatengemeinschaft eben wieder einmal im selben Boot.
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