Donnerstag, 25. April 2024

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Formel 1
"Eine auf Moral gestützte Regelung sehe ich nicht"

Inmitten von Rohstoff- und Klima-Debatte ist in Bahrain die neue Saison in der Formel 1 gestartet. Zudem wird in Russland in diesem Jahr kein Rennen stattfinden, dafür aber möglicherweise in Katar. Ein Umdenken beim Thema problematische Regimes gebe es in der Formel 1 nicht, sagte FAZ-Sportchef Anno Hecker im Dlf.

Anno Hecker im Gespräch mit Marina Schweizer | 20.03.2022
Valtteri Bottas beim Formel-1-Auftakt in Bahrain.
Valtteri Bottas beim Formel-1-Auftakt in Bahrain. (IMAGO / HochZwei)
Mit einem Doppelsieg von Ferrari ist am Sonntag in Bahrain die neue Saison in der Formel 1 gestartet. Charles Leclerc kam vor seinem Teamkollegen Carlos Sainz ins Ziel. Lewis Hamilton wurde Dritter. Red Bull erlebte dagegen ein Debakel. Sowohl Weltmeister Max Verstappen als auch Teamkollege Sergio Perez kamen nicht in Ziel.
Eine Ausgabenbremse soll in diesem Jahr für ein spannenderes Klassement sorgen. Teams dürfen nicht mehr als 140 Millionen Dollar ausgeben. Allerdings sind in diesen Kosten die Kosten für Fahrer und Ingenieure nicht einberechnet. "Also die größeren Teams können da schon noch ein bisschen mehr ausgeben. Aber es führt wahrscheinlich schon dazu, dass man bessere Chancen hat, auch als kleineres Team vorne rein zu fahren", sagte Anno Hecker, Sportchef der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", im Deutschlandfunk.

Rennen werden wieder beliebter

Hecker war beim Saisonauftakt in Bahrain vor Ort. Und dieser Saisonstart fällt aufgrund des Angriffskriegs auf die Ukraine in eine hitzige Debatte um Rohstoff. Dazu steht die Formel 1 auch aufgrund des Klimawandels in der Kritik. Dennoch ziehen die Rennen wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer an, als noch in den vergangenen Jahren. Vor allem im Alterssegment zwischen 18 und 35 Jahren.
Die Handschuhe des Formel-1-Fahrers Kevin Magnussen vom Team Haas F1
Die Handschuhe des Formel-1-Fahrers Kevin Magnussen vom Team Haas F1
Oligarch? Nein, danke
Kurz vor Beginn der neuen Saison reagiert die Formel 1 auf die russische Invasion der Ukraine. Ein Rennstall setzt ein besonders deutlich Zeichen: Haas F1, das amerikanische Team von Mick Schumacher.
"Man könnte jetzt sagen, das hat einerseits mit der wahnsinnig spannenden Saison im vergangenen Jahr zu tun. Andererseits haben wir auch die 'Generation Greta', die sehr klimabewusst ist. Insofern ist es schon interessant", sagte Hecker. "Ich glaube, das bezieht sich eben nicht auf den deutschen Markt. Vor allem in den USA hat es große Zuwächse gegeben".

"Es kommen Investoren in die Formel 1"

Ein Grund dafür sei eine Netflix-Dokumentation, dir vor allem in den USA sehr beliebt sei, so Hecker. Offizielle Zahlen gebe es aber nicht. "Damit rückt Netflix nicht raus, aber alle sagen, es funktioniert. Und siehe da: Es kommen Sponsoren in die Formel 1. Die Kostenreduzierung hat auch dazu geführt, dass die Teams profitabler werden. Und es kommen Investoren in die Formel 1. die sich vielleicht auch Gewinn versprechen."
Daran hätte auch der Ausschluss Russlands aufgrund des Angriffskriegs in der Ukraine nichts geändert. Laut Hecker gab es sogar Sponsoren, die nicht auf ein Auto wollten, auf dem auch ein russischer Sponsor zu sehen war. "Also das ist offensichtlich kein großer Verlust, denn es gibt sofort Ersatz."

Katar wohl Ersatz für Russland

Auch das Rennen in Sotschi wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Hecker: "Es gibt jetzt noch nichts Offizielles, aber es kommt jemand rein, der in diesem Jahr noch für Diskussionsstoff sorgen wird wegen der Fußball-WM: Katar." Katar wäre neben Bahrain, Saudi-Arabien und Abu Dhabi der vierte Golfstaat, der ein Formel-1-Rennen ausrichtet. "Das ist eine geweihte Macht der Golfstaaten, die viel Geld haben, die auch viel Geld zahlen, aber natürlich was den Umgang mit Menschenrechten angeht, sehr umstritten sind."
Ein generelles Umdenken, was problematische Regimes angeht, erkenne Hecker daher nicht. "Zwar behauptet die Formel 1, dass sie in ihren Verträgen garantieren, dass man sich an die Menschenrechte hält. Das hat Stefano Domenicali, sozusagen der Chef der Vermarktungsorganisation der Formel 1, gesagt. Aber er sagt auch, eigentlich brauche man das gar nicht. Denn allein schon dadurch, dass wir da sind, haben wir so viel Licht auf der Veranstaltung, dass die Leute sich dann schon irgendwie vernünftig verhalten werden."

Minderjährige in Bahrain im Gefängnis

Fragen, warum die Formel 1 ihren Einfluss als Organisation nicht geltend mache, um die Situation zu verändern, blieben laut Hecker unbeantwortet. Im Bahrain säßen laut Hecker jedoch Menschen im Gefängnis, die gegen das Whitewashing durch die Formel 1 demonstriert hätten, "auch Minderjährige." Zwar sei in einem Fall auf Druck von Lewis Hamilton ein Minderjährige aus dem Gefängnis entlassen worden. "aber eine generelle neue, auf Moral gestützte Regelung der Formel 1 sehe ich nicht."