Archiv


Forschung auf dem Vulkan

Vulkanologie. - Im März und April legte der isländische Vulkan Eyjafjallajökull den Flugverkehr über großen Teilen Europas lahm. Seitdem ist der Vulkan weitgehend zur Ruhe gekommen. Inzwischen kommen Wissenschaftler bis zum Krater, um den jüngsten Ausbruch zu rekapitulieren. Die Wissenschaftsjournalistin Monika Seynsche berichtet von einer solchen Expedition, die sie begleitete.

    Krauter: Frau Seynsche, hat sich die Lage in der Umgebung des Vulkans inzwischen wieder normalisiert?

    Seynsche: Die hat sich weitgehend normalisiert. Eigentlich gibt es nur noch ein oder zwei Täler, die stark betroffen sind, der Rest rund um diesen Vulkan sieht wunderbar grün aus, wenn man dahin kommt, nur in diese beiden Tälern ist eben genau die Asche gekommen, es sind genau die beiden Täler, die nach Süden gehen, und genau da hat die Asche hingeweht. Ich war auf einer Farm, wo wirklich zehn bis 20 Zentimeter Asche auf den Feldern drauf liegen, da können die Kühe seit März nicht aus dem Stall heraus, weil sie sonst eine Fluorvergiftung riskieren würden. Und die sind einfach massiv betroffen, diese Farmen.

    Krauter: Auch Forscher tummeln sich auf dem Vulkan. Was genau treiben die dort?

    Seynsche: Zum einen haben sie sechs Seismik-Stationen um den Berg herum gebaut, als der Vulkan angefangen hat aktiv zu werden. Sie machen GPS-Messungen, um das Aufblähen des Berges zu messen, als er ausgebrochen ist. Und jetzt untersuchen sie die Asche, weil sie aus der Asche Rückschlüsse ziehen können auf die Art der Eruption, genau dafür sind sie auch auf den Vulkan drauf gefahren.

    Krauter: Sie waren selbst auf dem Vulkan. Wie genau gelangt man dahin?

    Seynsche: Es erforderte vor allen Dingen viele, viele Stunden. Zuerst einmal geht man in einem Jeep Feldwege hoch, ganz normal auf den Berg. Irgendwann wird das Gelände so unwegsam, dass selbst die Jeeps stecken bleiben. Dann ging's weiter mit einer Pistenraupe der isländischen Bergrettung, und diese Pistenraupe, die hatte sogar Holzplanken dabei, denn es kann immer mal sein, dass man Gletscherspalten überqueren muss auf diesem Weg, weil es natürlich ein Gletscher ist. Er sieht überhaupt nicht nach Gletscher aus, ist komplett schwarz, hat aber natürlich noch Gletscherspalten. Das ist uns erspart geblieben, aber wir sind auch stecken geblieben, weil einfach die Pistenraupe an einer Stelle nicht weiter kam, wir aussteigen mussten und die Pistenraupe sich alleine vorgekämpft hat, und wir dann später wieder einsteigen durften. Das hat ziemlich lange gedauert, zwei Stunden ungefähr.

    Krauter: Schieben mussten Sie aber nicht?

    Sein schien: Nein, schieben mussten wir nicht.

    Krauter: Klingt alles sehr abenteuerlich. Wenn mann da oben ist, wie sieht das dort aus? Muss man sich das vorstellen wie eine Mondlandschaft?

    Seynsche: Ja, es sieht genauso aus wie eine Mondlandschaft. Es ist alles schwarz, Nebelschwaden waren da oben, man sieht den Dampf, genau aus dem Gletscher, aus dem Kratersee herauskommt, man sieht die Lava, die wirklich eine Schlucht ins Eis geschmolzen hat, das sind 100 Meter tiefe Eiswände, die da runtergehen. Sehr, sehr beeindruckend, weiter unten Schwefeldämpfe natürlich aufsteigen, das riecht auch sehr, so wie man sich einen Vulkanausbruch vorstellt. Und die Lava dampft immer noch, die ist zwar bedeckt von zehn Metern Asche ungefähr, doch sie dampft da durch immer noch hoch. Man hat diese ganzen Gase, man hat die riesige Schlucht, das ist sehr, sehr beeindruckend. Das war der erste Moment, wo ich mich fragte, warum ich nicht zum Fernsehen gegangen.

    Krauter: Klingt beeindruckend. Was genau erwarten die Forscher für die Zukunft? Ist dieser Vulkan für weitere Überraschungen gut?

    Seynsche: Das weiß man nicht. Es könnte sein, dass er jetzt komplett wieder eingeschlafen ist, es kann aber auch sein, dass er wieder aktiv wird, denn beim letzten Mal hat er von 1821 bis 1823, also mehr als ein Jahr lang, immer wieder Ausbrüche gezeigt. Das zweite, was die Forscher erwarten, dass der Vulkan, der direkt neben diesem ist, die Katla, das ist einer der aktivsten Vulkane Islands, er könnte demnächst ausbrechen, weil er eigentlich überfällig ist. Der bricht immer so alle 60 bis 80 Jahre aus, über die letzten 1000 Jahre hinweg, die letzten 1000 Jahre Siedlungsgeschichte. Und das letzte Mal ist der 1918 ausgebrochen das heißt, er müsste langsam wieder ausbrechen. Da warten die Forscher darauf. Und der dritte Punkt, der sie beunruhigt, ist der Klimawandel. Denn diese Eispanzer auf dem Vulkan schmelzen natürlich wie überall sonst auch. Und dadurch sinkt ja auch das Gewicht, das auf die Vulkane drückt, und dadurch werden diese Magmakammern, gerade die oberflächennahen Magmakammern der Vulkane entlastet. Und das wiederum könnte die vulkanische Aktivität anregen. Man weiß, dass das nach der letzten Eiszeit passiert ist, es gab ganz, ganz viele Ausbrüche, Vulkanausbrüche nach der letzten Eiszeit, als Island auf einmal komplett gletscherfrei war. Und man vermutet, dass genau so etwas dann auch passiert.

    Hinweis: Am Sonntag, 22. August, 16:30 Uhr, können Sie Monika Seynsches Expeditionsbericht Spiel mit dem Feuer im Deutschlandfunk, Wissenschaft im Brennpunkt, hören.