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Fotos und Videos von Polizeieinsätzen
Wann haben Polizisten ein Recht am eigenen Bild?

Das Aufnehmen von Videos oder Fotos bei Polizeieinsätzen ist grundsätzlich erlaubt. Wer die Aufnahmen ins Netz stellt, muss aber die Gesichter der Beamten unkenntlich machen - das hat das Oberlandesgericht Köln entschieden. Doch es gibt auch Ausnahmen.

Von Peggy Fiebig |
Ein Demonstrant steht am 1. Mai 2021 in Berlin Neukölln auf der Straße und hat sein Smartphone auf einen Polizisten gerichtet
Das Filmen von Polizeieinsätzen ist mittlerweile weit verbreitet - und grundsätzlich erlaubt (IMAGO / A. Friedrichs)
Urteil: Polizeiroutine kein zeitgeschichtliches Ereignis
Mehr Klicks, mehr Geld. Nach diesem System verdienen Youtuber oft ihr Geld. So auch der Youtuber, um den es hier geht. Er hatte Videos von Polizeieinsätzen ins Netz gestellt. Ganz normale Einsätze aus dem polizeilichen Alltag – Routine sozusagen. Mit auf den Videos waren auch Polizeibeamte zu sehen – unverpixelt, deutlich erkennbar. Die fanden das allerdings gar nicht gut. Insgesamt 17 von ihnen stellten Strafanträge gegen den Youtuber, weil sie sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sahen. Und sie bekamen Recht.
Die Videos hätten so nicht veröffentlicht werden dürfen, die Beamten hätten verpixelt werden müssen, haben das Landgericht Bonn und in der nächsten Instanz jetzt auch das Oberlandesgericht Köln entschieden. Nach dem Kunsturhebergesetz dürfen nämlich Fotos oder Videos grundsätzlich nur mit Einwilligung der abgebildeten Person veröffentlicht werden. Aber Polizisten sind ja nicht jedermann, sie sind Repräsentanten des Staates.
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"Die Frage, die da im Mittelpunkt steht: Haben Polizisten ein Recht am eigenen Bild?", erklärt Medienrechtsanwalt Martin Gerecke. Oder gilt hier eine Ausnahme, so dass auch ohne Einwilligung Bilder gemacht und später unverpixelt veröffentlicht werden durften?
"Früher gab es diese Ausnahmen für relative und absolute Personen der Zeitgeschichte, das gibt es heutzutage nicht mehr. Sondern heute sagt man: Liegt ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte vor? Das heißt, man braucht ausnahmsweise nicht die Einwilligung des Abgefilmten, wenn wir ein zeitgeschichtliches Ereignis haben."
Polizeiroutine aber sei kein solches zeitgeschichtliches Ereignis, haben die Gerichte entschieden. Der Youtuber habe lediglich Alltagseinsätze gezeigt, die, so heißt es im Urteil, "keinen Vorgang von gesellschaftlicher Tragweite und Bedeutung zum Gegenstand haben". Und weil derjenige, der das Kunsturhebergesetz verletzt, sogar eine Straftat begeht, muss der Youtuber jetzt 2.800 Euro – 70 Tagessätze à 40 Euro – Strafe zahlen.
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Bei zeitgeschichtlichen Ereignissen gelten andere Regeln
Bei der Gewerkschaft der Polizei begrüßt man diese Entscheidung. Für Polizistinnen und Polizisten gebe es jetzt mehr Rechtssicherheit, sagt Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der GdP: "Ja, das ist natürlich für uns von Vorteil. Das ist eine Sichtweise, die wir schon länger vertreten haben. Und jetzt die Entscheidung dazu zu haben, das entspricht natürlich unserem Geschmack."
Allerdings heißt das nicht, dass Fotos oder Videos von Polizisten gar nicht veröffentlicht werden dürfen. Denn manche Einsätze können sehr wohl als zeitgeschichtliche Ereignisse gewertet werden. Rechtsanwalt Martin Gerecke: "Man sagt zum Beispiel bei Polizeieinsätzen, wenn Sie Gewalt dokumentieren zum Beispiel, dann ist das sicherlich mal ein gesellschaftliches Ereignis."
Oder auch bei Demonstrationen. Die Abgrenzung, wann ein gesellschaftliches Ereignis vorliegt und wann nicht, ist heikel - geht es doch um den Kern zweier aufeinanderprallender Grundrechte: Die Persönlichkeitsrechte der Polizisten auf der einen Seite und die Pressefreiheit auf der anderen Seite.
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Rechtsanwalt Martin Gerecke: "Man darf den Begriff des zeitgeschichtlichen Ereignisses nicht zu eng fassen, es soll schon irgendetwas sein, was den Informationsbedarf der Öffentlichkeit in irgendeiner Weise befriedigt und was irgendein Vorgang von gesellschaftlichem Interesse, von gesellschaftlicher Bedeutung ist."
Das allerdings konkret zu beurteilen, kann schwierig werden, sagt auch Hendrik Zörner vom Deutschen Journalistenverband: "Abgrenzungsschwierigkeiten, die kann es durchaus geben. Denn das ist aus meiner Sicht die wirkliche Flanke bei dem Urteil, die die Richter offenlassen. Dass immer im Einzelfall letztendlich entschieden oder geprüft werden muss, ob das jetzt ein Routineeinsatz war oder ob es sich dabei um einen Einsatz gehandelt hat, der vielleicht wirklich von zeitgeschichtlicher Bedeutung ist."
Aufnehmen von Fotos und Videos grundsätzlich erlaubt
Auch wenn das Filmen mit Handys mittlerweile weit verbreitet ist, werden Polizeibeamte noch nicht ausreichend darauf vorbereitet, wie sie sich in dieser Situation verhalten sollen, beklagt Oliver Malchow von der Gewerkschaft der Polizei: "Handreichungen sind mir so nicht bekannt. Ich weiß, dass insbesondere im Zusammenhang mit Großlagen, also Demonstrationen, die möglicherweise gewalttätig verlaufen, es da nochmal bei der Einsatzbesprechung Hinweise zu diesem Thema gibt. Also es gibt schon vereinzelt Fortbildung dazu, aber flächendeckend ist das letztendlich nicht."
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Solange es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Foto- und Video-Aufnahmen widerrechtlich veröffentlicht werden sollen, darf die Polizei nicht dagegen einschreiten (picture alliance / dpa / Markus Scholz)
So hat sich, so scheint es, auch noch nicht überall herumgesprochen, dass der Schutz des eigenen Bildes nach dem Kunsturhebergesetz nur die Veröffentlichung von Fotos und Videos betrifft. Denn nicht selten werden Smartphones beschlagnahmt, wenn die Beamten bemerken, dass sie gefilmt werden. Oder es werden die Personalien aufgenommen.
Das bloße Aufnehmen von Videos oder Fotos ist aber grundsätzlich erlaubt. Solange es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Bilder widerrechtlich veröffentlicht werden sollen, darf die Polizei nicht dagegen einschreiten. Das hatte das Bundesverfassungsgericht schon 2015 klargestellt. Die Richter wiesen seinerzeit auf den ansonsten abschreckenden Effekt hin. Menschen könnten "aus Furcht vor polizeilichen Maßnahmen auch zulässige Aufnahmen unterlassen", hieß es in dem Urteil.
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Neuerdings aber haben Ermittlungsbehörden noch einen weiteren Kniff gefunden, mit denen unliebsame Aufnahmen verhindert werden sollen. Statt auf das "Recht am eigenen Bild" nach dem Kunsturhebergesetz setzen sie jetzt auf das Strafgesetzbuch erläutert der Bochumer Kriminologieprofessor Tobias Singelnstein: "§ 201 des Strafgesetzbuches stellt es unter Strafe, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen aufzunehmen. Die Polizei ist in den vergangenen Jahren zunehmend dazu übergegangen, aufgrund dieser Vorschrift strafrechtlich gegen Personen vorzugehen, die Polizeieinsätze filmen, denn bei solchen Filmaufnahmen, vorzugsweise mittels Smartphone, wird ja jeweils auch der Ton aufgenommen."
Und das sei auch richtig so, meint der Rechtswissenschaftler. Denn in der Regel seien die Äußerungen ja für alle Umstehenden hörbar und damit gerade nicht vertraulich. § 201 Strafgesetzbuch ist deshalb nur einschlägig. "Wenn es sich um tatsächlich um ein vertrauliches Gespräch etwa zwischen zwei Beamtinnen oder einem Beamten und einer betroffenen Bürgerin handelt."
Und nicht zuletzt der Fall von George Floyd in den USA aber auch zahlreiche Fälle hierzulande zeigen, wie wichtig solche Aufnahmen sein können – mit Bild und Ton.
The George Floyd memorial outside Cup Foods in Minneapolis in June 2020. (Leila Navidi/Minneapolis Star Tribune/TNS/ABACAPRESS.COM - NO FILM, NO VIDEO, NO TV, NO DOCUMENTARY
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