Einigung im Zollstreit
Fragen und Antworten zum "großen Deal" zwischen den USA und der EU

Die Gefahr eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU scheint vorerst abgewendet. Doch ist die Einigung im Zollstreit auch aus dem Blickwinkel der Europäer der "große Deal", von dem US-Präsident Trump spricht? Einige Fragen und Antworten.

    Ein Autotransporter mit Neuwagen von Mercedes-Benz steht vor einem Autohaus in Manhattan.
    Derzeit belegen die USA aus der EU importierte Autos und Autoteile mit einem Zollsatz von 25 Prozent - künftig sollen es 15 Prozent sein (Archivbild). (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)

    Worauf haben sich die EU und die USA geeinigt?

    Die zum 1. August angedrohten Zölle in Höhe von 30 Prozent auf die Einfuhr europäischer Produkte sind abgewendet. Stattdessen soll es einen Basiszollsatz in Höhe von 15 Prozent auf die meisten Produkte geben. Das gilt laut EU-Kommissionschefin von der Leyen auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Die Einigung schaffe einen Rahmen für die zukünftige Senkung der Zölle auf weitere Produkte, heißt es. 

    Welche Zugeständnisse hat die EU gemacht?

    Die EU sichert nach Trumps Angaben zu, innerhalb von drei Jahren Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar (640 Milliarden Euro) von den Vereinigten Staaten zu beziehen und dort zusätzlich 600 Milliarden US-Dollar zu investieren. Auch sollen die EU-Länder mehr Waffen von den USA kaufen. Laut von der Leyen soll es für eine Reihe strategischer Produkte gar keine Zölle mehr geben, darunter unter anderem Flugzeuge und Flugzeugteile, bestimmte Chemikalien sowie bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse.

    Warum hat die EU den Deal akzeptiert?

    Wäre es zu keiner Einigung gekommen, hätten weitere US-Zölle gedroht: Trump hatte bereits Basiszölle in Höhe von 30 Prozent ab August verkündet, um in den Verhandlungen Druck aufzubauen. Die EU wollte eine Eskalation verhindern, da dies den Handel und Arbeitsplätze bedroht hätte. Hinzu kam die Sorge, Trump könne im Fall eines verschärften Konflikts Drohkulissen auch auf anderen Feldern aufbauen - zum Beispiel, indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der NATO infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt.
    Wären die Europäer im Bereich der Verteidigung nicht so abhängig von den USA, hätten sie den Deal womöglich nicht akzeptiert. Denn wirtschaftlich ist die EU mit etwa 450 Millionen Bürgern in 27 Ländern eine Großmacht, die den Vereinigten Staaten in einem Handelskonflikt schwer zusetzen könnte.

    Welche Zölle hatte Trump bereits verhängt?

    Neben einem Basiszollsatz in Höhe von zehn Prozent hatte die US-Regierung unter Trump unter anderem auf den Import von Autos und Autoteilen Extrazölle in Höhe von 25 Prozent eingeführt, sodass der Zollsatz zuletzt bei 27,5 Prozent lag. Die jetzt gültigen 15 Prozent seien das Beste, das zu erreichen gewesen sei, sagte von der Leyen. Bei Stahl- und Aluminiumprodukten bleibt der Zollsatz laut Trump bei 50 Prozent. Nach Angaben aus EU-Kreisen sollen aber bestimmte Mengen ausgenommen werden, wie es bereits vor Trumps Amtsantritt der Fall war. 

    Was gewinnt Trump?

    Dass Trump den Basiszollsatz in Höhe von 15 Prozent aufrechterhalten kann, bedeutet Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe für die US-Staatskasse. Nach EU-Angaben lag der durchschnittliche US-Zollsatz auf Importe aus der EU in der Praxis vor dem Amtsantritt Trumps bei lediglich etwa einem Prozent und damit ebenso niedrig wie der Zollsatz der EU auf US-Importe - zumindest dann, wenn man nur den tatsächlichen Warenhandel zwischen der EU und den USA zugrunde legt. 
    Im Jahr 2023 erhoben die USA demnach Zölle in Höhe von rund sieben Milliarden Euro auf EU-Exporte, und die EU erhob Zölle in Höhe von rund drei Milliarden Euro auf US-Exporte.

    Wie steht Deutschland zu dem Deal?

    Deutschland drang früh auf eine Einigung - die USA sind der wichtigste Exportmarkt der Bundesrepublik. Bundeskanzler Merz sagte zuletzt, es gehe nicht um ein "fein ziseliertes, in allen Details ausverhandeltes, umfassendes Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika", sondern um die schnelle Beilegung eines Zollstreits. Der CDU-Politiker verwies unter anderem auf die hohen Zölle, die Trump schon für den Import von Autos und Autoteilen in die USA eingeführt hatte.

    Was bedeutet die Einigung für die deutsche Wirtschaft und die Verbraucher?

    Das wird sich erst in den nächsten Monaten genau zeigen. Gut ist, dass es etwas weniger Ungewissheit gibt. Schlecht ist, dass ein Teil der US-Zölle aufrechterhalten wird - die Abgaben liegen weiterhin höher als vor Beginn der zweiten Amtszeit Trumps. Zölle machen Produkte in der Regel teurer und bremsen somit den Handel. Denkbar ist daher, dass deutsche Unternehmen im Geschäft mit den USA auf der Verliererseite stehen und Arbeitsplätze abbauen müssen. Entsprechend negativ fallen die Reaktionen der Verbände hierzulande aus.

    Wie hätte die EU im Falle einer Eskalation reagiert?

    Die EU-Kommission hatte mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Dazu zählten Zölle auf US-Produkte wie Flugzeuge, Motorräder, Rindfleisch, Whiskey und Zitrusfrüchte - dies hätte Einfuhren im Warenwert von 93 Milliarden Euro betroffen. Zudem wurden Exportbeschränkungen für bestimmte Güter wie Stahlschrott oder chemische Erzeugnisse sowie eine Umsatzabgabe für US-Tech-Konzerne in Erwägung gezogen.

    Wie rechtfertigte Trump seinen Zollkurs?

    Trump argumentierte mit einem angeblichen Handelsungleichgewicht zwischen den USA und der EU - was die EU-Kommission immer wieder durch Gegenrechnungen zu entkräften suchte. Zudem wollte Trump mit seinem Kurs unter dem Motto "America First" industrielle Produktion zurück in die USA holen. Die zusätzlichen Zolleinnahmen sollen außerdem helfen, seine umfangreichen Steuersenkungen gegenzufinanzieren.

    Wie sind Trumps Angaben zu bewerten?

    Im Warenhandel mit den USA verbuchte die EU 2024 nach jüngsten Zahlen des Statistikamts Eurostat einen deutlichen Überschuss in Höhe von rund 198 Milliarden Euro. So wurden im Jahr 2024 Waren im Wert von etwa 533 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten ausgeführt, doch nur Waren im Wert von rund 335 Milliarden Euro aus den USA importiert.
    Im Dienstleistungsbereich hat die EU hingegen ein Handelsdefizit mit den Vereinigten Staaten, sodass die EU nach eigenen Angaben 2024 im Handel mit Waren und Dienstleistungen lediglich einen Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro hatte - weniger als drei Prozent des gesamten Handels zwischen der EU und den USA, wie in Brüssel argumentiert wird.

    Wie beurteilt die EU Trumps Zölle?

    Ungeachtet der positiven Äußerungen ihrer Präsidentin von der Leyen angesichts der jüngsten Einigung hält die Europäische Kommission die neuen US-Zölle im Grundsatz für ungerechtfertigt. Ihrer Ansicht nach verstoßen sie eklatant gegen grundlegende Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Diese Auffassung teilt etwa der Leiter des Forschungszentrums Handelspolitik am Kiel Institut für Weltwirtschaft, Hinz, der den Deal im Deutschlandfunk als ”Appeasement” bezeichnete. Auch im Europaparlament sind vielfach negative Reaktionen zu hören.

    Ist der Deal dauerhaft oder nur eine Übergangslösung?

    Unmittelbar vor dem Spitzengespräch hatte Trump gesagt, mit einem Deal würde der Zollstreit beendet werden. Er gehe davon aus, dass es in einem solchen Fall mindestens einige Jahre dauern würde, bevor wieder Gespräche darüber nötig seien. Bei anderen Gelegenheiten hatte der US-Präsident jedoch wiederholt Sprunghaftigkeit demonstriert. Daher ist unklar, wie lange die Übereinkunft tatsächlich Bestand hat.
    Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Hüther, warnte entsprechend vor weiteren Störfeuern aus Washington. "Darauf vertrauen, dass nun Ruhe herrscht, kann man nicht, zumal die Kauf- und Investitionszusagen kaum präzise einzuhalten sind. Trump nimmt die Zolldrohung nie vollends vom Tisch", sagte Hüther den Funke-Medien.

    Um welches Handelsvolumen geht es insgesamt?

    Nach Angaben der EU haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten die umfassendsten bilateralen Handels‑ und Investitionsbeziehungen der Welt und die am engsten miteinander verzahnten Volkswirtschaften. Zusammen machen sie demnach fast 30 Prozent des weltweiten Handels mit Waren und Dienstleistungen und 43 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus. Im Jahr 2024 belief sich der transatlantische Handel mit Waren und Dienstleistungen nach EU-Zahlen auf mehr als 1,68 Billionen Euro. Die EU und die USA waren jeweils füreinander der wichtigste Warenhandelspartner.
    (mit Material von dpa)
    Diese Nachricht wurde am 28.07.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.