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Frankreich
Angst vor Anschlägen auf Atommeiler

Mehr als 30 Mal haben unbekannte Drohnen in den vergangenen Wochen französische Atomkraftanlagen in geringer Höhe überflogen, darunter auch die Meiler von Cattenom und Fessenheim nahe der deutschen Grenze. Umweltschützer warnen vor Terroranschlägen. Nun beschäftigen die mysteriösen Überflüge die französische Nationalversammlung.

Von Suzanne Krause | 25.11.2014
    Greenpeace protestiert mit einem Plakat mit der Aufschrift "Stop Risiking Europe" auf dem Dach des französischen Atomkraftwerks Fessenheim.
    Greenpeace protestiert mit einem Plakat auf dem Dach des französischen Atomkraftwerks Fessenheim. (picture alliance / dpa)
    Luftfahrt-Experten, Militärs der Flugabwehr, den Leiter der Atomaufsichtsbehörde und des staatlichen Instituts für Reaktorschutz und Strahlensicherheit diskutierten fünf Stunden lang mit der Parlamentarier-Kommission. Ebenfalls dabei: Vertreter des französischen Berufsverbands für zivile Drohnen, vor eineinhalb Jahren von Drohnen-Konstrukteuren gegründet. Die Branche ist im Aufwind, da kommen die illegalen Flugmanöver zur Unzeit.
    Denn die gesetzeswidrigen Flugaktionen bergen Risikopotenzial für Kernkraftanlagen, erläuterte John Large. Der Forscher, ehemals für die britische Atomenergie-Behörde tätig, arbeitet nun als unabhängiger Atomsicherheitsexperte. Anfang November betraute ihn Greenpeace Frankreich nach den ersten illegalen Drohnen-Flügen mit einer Analyse.
    "Ich habe dazu vier Angriffs-Szenarien analysiert und ehrlich gesagt, in jedem Fall wäre der Atommeiler sehr verwundbar. Wenn diese Szenarien wirklich stattgefunden hätten, wäre das Risiko sehr groß gewesen, dass Radioaktivität entweicht, speziell in den unzureichend geschützten Lagergebäuden für abgebrannte Brennelemente."
    Gespräche am Runden Tisch
    John Large war selbst erstaunt über das brisante Ergebnis seiner Analyse – und beschloss in Absprache mit seinem Auftraggeber Greenpeace Frankreich, keine Details publik zu machen. Die Verantwortlichen für die atomare Sicherheit in Frankreich hingegen will er vollständig informieren. Jacques Repussard, Leiter des staatlichen Instituts für Reaktorschutz und Strahlensicherheit, hat den britischen Forscher zu einem Roundtable-Gespräch eingeladen.
    "Wir werden uns genau anschauen, wie realistisch die Szenarien sind, zum einen bezüglich der Schäden, die ein Zivildrohnenangriff auslösen könnte. Und zum anderen auch daraufhin, ob eine Drohne unsere Schutzmechanismen auch wirklich durchbrechen könnte. "
    Für Denis Beaupin ist der Large-Bericht Wasser auf Mühlen. Lautstark hatte der grüne Abgeordnete bei den europäischen Stresstests nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima moniert: Beim Check der Anlagensicherheit blieben die Gefahren durch Terrorakte und Flugzeugabstürze unberücksichtigt. Angesichts neuer potenzieller Bedrohungen wie terroristischer Drohnenattacken verlangt er zusätzliche Befugnisse für die französische Atomaufsichtsbehörde ASN.
    "Meiner Meinung nach sollte die ASN nun auch Kompetenzen erhalten, wenn es um Angriffe von außen geht, wo bisher das Militär zuständig ist. Dann ließe sich eine globale Verteidigungsstrategie entwickeln, etwa in Form von Stresstests, bei denen es um die äußere Sicherheit der Atomanlagen geht."
    Greenpeace drängt auf sofortige Aufklärung
    Frankreich ist das erste Land, wo Drohnen-Überflüge bekannt wurden. Was nicht bedeutet, dass diese nicht vielleicht auch andernorts schon vorgekommen sind. Greenpeace-Deutschland appellierte deshalb auch an Außenminister Steinmeier, in Paris auf sofortige Aufklärung zu drängen. Heute geht die deutsche Sektion zudem mit einem eigenen Bericht in die Öffentlichkeit. Shaun Burnie, Atomexperte bei Greenpeace-Deutschland.
    "Unser Bericht beschäftigt sich mit dem Szenario eines Terrorangriffs mittels Drohnen. Er zeigt, welche Auswirkungen es für Deutschland und die Gesundheit der Bevölkerung hätte, wenn ein grenznaher französischer Atommeiler angegriffen würde. Es wäre katastrophal. Der Bericht macht klar, dass Frankreich sich des Themas Drohnen-Gefahr dringend annehmen muss, aber auch die deutschen Landesbehörden müssen sich dabei einbringen."