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Frankreich
Atomaufsicht rügt Betreiber des AKW Fessenheim

Frankreich setzt weiterhin auf Atomkraft, obwohl in der Vergangenheit immer wieder Sicherheitsmängel und Störfälle für Schlagzeilen gesorgt haben. Nun hat die französische Atomaufsichtsbehörde ihren Jahresbericht vorgelegt: Sie fordert Nachbesserungen bei den Sicherheitsvorkehrungen - auch im AKW Fessenheim.

Von Suzanne Krause | 16.04.2015
    Ein Mitarbeiter von "Electricité de France" im Atomkraftwerk Fessenheim während einer Notfallübung.
    Ein Mitarbeiter von "Electricité de France" im Atomkraftwerk Fessenheim während einer Notfallübung. (AFP / Sebastien Bozon)
    Bei seiner Gesamtbewertung der Sicherheit im französischen Atomstrompark bedient sich Pierre-Franck Chevet, Präsident der Aufsichtsbehörde ASN, derselben Formulierung wie schon in den zwei Jahren zuvor:
    "Die Lage ist allgemein gesehen relativ befriedigend. Das resultiert aus zwei gegenläufigen Tendenzen: Insgesamt gesehen wurde der Atomstrompark gut geführt. Allerdings müssen die Meiler sicherheitstechnisch weiter verbessert werden. Das bedeutet eine gigantische Baustelle für den Betreiber EDF."
    Denn seit der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima vor über drei Jahren pocht die französische Atomsicherheitsbehörde auf wesentlich höhere Sicherheitsstandards. Die zunehmend umgesetzt werden. So verfügt der Kernkraftwerksbetreiber EDF nun über eine mobile Einsatztruppe, die bei Störfällen unmittelbar das Krisenmanagement übernehmen kann.
    Eine relativ befriedigende Betriebsführung im vergangenen Jahr attestiert der ASN-Chef auch den Kernkraftwerken Cattenom und Fessenheim, den beiden Atomanlagen nahe der deutschen Grenze. Vor einem Jahr noch hatte die Atomaufsichtsbehörde das elsässische Atomkraftwerk Fessenheim, die älteste Anlage im Land, für seine Bemühungen im Bereich Reaktorsicherheit gelobt. Ende Februar jedoch sorgte das Kernkraftwerk für negative Schlagzeilen: Nach dem Leck in einer Wasserleitung wurde die Anlage eiligst heruntergefahren. Ohne klare Erklärungen des Betreibers EDF, der alles daran setzte, den Meiler schnellstmöglich wieder in Betrieb zu nehmen, moniert Pierre-Franck Chevet.
    "Zwar wurde der Vorfall auf unserer Skala als technisch geringfügig eingestuft. Allerdings wirft das Ganze einige Grundsatzfragen bezüglich der Sicherheitskultur des Einsatzteams auf. Wir harren der Erklärungen des Betreibers."
    Fessenheim immer wieder im Rampenlicht
    Angesichts des zumindest anfänglich geringen Kooperationswillens von EDF-Seite hat die ASN den Fall inzwischen sogar der Justiz übergeben - ein seltener Vorgang. Und kaum geeignet, das Image der elsässischen Atomanlage aufzupolieren. Fessenheim steht seit bald drei Jahren immer wieder im öffentlichen Rampenlicht, seit Staatspräsident Hollande ankündigte, das Werk bis Ende 2016 definitiv abzuschalten. Der Betreiber EDF will den Meiler hingegen möglichst noch länger am Netz lassen. Bei der gestrigen Präsentation des ASN-Jahresberichts hakte der grüne Abgeordnete Denis Beaupin Gerüchten nach, laut denen Fessenheim heute sicherheitstechnisch so nachgerüstet sei, dass es den neuen Standards nach dem GAU in Fukushima entspreche. Dem sei nicht so, wurde Beaupin von Expertenseite versichert.
    "Die deutsche Regierung hat im Januar Paris darum gebeten, Fessenheim abzuschalten. Ich kann sie nur ermuntern, ihre Bitte regelmäßig zu wiederholen. Und der französischen Regierung deutlich zu machen, dass dieses Thema nicht nur vom guten Willen der französischen Behörden abhängig sein darf."
    Seit einer knappen Woche sorgt ein Bericht der ADEME, der französischen Behörde für Umwelt und Energieverwaltung, in Paris für politischen Wirbel. Er postuliert: 2050 könne Frankreich komplett auf Atomstrom verzichten, ohne Kostenexplosion für den Verbraucher. Im derzeit debattierten Energiewende-Gesetz jedoch wird der Anteil des Atomstroms zwar um ein Drittel reduziert, aber dennoch weiter festgeschrieben. Da wirkt die ADEME-Expertise wie eine Bombe, sagt Denis Beaupin.
    "Die ADEME zeigt auf, dass unser Strom 2050 vollständig aus erneuerbaren Energiequellen stammen kann. Das bietet völlig neue Perspektiven. Die Umweltministerin hat vertiefende Studien angekündigt, um zu prüfen, was wirklich machbar ist. Ich meine: Wenn die Deutschen zur Energiewende fähig sind, müssten wir Franzosen es doch auch sein."