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Frankreich
Düstere Aussichten für Hollandes Sozialisten

Frankreichs Sozialisten ringen um Fassung. Aus ihren Reihen stammt der bislang unbeliebteste Präsident der Republik. Nur 13 Prozent der Franzosen setzen noch auf François Hollande. Jetzt ist Halbzeit für Hollande und ein Stück weit herrscht Endzeitstimmung bei der "Parti Socialiste".

Von Ursula Welter | 05.11.2014
    Der französische Staatspräsident Francois Hollande auf seiner Pressekonferenz am 18. September 2014 im Elysee-Palast.
    Der französische Präsident Francois Hollande hat die Hälfte seiner fünfjährigen Amtszeit absolviert. (AFP PHOTO/ Patrick Kovarik)
    "Was heißt es heute, links zu sein?", fragt Kathy Similowski in den Raum.
    Die Anwältin ist eine engagierte Kommunalpolitikerin.
    "Für mich ist die beste Definition für Sozialismus die der sozialen Gerechtigkeit, es darf nicht um Einzel-, sondern es muss immer um das Gemeinschaftsinteresse gehen."
    Kathy ist eine von sieben Gemeinderatsmitgliedern der Opposition in Issy-les-Moulineaux. Für mehr hat es bei den Kommunalwahlen im Frühjahr nicht gereicht. Die Sozialisten stellen den Staatspräsidenten, haben die Regierungsmehrheit im Parlament, aber sie verlieren eine Wahl nach der anderen.
    Dramatisches Scheitern bei Kommunalwahlen
    "Die Sozialistische Partei ist keine Volkspartei. Keine Massenpartei. Es heißt, salopp gesagt, ein Drittel sind Gewählte. Ein Drittel sind Mitarbeiter von Gewählten. Und ein Drittel sind die, die hoffen, gewählt zu werden."
    Der Meinungsforscher Jérôme Fourquet von Institut IFOP sieht nicht zuletzt darin den Hauptgrund für die tiefe Krise, in der die Regierungspartei steckt.
    "Man muss sehen, das Scheitern bei den Kommunalwahlen, das war dramatisch. Da haben viele Mandatsträger ihre Posten verloren. Es gibt ganze Gebiete, in denen es keinen einzigen gewählten Sozialisten mehr gibt."
    Und das Scheitern will kein Ende haben. Daran, dass Francois Hollande noch einmal Präsident werden wird, glaubt heute kaum jemand.
    Hollandes Nachfolge
    "Es gibt also Abweichler aus ideologischen Gründen in der Partei, denen die Richtung nicht gefällt, aber es gibt auch den Verband der Abgewählten, in Anführungsstrichen, der dem Präsidenten entgegenhält: Es ist Deine Schuld, dass ich meinen Job, meinen Chauffeur, mein Büro, meine Bezüge verloren habe – das sind Hunderte und Hunderte von führenden Sozialisten, die sozusagen auf dem Feld der Ehre gefallen sind."
    Noch, sagt der Meinungsforscher, werde nicht öffentlich gefordert, dass Hollande einem oder einer Anderen Platz machen müsse. Aber, die ersten Anzeichen seien da. Der Vizepräsident der Region Île-de-France, Julien Dray, forderte etwa, die Basis müsse den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten für 2017 bestimmen. Das sei demokratisch. Dabei gilt das ungeschriebene Gesetz, dass der scheidende Präsident automatisch Kandidat seiner Partei für die nächsten Wahlen ist. "Was Julien Dray forderte war deshalb Majestätsbeleidung", sagt Fourquet.
    Basis bricht weg
    Die interne Widersacherin des Präsidenten, Martine Aubry, fordert eine neue Politik. Am anderen Ende des Spektrums bezeichnete der Premierminister, Manuel Valls, die Parteilinke als "Ewiggestrig" und meint, man müsse schon starke Nerven haben in dieser Partei.
    Die ideologischen Gräben habe es immer gegeben, erklärt Jérôme Fourquet.
    "Es gibt zwei Gründe, warum die Partei derzeit nicht implodiert. Die Marke 'Sozialistische Partei' ist trotz allem hilfreich, vor allem bei den Präsidentschaftswahlen, und es gibt keine eindeutige Alternative."
    Aber die Basis bricht zunehmend weg. Die Mitgliedsbeiträge fließen nur noch spärlich. 60 Prozent weniger als erwartet, rechnet die Zeitung "Le Monde" vor.