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Frankreich nach dem Terror
Valls warnt vor chemischen und biologischen Waffen

Wenige Stunden nach den Terroranschlägen von Paris am Freitag hatte die Regierung den Ausnahmezustand verhängt. Heute nun hat die französische Nationalversammlung eine Verlängerung um drei Monate gebilligt. Jetzt muss der Senat noch zustimmen, eine Mehrheit gilt aber als gesichert. In der Debatte hatte Premierminister Manuel Valls die Franzosen auf weitere Gefahren eingestimmt.

19.11.2015
    Premierminister Manuel Valls spricht vor der französischen Nationalversammlung
    Premierminister Manuel Valls spricht vor der französischen Nationalversammlung. (dpa / picture alliance / Aurelien Morissard)
    "Auch Anschläge mit chemischen oder biologischen Waffen in Frankreich sind möglich. Das Risiko besteht." Mit diesem Satz zu Beginn seiner Erklärung vor dem Parlament schreckte Premierminister Manuel Valls heute früh die Bevölkerung auf, die kaum verarbeitet hat, was in den vergangenen sieben Tagen geschehen ist. "Wir müssen geeint sein. Weil wir eine große Demokratie sind, stützen wir uns auf die Stärke unseres Rechtssystems und diese Stärke ist nicht zuletzt die Notstandsregelung."
    Künftig soll schon der "ernsthafte" Verdacht einer potenziellen Bedrohung ausreichen, um jemanden unter Hausarrest zu stellen, und zwar auf Grundlage von "Verhalten, Kontakten, Äußerungen und Projekten" eines Verdächtigen. Außerdem soll der Ausnahmezustand erlauben, informelle extremistische Gruppen und Vereinigungen schnell zu verbieten. Die Maßnahme zielt unter anderem auf "radikale salafistische Moscheen" ab. Mit der Gefahr konfrontiert, gestalte man den Ausnahmezustand wirksamer, schrieb Valls auf Twitter.
    Schnellere Sperrung von Internet-Seiten
    Zudem stimmten die Abgeordneten einem Antrag zu, der dem Innenministerium mehr Befugnisse zur Sperrung von Internetseiten gestattet. Dabei geht es um Seiten, die zu terroristischen Anschlägen aufrufen oder diese verherrlichen. In dem Antrag heißt es zur Begründung, das Internet sei eine der Hauptwaffen von Terrororganisationen, um neue Rekruten zu finden. Bereits seit Februar dieses Jahres gibt es schärfere Anti-Terrorgesetze, die den französischen Behörden erlauben, solche Internetseiten zu blockieren. Im Gegensatz zu den bisherigen Regelungen soll die Sperrung nun unmittelbar erfolgen. Bisher mussten die Bertreiber der betroffenen Seiten 24 Stunden vor einer Sperrung über die Pläne informiert werden. Die Presse- und Informationsfreiheit soll von den neuen gesetzlichen Vorgaben nicht beeinträchtigt sein. Ein Abschnitt zur Einschränkung der Pressefreiheit aus dem Jahr 1955 wurde aus dem Gesetzestext gestrichen.
    3000 Soldaten seien zusätzlich mobilisiert worden, betonte Valls, der mehrfach wiederholte, dass sich Frankreich im Krieg befände. Damit seien 10.000 Soldaten innerhalb Frankreichs im Antiterroreinsatz.
    Kontrollen seien an 132 Grenzposten permanent eingeführt. Innenminister Bernard Cazeneuve reise morgen zum Rat der EU-Minister mit dem klaren Auftrag: "Die systematischen Kontrolle an allen Grenzen der Europäischen Union zu fordern. Wenn wir das nicht tun, steht das Überleben von Schengen auf dem Spiel", drohte Manuel Valls.
    Polizisten können Waffen auch außerhalb des Dienstes tragen
    Die konservative Opposition, die sich am Montag noch heftige Wortgefechte mit der Regierung geliefert hatte, signalisierte heute unter dem Strich Zustimmung zur geplanten verschärften Sicherheitspolitik. "Die Opposition in Gestalt der neuen konservativen Partei Les Républicains stimmt der sicherheitspolitischen Wende ihrer Regierung und der Wende in Syrien zu", sagte der Abgeordnete der Konservativen, Guillaume Larivée.
    Jenseits der parlamentarischen Beratungen ordnete die Staatsspitze unterdessen an, dass die kommunalen Gendarmen mit Waffen aus dem nationalen Arsenal versorgt werden. Die Polizei könne ihre Waffen zudem nun auch außerhalb der Dienstzeiten tragen, dies geschehe auf freiwilliger Basis, teilte die Generaldirektion der Nationalen Polizei mit. Die Polizisten müssten Armbinden tragen, um jede Verwirrung im Einsatzfall zu vermeiden. Der Waffengebrauch sei im strengen Rahmen des Rechts und der legitimen Verteidigung möglich.