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Frankreich
Wahlkampf zwischen Kuh und Käse

In drei Wochen wird in den Departements Frankreichs gewählt. Die Landwirtschaftsmesse Salon de l'agriculture in Paris ist dabei traditionell ein beliebter Ort für Wahlkampfauftritte, um die Landbevölkerung zu erreichen. Gerade die hegt nach aktuellen Umfragen eine große Sympathie für den rechten Front National.

Von Anne Raith | 02.03.2015
    Der französische Präsident Francois Hollande bei seinem Besuch des Salon de l'agriculture in Paris im Jahr 2015.
    Der französische Präsident Francois Hollande bei seinem Besuch des Salon de l'agriculture in Paris. (picture alliance / dpa / MAXPPP)
    "Alle Tiere, die hier sind", sagt Georges Girard und deutet auf seine eigenen Pferde, von denen gerade primär die beeindruckenden Hinterteile zu sehen sind, "all diese Tiere haben sich in verschiedenen Wettbewerben durchgesetzt, um heute hier zu sein. Beim nationalen Wettbewerb. Nach Paris zu kommen, erfüllt uns mit Stolz, wir kümmern uns ja jeden Tag um diese Pferde. Die sind ja Teil des nationalen Erbes. Man kann sich Frankreich ohne diese Tiere gar nicht vorstellen, genauso wenig wie ohne den Eiffelturm oder den Triumphbogen", sagt der ältere Mann stolz.
    Und so ist der Salon de l'agriculture, die traditionsreiche Landwirtschaftsmesse in Paris, ein Pflichttermin. Nicht nur für die Bauern und Landwirte, die mit ihren Tieren und Produkten aus ganz Frankreich in die Hauptstadt gereist sind, auch für die politischen Parteien, die ihre besten Pferde im Stall aufs Pariser Messegelände schicken.
    Hollande schlendert stundenlang von Stand zu Stand
    Stundenlang schlendert Präsident Francois Hollande von Stand zu Stand, trinkt Milch, probiert Wein, hält ein Lämmchen auf dem Arm und parliert mit den Ausstellern. Hollande liebt den Salon, als Präsidentschaftskandidat soll er gleich zwölf Stunden da gewesen sein, ein bislang ungebrochener Rekord. Premierminister Manuel Valls gab sich bei seinem Besuch ein wenig staatsmännischer:
    "Die ganze Regierung steht an der Seite der Bauern, vor allem jenen, die unter der wirtschaftlichen Krise oder dem russischen Embargo leiden. Wir werden sie unterstützen, sie sollen sich nicht allein gelassen fühlen, wie in der Vergangenheit."
    Eine Halle weiter lehnt Landwirt Luc Bernard entspannt an dem Zaun, hinter dem seine Kühe schlummern. Ein würziger Geruch liegt in der Luft. Er finde es gut, dass viele Politiker kämen, habe selbst den ein oder anderen Plausch gehalten über die alternative Landwirtschaft, für die er stehe:
    "Auf meinem Hof kommt alles aus einer Hand. Ich bin der lebende Beweis, dass es auch anders geht als in der industriellen Landwirtschaft, dass es eine Alternative gibt."
    Auch UMP-Chef Sarkozy vertreten
    Den Beweis der Alternative wollen auch die Oppositionsparteien antreten. Und so ist auch UMP-Chef Nicolas Sarkozy Gast beim Salon de l'agriculture, verteilt Küsschen, beißt in eine Crêpe. "Du musst zurückkommen, Nicolas", ruft ihm einer hinterher.
    "Ich mag Leute wie sie, Leute, die ihre Arbeit lieben, die leidenschaftlich bei der Sache sind. Die wollen nur eines: Dass wir anerkennen, was sie tun, ihnen einen anständigen Preis für das zahlen, was sie herstellen, damit sie von ihrer Arbeit leben können."
    Vergessen sind die Zeiten, in denen er auf der Messe einen Mann, der ihm nicht die Hand geben wollte, rüde beschimpfte. Auch der ehemalige Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire umgarnt mögliche UMP-Wähler:
    "Die Landwirtschaft gehört wieder in die Mitte der nationalen Politik, wir müssen den Bauen wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, all jenen, die sonst so schweigsam sind."
    Leuten wie Franck Melle, einem kräftigen Mann, der mit seinem preisgekrönten Pferd Paula nach Paris gekommen ist. "Wir sind die Vergessenen", findet er. Vor allem die Pferde. Wer brauche heute schon noch Pferde?
    "Frankreich ist ein krankes Land, egal, welche Partei an der Regierung ist. Keine von denen hat ja einen Zauberstab. Alle Parteien haben es probiert, bis auf den Front National. Am Ende wird es so kommen, dass man sagt: Dann lasst ihn halt probieren."
    Angst vor der Front National im ländlichen Raum
    Doch das ist das, was alle anderen Parteien am meisten fürchten. Eine aktuelle Umfrage belegt: In den ländlichen Gebieten liegt der FN derzeit bei 41 Prozent. Stundenlang warb auch Front-Chefin Marine Le Pen auf der Landwirtschaftsmesse um die Gunst der Wähler:
    "Die Landwirtschaft wird von vielen Problemen auf dem Land begleitet, von Abstiegsangst, Armut, Überalterung und einer exzessiven Einwanderung."
    Und so wird aus dem Wahlkampf zwischen Kuh und Käse schnell ein Anti-Front-National-Wahlkampf.
    "Die Wert der Arbeit, der Solidarität, die Qualität, die man hier spürt, stehen dem der extremen Rechten fundamental entgegen", findet Premier Manuel Valls. Und Alain Juppé, einer der möglichen konservativen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl, mahnt:
    "Das ist ein demagogisches Programm, das die französischen Finanzen in die Katastrophe führen wird. Glaubt nicht den falschen Versprechungen des Front National."
    Inzwischen sind die Bauern und Landwirte wieder abgereist aus Paris - in drei Wochen wird sich dann herausstellen, wer am überzeugendsten Wahlkampf betrieben hat.