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Frankreichs Energiewende
Der Abschied vom Atomstrom wird verschoben

Frankreichs Regierung ist vom Ziel abgerückt, den Atom-Anteil an der französischen Stromproduktion bis 2025 auf 50 Prozent zu reduzieren. Das hat Umweltminister Nicolas Hulot bekanntgegeben. Die Ankündigung offenbart, dass die Energiewende in Frankreich bisher wenig durchdacht ist.

Von Marcel Wagner |
    Das Atomkraftwerk in Fessenheim in Frankreich
    Das Atomkraftwerk in Fessenheim in Frankreich liegt nah an der Grenze zu Deutschland, es soll noch während der Präsidentschaft von Macron geschlossen werden. (dpa / picture-alliance / Patrick Seeger )
    Es war ein überraschendes – und auch ein überraschend offenes Eingeständnis von Frankreichs streng grünem Umweltminister Nicolas Hulot:
    "Es wird schwierig sein, das Ziel, den Anteil der Atomenergie auf 50 Prozent zu reduzieren, einzuhalten", sagte Hulot am Rande einer Kabinettssitzung. Und um es mit der Offenheit gleich noch weiter zu treiben, fügte er hinzu:
    "Es tut mir leid, das so sagen zu müssen, aber das ist lediglich die Bestätigung einer Information, die viele längst kannten."
    Noch im Juli hielt der Minister die Ziele für realistisch
    Mit "viele" meinte der Umweltminister wohl die Vorgängerregierung unter Präsident Francois Hollande. Denn die hatte im Sommer 2015 ein Energiewende-Gesetz erlassen, das tatsächlich als hochambitioniert galt: So sollte nicht nur der Anteil der Atomenergie bis 2025 auf 50 Prozent reduziert werden. Nein, auch die Energieproduktion aus Gas, Kohle und Öl – schlecht für die CO2-Bilanz - sollte massiv sinken, so wie überhaupt der gesamte Energieverbrauch. Gleichzeitig sollten die erneuerbaren Energien rasant ausgebaut werden. Ziele, die allerdings auch Nicolas Hulot offenbar im Juli noch für realistisch hielt. Da hatte der Umweltminister noch für Furore gesorgt, als er sagte:
    "Wir werden nicht nur einen, sondern eine ganze Reihe von Reaktoren stilllegen. Lassen sie mich das erstmal planen, aber am Ende sind es vielleicht bis zu 17 Reaktoren."
    Doch davon ist jetzt plötzlich keine Rede mehr, denn laut eines neuen Gutachtens sind keinesfalls alle Ziele des Energiewendegesetzes gleichzeitig zu erreichen. Im Gegenteil: Wie das Gutachten vorrechnet, müsste bei der geplanten Reduzierung des Atomstroms bis 2025 sogar viel zusätzliche Energie aus Kohle, Öl und Gas gewonnen, also auch mehr CO2 produziert werden. Dem hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, selbst ernannter Vorkämpfer gegen den Klimawandel, aber früh eine Absage erteilt.
    Gutachten stammt von Tochterfirma des Atomgiganten EDF
    Die auch in Deutschland vielerorts erhoffte Abschaltung vieler als altersschwach und pannenanfällig verschriener französischer Reaktoren rückt damit in weite Ferne. Pikant ist, dass das Gutachten ausgerechnet im Auftrag des Netzbetreibers RTE – einer Tochterfirma des französischen Atomgiganten EDF – entstanden ist. Kritiker wie der grüne Europaabgeordnete Yannick Jadot, werfen dem Umweltminister nun vor, viel zu leicht die Waffen zu strecken:
    "Ich finde, dass Nicolas Hulot viel zu schnell die Argumente der Atomlobby übernimmt und viel zu leicht von einem Ziel ablässt, dass für unsere Zukunft und die Zukunft der Menschheit so absolut wichtig ist."
    Hulot selbst will das nicht gelten lassen, schließlich halte er am Ziel fest, die Atomenergie zu reduzieren, nur eben mit einem realistischen Zeithorizont, der eher bei 2035 liege. Immerhin, bezüglich des umstrittenen Kraftwerks Fessenheim nahe der deutschen Grenze will der Umweltminister am ursprünglichen Ziel festhalten:
    "Fessenheim wird während dieser Präsidentschaft geschlossen."
    Allerdings hatte das sogar Präsident Hollande schon versprochen. Und der ist längst in Rente.