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Frankreichs Konservative
Krise und Neubeginn bei den „Republikanern“

Frankreichs „Republikaner“ befinden sich in der Krise - zerstritten, marginalisiert, inhaltsleer. Ein neuer Parteipräsident soll her, einstige Führungskräfte wie François Fillon, Alain Juppé oder Nicolas Sarkozy haben abgelehnt. Nun wittert die Rechte ihre Chance auf eine Allianz.

Von Jürgen König | 24.07.2019
Laurent Wauquiez in Paris am 20.11.2017
Der frühere Parteichef Laurent Wauquiez habe die „Republikaner“ endgültig marginalisiert – so sehen es noch heute viele in der Partei. Eine neue Führung muss her. (imago/Stephen Caillet Panoramic)
Der frühere Parteichef Laurent Wauquiez habe die "Republikaner" endgültig marginalisiert – so sehen es noch heute viele in der Partei. Mit europakritischen Tönen hatte er versucht, Stimmen aus dem Lager von Marine Le Pens "Rassemblement National" zu holen. Doch das gelang nicht und schlimmer noch: mit seiner Strategie stieß Wauquiez die "klassische" Wählerschaft der "Republikaner", das konservative, katholische Milieu Frankreichs, so nachhaltig vor den Kopf, dass sein Rücktritt schon bald unumgänglich wurde.
"Ich will kein Hindernis sein – auf keinen Fall. Und ich will nicht, dass unsere Demokratie nur noch um dieses Zentrum Emmanuel Macron – Marine Le Pen kreist: die Rechte muss sich neu aufstellen."
Aber wie? Das weiß im Moment niemand. Eric Ciotti, ein Urgestein der Partei, hatte die Situation nach der Europawahl so beschrieben:
"Es braucht mehr Zusammenhalt in der Partei, ein Auseinanderdriften muss auf jeden Fall verhindert werden. Was ist passiert? Wir sind ein Opfer der Strategie von Emmanuel Macron geworden – die gut funktioniert hat, aber hochgefährlich ist. Er hat die ganze Wahl radikalisiert, hat damit alles andere an den Rand gedrängt. Er reduziert die ganze Politik auf ein Duell mit Marine Le Pen, er tut so, als ob es keine Alternative gäbe! Man stelle sich vor, Marine Le Pen wird Präsidentin der Republik! Dabei gibt es eine andere Möglichkeit – nämlich uns - die "Republikaner"! Aber wir müssen jetzt zusammenstehen und als eine politische Familie auftreten!"
Fillon, Juppé, Sarkozy - keiner will zurückkommen
Wie schwer das ist, zeigte ein Parteikongress nach dem Rücktritt von Laurent Wauquiez: Der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, forderte eine enge Zusammenarbeit mit der parlamentarischen Regierungsmehrheit, etliche Abgeordnete drohten daraufhin, im Parlament eine Dissidentengruppe zu bilden; langjährige Funktionäre wie Valérie Pécresse erklärten ihren Parteiaustritt. Jene "Republikaner", die vor zwei Jahren in die Regierung von Emmanuel Macron gewechselt waren, wurden inzwischen von der Partei ausgeschlossen; von ihren ehemaligen Führungskräften will niemand in die Politik zurück: Francois Fillon, Alain Juppé, sogar Nicolas Sarkozy hat ab gesagt, auf dessen Wiederkehr hatten viele Parteifreunde gehofft.
Zur personellen Misere kommt die inhaltliche Not. Derzeit führt ein Interimspräsident die Partei, Jean Leonetti: er schloss jede Zusammenarbeit mit Marine Le Pen aus – ebenso jedoch auch eine Allianz mit Emmanuel Macrons "La République en marche". Mit wem eine Zusammenarbeit denn überhaupt noch möglich wäre, wurde Jean Leonetti im Sender France Info gefragt. Er kündigte eine große Internet-Kampagne an – und kam ansonsten über politische Allgemeinplätze nicht hinaus.
"Ich wende mich an das französische Volk – ganz einfach. Und zwar nicht nur an die, die unsere Partei unterstützen, sondern wirklich an alle Franzosen. Jeder soll sich im Netz äußern und sagen, was sie oder er von einer Partei der Ordnung und Rechtsstaatlichkeit erwartet, von einer Partei der Verantwortung und der Freiheit, von einer Partei, die der Arbeit ihren Wert zurückgibt. Wenn Sie mich fragen, warum ich in die Politik gegangen bin, sage ich: ich glaube an zwei Dinge: an Frankreich und an die Menschen."
Start des Wahlkampfs im September
Und dann sind da auch noch die Stimmen, die von außen Unruhe in die Partei tragen. Marion Maréchal zum Beispiel, die eine enge Zusammenarbeit des "Rassemblement National" mit den "Republikanern" für unumgänglich hält; sie sagte im Sender BFM:
"Es bedarf dringend einer Klärung, wofür die "Republikaner" eigentlich stehen. Die Allianz der Rechten könnte eine große Chance für Frankreich sein, sie könnte ein Weg sein, dem großen Lager der sogenannten "Progressisten" etwas entgegenzusetzen – für das heute Emmanuel Macron steht."
Marion Maréchal-Le Pen
Marion Maréchal, potenzielle Parteivorsitzende des rechten „Rassemblement National“, hält eine Allianz der Rechten mit den Republikanern für unumgänglich. (MAXPPP/Vrel Valérie)
Mitte Oktober wollen die "Republikaner" in zwei Wahlgängen einen neuen Präsidenten küren. Vier Abgeordnete haben ihre Kandidatur erklärt, aus dem Kreis der früheren Parteigrößen ist nur noch Christian Jacob dabei, Fraktionschef der Konservativen in der Nationalversammlung. Der "Wahlkampf" wird im September beginnen – nach den Ferien.