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Frauen als Gründerinnen
Selbstständigkeit als Karrierechance

Vor allem Frauen wagen derzeit den Sprung in die Selbstständigkeit. Das ergab eine Auswertung des Gründungsmonitors der staatlichen Förderbank KfW. Für zwei Gründerinnen aus Hamburg war die immer noch wenig familienfreundliche und männerdominierte Arbeitswelt mitentscheidend für den Schritt.

Von Axel Schröder | 23.04.2019
Die Hand einer Frau schreibt auf einen Block, davor steht ein Laptop
Laut KfW-Gründermonitor machen sich derzeit mehr Frauen als Männer selbstständig (imago/Westend61)
Vor zwei Jahren haben Franziska Altenrath und Alexandra Herget den Sprung gewagt. Raus aus dem Angestelltendasein, hinein in die Selbständigkeit. In ihrem Büro in Hamburg-Eimsbüttel zeigen die beiden jungen Gründerinnen eines ihrer Produkte auf dem aufgeklappten Laptop:
"Wir haben zum Beispiel upgecycelte Hotel-Slipper aus recycelten PET-Flaschen. Die werden aus einem Stück Filz und mit nur einer Naht genäht, sind wiederverwendbar. Da wir Einweg einfach grundsätzlich als eine sehr bescheuerte Idee der Menschheit empfinden."
Nachhaltigkeit statt Wegwerfkultur
Die Hotel-Puschen gehören zum breiten Sortiment an nachhaltig hergestellten Produkten, die "Tutaka" anbietet. So heißt die vor zwei Jahren gegründete Firma, die dem Hotel-, Gastronomie- und Festival-Gewerbe ökologische Alternativen zu den üblichen Wegwerfprodukten vermittelt. Alexandra Herget hat für große Hotelketten gearbeitet, Franziska Altenrath in Kommunikationsabteilungen in der Auto-, Immobilien- und Modebranche.
"Wir sind zum Beispiel aktuell dabei, ein System zu entwickeln für ein ‚Zero-Waste-Badezimmer‘. Wir entwickeln einen Spender und entsprechende Seifen dazu. So dass letztendlich im Hotelbadezimmer kein Müll mehr anfällt."
Suche nach Karrieremöglichkeiten
Der Impuls zur Gründung von "Tutaka" hatte vor allem zwei Gründe, erzählen die beiden. Zum einen war da ihr Unverständnis über die, gerade bei großen Hotelketten, massenhaft eingesetzten Einwegprodukte. Zum anderen suchten sie eine Karrieremöglichkeit abseits der noch immer nicht familienfreundlichen und männerdominierten Unternehmenskulturen. Auch heute begegnen die beiden Frauen immer wieder Vorurteilen, erzählt Franziska Altenrath:
"Eine Erfahrung, die wir machen, ist, dadurch dass wir uns eben auch in diesem Nachhaltigkeitsbereich bewegen und weiblich sind, dass wir manchmal da ein bisschen verniedlicht werden. Dass wir so ein Weltverbesserungs-Idealisten-Team wären."
"Ich würde sagen, dass in den alteingesessenen Branchen wie zum Beispiel Hotellerie und Gastronomie man eher Räume betritt, wo 80, 90 Prozent Männer sind", ergänzt Alexandra Herget.
Noch immer wenige Frauen in Vorstandsetagen
Mehr Frauen in Führungspositionen bringen – das ist auch das Ziel der Hamburger "Helga-Stödter-Stiftung". Helga Stödter war Juristin und Diplomatin und gründete ihre Stiftung 1988. Unter anderem durch das Prinzip der "Mixed Leadership" soll Frauen der Weg in die Vorstandsetagen ermöglicht werden. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gibt es zwar mittlerweile rund 27 Prozent weiblich besetzte Aufsichtsratsposten. In den Vorstandsetagen liegt ihr Anteil aber immer noch bei nur 8,5 Prozent, kritisiert Ulrike von Sobbe, Mitglied im Stiftungsvorstand der Helga-Stödter-Stiftung:
"Es geht um die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt. Es geht vor allem aber auch um Rollenmodelle, die nicht mehr ganz in unsere Zeit passen. Und dann geht es natürlich um das Teilen von Macht."
Vor zwei Wochen wurden drei Unternehmen mit dem "Helga-Stödter-Preis" der Hamburger Handelskammer ausgezeichnet, unter anderem die Beiersdorf AG. Das Unternehmen, so Ulrike von Sobbe, würde vorbildlich im Sinne der Stiftungsidee handeln:
"Es gibt einen Betriebskindergarten, es gibt flexible Arbeitszeitmodelle. Es gibt die Möglichkeit des Top-Sharings: Zwei Frauen teilen sich eine Führungsposition."
Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, sei natürlich auch eine Quote sinnvoll: "Wir mögen die Quote nicht. Aber sie wirkt. Das ist das Problem an der Quote."