Frauen seien in der Architektur unterrepräsentiert, sagt die Kunsthistorikerin Ursula Schwitalla. "Die Vorbilder fehlen", glaubt sie. Und die würden Mut machen. In ihrem Buch "Frauen in der Architektur" will sie genau solche Vorbilder zeigen, in Rückblicken, Positionen und Ausblicken. Aus einer Vortragreihe hervorgegangen ist ein Buch mit historischem, wissenschaftlichem und analytischem Teil, das die heutige Situation verstehen helfen soll.
Architektur als soziale Disziplin
Das Buch stellt herausragende Architektinnen wie die Pionierin Emilie Winkelmann vor bis hin zu Zaha Hadid. "Das Verbindende ist einfach, dass sie in einer ganz persönlichen Herangehensweise mit Architektur umgehen. Mir ist aufgefallen, in allen Begegnungen mit den Architektinnen, dass das Team-Denken an erster Stelle steht", so Ursula Schwitalla, sowohl in der Planung, im Studio, im Umgang mit den Bauherren und auch mit den Nutzern. Mit ihrer Methode kämen Frauen der Fragestellung 'Architektur als soziale Disziplin' näher.
"Was nutzt dem Menschen?"
"Architektur schafft soziale Veränderungen", sagt Ursula Schwitalla. Rozana Montiel verbessere in Mexiko-City in einer Wohnanlage mit kleinen Eingriffen die Lebensqualität. "Welcher unserer Stararchitekten hätte dieses Projekt überhaupt in Erwägung gezogen?" Truus Schröder habe in Utrecht Wohnungen für alleinerziehende Frauen geplant, die Care-Rolle der Frauen schläge durch.
Weltweite Vernetzung
Es gäbe mittlerweile eine mutmachende Netzverbindung von Architektinnen, die auf Online-Plattformen sichtbar würden, zum Beispiel in Italien "RebelArchitette", die eine Weltkarte mit Architekten schüfen. Die sichtbare Vernetzung von Frauen sei wichtig, wie bei den Männern. "Der selbe alte weiße Mann empfiehlt den selben alten weißen Mann", so Schwitalla. Die Bedeutung von Frauen müsse durch Netzwerke betont werden, Frauen eingeladen werden.
"Geschichte von Männern für Männer geschrieben"
Das Verhältnis von mit Preisen ausgezeichneten Männern und Frauen liege bei 80 zu 20. "Die Architekturgeschichte ist von Männern für Männer geschrieben", erklärte Ursula Schwitalla. "Solange wir noch kein ausgeglichenes Verhältnis haben – wenn wir die 80 zu 20 Prozent hochrechnen, dann sind wir im Jahr 2080 bei 50:50 –, dann können vielleicht Extra-Preise für Architektinnen ein Zeichen setzten".
"Ich plädiere für einen Preis Women in Architecture"
Wenn sich das Verhältnis annähere, dann könne man Frauenpreise wieder streichen. "Also plädiere für einen Preis Women in Architecture Germany", so Ursula Schwitalla.