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Frauen in Vorständen
Nachholbedarf vor allem in Banken

Der Frauenanteil in den Vorständen großer deutscher Unternehmen ist im vergangenen Jahr etwas stärker gestiegen als 2018. Das geht aus dem Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hervor. Dennoch bleibt er gering, vor allem in den Banken.

Von Anja Nehls | 22.01.2020
Christian Klein, Bill McDermott und Jennifer Morgan stehen bei der Hauptversammlung des Softwarekonzerns SAP auf der Bühne.
Dass eine Frau den Ton angibt, wie bei SAP nun die Co-Vorstandsvorsitzende Jennifer Morgan, ist in deutschen Unternehmen eine Seltenheit. (picture alliance / Uwe Anspach )
In den 200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland sitzen erstmals knapp über 10 Prozent Frauen in den Vorständen und auch in den Aufsichtsräten ist der Frauenanteil weiter gestiegen. Diese Entwicklung sei erfreulich, sagt Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) , allerdings bewege man sich noch immer auf niedrigem Niveau und von Parität sei man weit entfernt.
Besonders wenig Frauen an der Spitze gibt es bei Unternehmen im Finanzsektor: "Es scheint so zu sein, dass im Finanzsektor eine besonders männlich geprägte Unternehmenskultur vorherrscht, dass da Geschlechterstereotype noch stärker ausgeprägt sind als sonst in den übrigen Sektoren. Dann sticht der Finanzsektor heraus, weil die Präsenzkultur besonders stark belohnt wird." Lange Arbeitszeiten schreckten Frauen eher ab als Männer, so Wrohlich.
Aufsichtsrats-Quote verändert auch Vorstände
Im neuesten Managerinnen-Barometer des DIW erkenne man allerdings, dass die vor vier Jahren eingeführte verpflichtende 30-Prozent-Quote für Frauen in Aufsichtsräten von börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen auch einen positiven Anteil auf die Zahl der Frauen in den Vorständen habe. Das könnte daran liegen, dass die Frauen in den Aufsichtsräte ihren Einfluss auf die Besetzung der Vorstände stärker geltend machen, sagt Anja Kirsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur für Personalpolitik an der Freien Universität Berlin.
Kirsch hat an der Studie mitgewirkt und meint, der Aufsichtsrat könne durchaus die tradierten Anforderungen an eine Vorstandsposition hinterfragen: " Ob denn die Anforderungen, die bisher immer gestellt wurden, ob jemand zum Beispiel im Ausland für das Unternehmen tätig war oder ein Werk geleitet haben muss, ob das denn wirklich Anforderungen sind, die notwendigerweise erfüllt sein müssen oder ob man darüber nochmal nachdenken kann, wenn das Anforderungen sind, die Frauen seltener erfüllen als Männer."
Das Argument vieler Unternehmen, dass einfach keine geeigneten weiblichen Kandidaten zu finden seien, will Anja Kirsch nicht gelten lassen. Die Personalsuche sei lediglich ein bisschen aufwändiger. Manuela Rousseau sitzt seit 1999 im Aufsichtsrat von Beiersdorf als erste Frau überhaupt. Seit es die Quote gibt, ist der Aufsichtsrat dort dann von drei auf fünf Frauen angewachsen. Das sei ein Zeichen dafür, dass sich etwas bewegt und generell ein positive Entwicklung, erzählte Rousseau auf dem Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung": "Die gleichberechtigte Teilhabe spürt man im Raum an der Art wie man diskutiert, an der Art wie Themen eingebracht werden und die ganze Situation wird offener, entspannter, transparenter, jeder kann jeden anrufen. Die Bänke, also die Bänke sind Arbeitnehmerbank und Anteilseignerbank, die heben sich fast ein bisschen auf. Man kann direkt miteinander reden, das wäre vor 20 Jahren unvorstellbar gewesen."
Mehr Quote und Sanktionen - Frankreich als Positivbeispiel
Nun fordert Bundesfamilienministerin Franziska Giffey eine Frauenquote auch für Vorstände. Nach wie vor gibt es viele Unternehmen, bei denen dort gar keine Frau vertreten ist und die sich mit einer selbstgewählten Zielgröße Null auch nicht um mehr Frauen bemühen. Katharina Wrohlich hält eine Quote in diesem Bereich und den dadurch erzeugten politischen Druck für ein geeignetes Mittel, um die Situation zu ändern.
In anderen Ländern, zum Beispiel in Frankreich, sei der Frauenanteil in den höchsten Entscheidungsgremien der Unternehmen viel höher. "Es gibt natürlich viele Gründe, ein anderer kultureller Hintergrund, ein anderes Steuersystem, bessere Kinderbetreuung. Frankreich hat mit 40 Prozent eine sehr hohe Quote, und vor allem hat Frankreich eine viel härtere Sanktion für Unternehmen, die die Quote nicht erfüllen."