Nach den Querelen in der Führungsriege des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und dem kürzlich erfolgten Rücktritt von Präsident Fritz Keller, werden die Pläne für die zukünftige Ausrichtung des Fußballs, auch des DFB, konkreter.
Neun prominente Frauen aus dem Bereich des Fußballs haben sich zu einem Netzwerk zusammengetan und fordern in einem Positionspapier mit dem Titel "Fußball kann mehr", weitreichende Veränderungen.
Mehr weibliche Führungskräfte gefordert
Zu den Unterzeichnerinnen des Konzepts gehören unter anderem Nationaltorhüterin Almuth Schult, Ex-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb, die frühere Profifußballerin und Funktionärin Katja Kraus, die ZDF-Journalistinnen Claudia Neumann und die ehemalige ran-Moderatorin Gaby Papenburg, die sich um das Präsidentenamt des Berliner Fußball-Verbandes (BFV) bewirbt.
Mit-Initiatorin Katja Kraus attestiert dem DFB im Deutschlandfunk-Interview "eine ganze Menge Nachholbedarf, was das Thema Geschlechtergerechtigkeit angeht" - dies gelte auch für den Fußball insgesamt.
"Es gibt zu wenig Diversität. Die Faszination des Fußballs lebt von unterschiedlichen Mentalitäten, Nationalitäten, Herangehensweisen, aber das repräsentiert sich überhaupt nicht in den Führungsetagen und das ist einfach ungerecht."
In dem Positionspapier werden explizit mehr weibliche Führungskräfte gefordert. "Die Integration neuer Entscheidungsträger*innen ist ein zentraler Aspekt bei der Gestaltung der Zukunft des deutschen Fußballs", heißt es darin: "Frauen in Führungspositionen erhöhen nachweislich die Wahrscheinlichkeit, zukünftigen Herausforderungen mit neuen Lösungen zu begegnen, strukturelle Schwächen schneller zu erkennen und Handlungsmuster zu hinterfragen, die sie nicht selbst etabliert haben."
Katja Kraus, die heute Geschäftsführerin einer Sportmarketingagentur ist, kritisiert im Dlf-Interview auch inhaltlich die aktuelle Führungskultur, bei der es ihr zu wenig um inhaltliche Debatten zur Zukunft des Fußballs gehe: "Es ging um Kontrolle und Macht und ich glaube, das ist einfach nicht angemessen." In der Ausstrahlung des größten Sportverbandes der Welt fehle ihr "das, was den Sport, das Spiel ausmacht: Spielfreude."
Gehaltstransparenz und diskriminierungsfreie Sprache
Konkret im Forderungskatalog der Initiative steht unter anderem eine "verbindliche Quote für Fußballverbände von mindestens 30 Prozent Frauen in Führungspositionen", beispielhaft genannt werden Präsidium, Vorstand und Geschäftsführung.
"Unser Anliegen ist es, dass es alsbald deutlich mehr Frauen in allen Bereichen des Fußballs gibt, die in Spitzenpositionen wirken und ein gerechtes und zeitgemäßes Bild des Fußballs zeichnen."
Geschafft werden soll dies bis 2024. Neben der 30-Prozent-Quote sind auch Gehaltstransparenz zwischen Männern und Frauen sowie eine geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie Sprache Themen des Papiers, das die neun Frauen veröffentlichten.
Die 30 Prozent sollen dabei auch für Aufsichtsräte der Klubs gelten, zudem soll in jedem Vorstand oder Geschäftsführung mindestens eine Frau vertreten sein. Für den DFB kommt dieses Papier zur Unzeit, steckt der größte Sportfachverband der Welt nach dem Rücktritt von Präsident Fritz Keller doch ohnehin gerade in einer seiner allerschwersten Krisen.
Kraus mögliche Kandidatin für DFB-Spitze
Die 50-jährige Kraus gilt dabei als mögliche Kandidatin für die Nachfolge des zurückgetretenen DFB-Präsidenten Fritz Keller. Angesprochen auf ihre Bereitschaft, sagte sie im Dlf: "Wenn man Forderungen aufstellt, dann gehört es glaube ich dazu, an einer Stelle auch die Verantwortung übernehmen." Dessen sei sich die gesamte Gruppe an Initiatorinnen bewusst.
Dennoch hänge nicht alles an diesem einen Amt: "Keine Kandidatin für das Präsidentenamt wird etwas verändern können, wenn die Strukturen und Governance-Richtlinien so bleiben, wie sie im Moment sind." Es gehe nur im Team und mit Vertrauen in Entscheidungsträger. Diese Personen müssten "Kompetenz, Integrität und Leidenschaft für die Entwicklung dieses wunderbaren Spiels" mitbringen. Ihr gehe es darum, nicht nur beim Präsidentenamt etwas zu verändern, sondern in der Tiefe. "Symbolfiguren helfen nicht", so Kraus. "So sehr ich ein Faible habe für Vorbildfiguren und Vorbilder, die natürlich eine enorme Signalkraft haben: Der Sache dient es nicht. Es braucht den entsprechenden Unterbau."