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Frauenfussball in der DDR
Keine Medaillen - Keine Förderung

Vor 25 Jahren fand in Potsdam-Babelsberg das erste und einzige Spiel einer DDR-Frauenfußballmannschaft statt. Jahrzehntelang hatten die Fußballerinnen um Anerkennung und Förderung kämpfen müssen. Als ihr Traum von einer Nationalelf schließlich Wirklichkeit wurde, zerplatzte er auch schon wieder.

Von Eduard Hoffmann | 09.05.2015
    Zwei Bälle mit dem Logo von Kappa liegen auf dem Rasen
    Anders als in der BRD hatten DDR-Frauenfußballmannschaften kaum Erfolg. (picture alliance / dpa)
    Am 9. Mai 1990 - heute vor 25 Jahren - ist es endlich soweit: Die Frauen-Nationalmannschaft der DDR tritt zu ihrem ersten und einzigen Länderspiel an - gegen die damalige Tschechoslowakei.
    "Die Frauen aus unserem Nachbarland kamen mit der Empfehlung einer Nur-0:1-Niederlage gegen Europameister BRD vor gut einer Woche. In unserem Aufgebot Spielerinnen aus Schlema, aus Potsdam, Jena, Karl Marx Stadt, Magdeburg, Berlin und dazu noch vier Rostockerinnen."
    Lange hatte es gedauert, bis der Traum einer Frauenfußball-Nationalelf Wirklichkeit wurde.
    Schon Ende der 50er Jahre hatten Frauen in der DDR Fußball gespielt. Über das Für und Wider debattierte damals auch die "Neue Fußball Woche", das Fachblatt des Fußballverbandes DFV. Begeisterte Zustimmung gab es im Juli 1959: "Halbhohe Passbälle wurden gekonnt mit dem Körper oder Schenkel abgetötet", stand da zu lesen, oder: "gekonnte Stöße zum Ball mit dem Spann. Nur in Kopfballszenen", so vermerkte der Chronist, "ließ sich die Sorge des weiblichen Instinktes um die Frisur in kein Risiko ein."
    Eine wahre Gründungswelle von Frauenfußball-Teams rollte aber erst Anfang der 70er Jahre durch die DDR. Ganz zum Leidwesen der Funktionäre. Denn mit dem weiblichen Kick war propagandistisch noch kein Staat zu machen.
    Keine Sportart für die Propaganda
    Frauenfußball war seinerzeit weder olympische Disziplin, noch wurden schon Welt- oder Europameisterschaften ausgespielt. Es gab keine Medaillen und internationale Titel zu gewinnen, mit denen die DDR-Oberen - wie in anderen Sportarten - die Sieghaftigkeit des "real existierenden Sozialismus" hätten propagieren können.
    Mehr noch: die Polit- und Sportlenker des Arbeiter- und Bauernstaates betrachteten den für Mädchen äußerst attraktiven Fußball als Konkurrenz für andere Sportarten. Bernd Schröder, Mitbegründer und heute noch Trainer von Turbine Potsdam, erinnerte sich an ein Gespräch mit dem damaligen Präsidenten des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB), der zentralen Sportorganisation in der DDR. "Manfred Ewald sah da die große Gefahr auch, wenn wir jetzt Frauenfußball machen, der wesentlich populärer ist als vielleicht andere Sportarten, dann gehen natürlich viele Mädels, die eigentlich bewegungstalentiert sind, nicht in die anderen Sportarten."
    Frauenfußball wurde kurzerhand in den Freizeitbereich abgeschoben, zu den Betriebssportgemeinschaften. Erst ab 1979 wurde die so genannte "DDR-Besten-Frauenmannschaft" ermittelt. Ganz bewusst war nicht von Meisterschaft die Rede, denn die hätte dem Frauenfußball den Status des Leistungssports verliehen. Und der hätte finanziell gefördert werden müssen.
    Bis Mitte der 80er Jahre stieg dann die Zahl der Frauenfußball-Teams in der DDR auf 360 an. Der Verband richtete eine zweigleisige Oberliga ein und 1989 wurden die beiden Trainer Bernd Schröder aus Potsdam und Dietmar Männel von Rotation Schlema aus dem Erzgebirge beauftragt, eine Nationalelf aufzubauen.
    Adidas-Bälle statt DDR-Kanonenkugeln
    In den Vorbereitungslehrgängen zum ersten Spiel fanden die DDR-Fußballerinnen bis dahin nie gekannte Bedingungen vor, erzählt Doreen Meier: "Also die Torwand stand dann da und wir hatten adidas-Bälle, wo so mein erster Eindruck war: mein Gott, ich kann sogar jonglieren, was mit den DDR-Kanonenkugeln nicht möglich war. Und an der Theke gab es dann Rosenthaler Kadarka als Wein, das weiß ich noch, das gab's sonst nur unter der Hand oder in Berlin zu kaufen, und das war echt 'ne ganz andere Welt."
    Aber es half alles nichts, auch nicht die Kunstrasen-Testspiele in Westberlin. Gegen die athletischen und erfahrenen Tschechoslowakinnen hatte die junge DDR-Auswahl keine Chance und verlor 0:3. "Wir waren alle irgendwie enttäuscht, aber ich glaube, wir waren auch froh, dass es nicht noch höher ausgegangen ist und die Trainer waren ziemlich sauer auf uns."
    Der Kommentar von Klaus Petersdorf, Generalsekretär des DDR-Fußballverbandes, nach dem Spiel klingt heute allerdings wie ein Treppenwitz der Geschichte: "Es bleibt keine Eintagsfliege. Wir haben uns entschlossen im Verband, dem Damenfußball den gebührenden Platz einzuräumen, sie sind aus dem Schattendasein herausgetreten."
    Denn das Spiel gegen die CSFR-Frauen vor 25 Jahren blieb die einzige internationale Begegnung der DDR-Kickerinnen. Wenig später schon wurde der Arbeiter- und Bauernstaat abgewickelt und der ostdeutsche Fußballverband samt seiner Frauen vom mächtigen DFB geschluckt. Der hatte übrigens mit seiner Frauen-Nationalelf zu diesem Zeitpunkt schon längst den ersten Titel geholt: 1989 war das BRD-Team Europameister geworden.