Jürgen Zurheide: Die Nachricht hat wirklich viele aufgeschreckt. Da sollen Mitglieder von Sicherheitsbehörden, vom SEK, von GSG 9 in Libyen in ihrer Freizeit libysche Polizisten trainiert haben. Diese Nachricht schreckt uns in der Tat seit zwei Tagen auf, und es drängen immer mehr Einzelheiten an die Öffentlichkeit. So soll in der Tat es dazu gekommen sein, dass möglicherweise auch sicherheitsrelevante Unterlagen in Libyen gelandet sind, die dort niemals hätten hinkommen sollen. In diesem Zusammenhang ermittelt auch die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. Über dieses Thema wollen wir reden. Ich begrüße dazu am Telefon Konrad Freiberg, den Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei. Guten Morgen, Herr Freiberg!
Konrad Freiberg: Schönen guten Morgen, Herr Zurheide!
Zurheide: Herr Freiberg, zunächst einmal, heute Morgen gibt es dann weitere Informationen, dass der BND, der Bundesnachrichtendienst, sogar möglicherweise davon gewusst haben soll, dass die deutschen Beamten in ihrer Freizeit, Klammer auf (ohne das ihrem Dienstherrn zu melden), dort tätig geworden sind. Haben Sie Hintergrundinformationen zu dieser Nachricht?
Freiberg: Also das überrascht mich nicht, denn wenn dort eine Beschulung stattfindet in Libyen, dann muss man davon ausgehen, dass natürlich unser Bundesnachrichtendienst von derartigen Angelegenheiten auch Kenntnis erhält. Ich hoffe bloß, dass das nicht sozusagen im Auftrage des BND oder der Regierung geschehen ist, dass eine private Firma dort libysche Polizisten ausbildet. Ich glaube, das wäre nicht zulässig und das wäre wirklich dann auch ein Skandal.
Zurheide: Mehr ist diese Frage, ob nicht auch das, was wir jetzt schon wissen, durchaus in solche Kategorien einzuordnen ist. Das Ansehen der Polizei, das kann man wohl heute Morgen feststellen, leidet. Dann taucht die Frage auf, ist da zu wenig und findet in der Ausbildung möglicherweise zu wenig politische Bildung statt, denn Herr Gaddafi hat immerhin seine Terroristen mal losgeschickt, hier in Deutschland Diskotheken in die Luft zu sprengen, wenn ich mich da recht entsinne.
Freiberg: Natürlich ist das, was heute schon bekannt ist, skandalös, das muss man deutlich sagen und nicht hinzunehmen. Es sind ja die zwei Sachverhalte, dass jemand eine Nebentätigkeit macht ohne Genehmigung, und das liegt in diesem Fall wohl auf jeden Fall vor. Dann die Frage, ob Dienstgeheimnisse dort verraten wurden. Und natürlich kommt hinzu, moralisch, politisch, einen Gaddafi unterstützt man nicht. Ich sage immer wirklich, das sind moralische Kriterien, und ich erwarte von jedem Polizisten, dass er diese Kriterien einhält. Und deswegen müssen dann auch Konsequenzen erfolgen.
Zurheide: Jetzt gibt es noch den anderen Hinweis, dass selbst dann, wenn möglicherweise keine Unterlagen mitgenommen worden sind, ist ja das Wissen mitgenommen worden, und das Wissen ist vermittelt worden, das hier in Deutschland immer wieder trainiert wird. Und allein wenn so etwas passiert, haben doch diejenigen, die man da trainiert, allerbesten Einblick in Einsatztaktiken hierzulande. Muss man nicht in jedem Fall fürchten, dass das ein Sicherheitsrisiko war, wenn dort trainiert worden ist?
Freiberg: Ohne Zweifel ist der Verdacht gegeben, das muss man deutlich hinzufügen, bloß das muss natürlich nachgewiesen werden, wenn dieses auch strafrechtliche Konsequenzen haben soll. Es ist so. Wenn ich Geheimnisträger bin, und ein SEK-Beamter kennt die Terrorbekämpfung, kennt die technischen Mittel, die wir haben, kennt die taktischen Mittel, und wenn dieses weitergegeben wird an derartige Schurkenstaaten – und ich sage ausdrücklich, man weiß auch in Libyen nie, wen man vor sich hat, ob das vielleicht sogar ein Aufrechter ist, ob das auch ein Terrorist ist, ob das einer ist, der foltert. Und wer dieses Wissen weitergibt, das ist wirklich verantwortungslos.
Zurheide: Müssen wir uns nicht die Frage stellen, ob bei der einen oder anderen Elitetruppe hierzulande ein Corpsgeist herrscht, der dann solche Dinge ausblendet, über die wir jetzt hier gerade reden? Denn ich habe schon mal gerade angesprochen, offensichtlich werden die jungen Männer, und es sind ja überwiegend Männer, gedrillt und sie können gut schießen, aber die politische Bildung kommt da zu kurz, oder?
Freiberg: Also ich würde jetzt nicht damit alle Kollegen dieser Spezialeinheit sozusagen unter Generalverdacht stellen, das ist sicherlich nicht gerechtfertigt. Aber dieser Fall wird sicherlich Anlass geben, darüber nachzudenken, wie kann das entstanden sein, in welchen Dienststellen kann das entstanden sein und aus welchem Grunde. Ohne Zweifel ist das Anlass, da nachzuschauen.
Zurheide: Es gibt ja noch einen anderen Umstand: Es ist eine private Firma gewesen, die diese Dienste wohl vermittelt hat. Sind wir da nicht ohnehin in der Problematik, dass viel zu viel privat läuft, was eigentlich beim Staat bleiben sollte und vielleicht auch aus guten Gründen beim Staat bleiben sollte?
Freiberg: Also ich hoffe, dass dieser Fall Anlass gibt, auch darüber nachzudenken, denn wir müssen feststellen, dass zunehmend private Firmen im Ausland das Know-how transportieren, nämlich gute deutsche Polizeiarbeit, Wissen ins Ausland, weil dort ein ungeheurer Bedarf ist. Und man braucht nur nach Afghanistan schauen, fast die gesamte Polizeiausbildung durch die Amerikaner läuft über private Firmen, ausdrücklich über private Firmen. Und von dort her sollten wir diese Modelle nicht verfolgen, wir sollten dabei bleiben, was des Staates, soll des Staates bleiben, nämlich innere Sicherheit. Auch wenn Wissen transportiert werden soll, polizeiliches Wissen, dann soll das der Staat machen und nicht private Firmen.
Zurheide: Aber die Tendenz ist doch eine ganz andere, jetzt im militärischen Bereich zum Beispiel. Im Irak gibt es inzwischen mehr private Kontraktoren, so nennt sich das, Vertragsnehmer, als offizielle Soldaten. Auch hier wird Sicherheit immer weiter privatisiert. Was tun Sie dagegen?
Freiberg: Wir versuchen das erst mal an die Öffentlichkeit zu transportieren. Das ist den meisten gar nicht klar. Wir haben eine Zunahme an privater Sicherheit, wo meist höhere Offiziere der Bundeswehr, auch Polizisten von Spezialeinheiten, meist nach der Pensionierung, also in der Pensionierung tätig sind. Und dieses Wissen wird transportiert, und das ist rechtlich zulässig, in andere Staaten, auch in Arabien. Dort gibt es einen großen Bedarf, polizeiliches Wissen abzuschöpfen, weil wir einen sehr, sehr guten Ruf weltweit haben. Und ich hoffe, dass uns dieser Blick auf diese Problemlage auch gelingt, um daraus dann auch Konsequenzen zu ziehen.
Zurheide: Lassen Sie uns noch mal auf den Fall zurückkommen, das ist nun gut zehn Monate her, dass das zumindest intern bekannt geworden ist, dass diese Ereignisse in Libyen stattgefunden haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt mindestens in einem Fall. Jetzt hört man davon, dass es jetzt Disziplinarverfahren gibt nach zehn Monaten. Auch wenn es schwierig ist, so Einzelfälle pauschal zu beurteilen, dennoch die Frage, ist das nicht reichlich spät, nach zehn Monaten da Reaktionen zu zeigen?
Freiberg: Also ich bin mir ziemlich sicher, dass man dort von Anfang an konsequent gehandelt hat in Nordrhein-Westfalen, weil jeder hat ja das gleiche Gefühl wie jeder Bürger. Man ist erst mal schockiert und kann sich das gar nicht vorstellen. Und da gibt es auch keine Toleranzgrenze. Deswegen bin ich sicher, dass man umgehend gehandelt hat. Im Disziplinarverfahren dauert das eine Weile, man muss auch Beweise suchen, das muss man ganz deutlich sagen. Es geht hier einerseits um dienstrechtliche Ermittlungen, aber auch um strafrechtliche. Und da muss man dann die Beweise zusammenführen, damit man dann die Konsequenzen ziehen kann.
Zurheide: Aber das Ansehen der Polizei ist geschädigt, stimmen Sie dem zu?
Freiberg: Ohne Zweifel, das muss man ganz deutlich sagen. Im ersten Moment war ich auch schockiert, das muss ich deutlich sagen, weil Libyen hat einen Ruf für jeden Polizisten. Wir wissen, dass das früher immer die Terroristenlager waren, die Sammlungen stattgefunden haben, wo die Terroristen dort ausgebildet worden sind, und dann dort hinzufahren und dort zu helfen, ich muss sagen, das ist wirklich verantwortungslos.
Zurheide: Das war Konrad Freiberg, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Danke schön für dieses Interview.
Freiberg: Ich bedanke mich auch, schönen Dank!
Konrad Freiberg: Schönen guten Morgen, Herr Zurheide!
Zurheide: Herr Freiberg, zunächst einmal, heute Morgen gibt es dann weitere Informationen, dass der BND, der Bundesnachrichtendienst, sogar möglicherweise davon gewusst haben soll, dass die deutschen Beamten in ihrer Freizeit, Klammer auf (ohne das ihrem Dienstherrn zu melden), dort tätig geworden sind. Haben Sie Hintergrundinformationen zu dieser Nachricht?
Freiberg: Also das überrascht mich nicht, denn wenn dort eine Beschulung stattfindet in Libyen, dann muss man davon ausgehen, dass natürlich unser Bundesnachrichtendienst von derartigen Angelegenheiten auch Kenntnis erhält. Ich hoffe bloß, dass das nicht sozusagen im Auftrage des BND oder der Regierung geschehen ist, dass eine private Firma dort libysche Polizisten ausbildet. Ich glaube, das wäre nicht zulässig und das wäre wirklich dann auch ein Skandal.
Zurheide: Mehr ist diese Frage, ob nicht auch das, was wir jetzt schon wissen, durchaus in solche Kategorien einzuordnen ist. Das Ansehen der Polizei, das kann man wohl heute Morgen feststellen, leidet. Dann taucht die Frage auf, ist da zu wenig und findet in der Ausbildung möglicherweise zu wenig politische Bildung statt, denn Herr Gaddafi hat immerhin seine Terroristen mal losgeschickt, hier in Deutschland Diskotheken in die Luft zu sprengen, wenn ich mich da recht entsinne.
Freiberg: Natürlich ist das, was heute schon bekannt ist, skandalös, das muss man deutlich sagen und nicht hinzunehmen. Es sind ja die zwei Sachverhalte, dass jemand eine Nebentätigkeit macht ohne Genehmigung, und das liegt in diesem Fall wohl auf jeden Fall vor. Dann die Frage, ob Dienstgeheimnisse dort verraten wurden. Und natürlich kommt hinzu, moralisch, politisch, einen Gaddafi unterstützt man nicht. Ich sage immer wirklich, das sind moralische Kriterien, und ich erwarte von jedem Polizisten, dass er diese Kriterien einhält. Und deswegen müssen dann auch Konsequenzen erfolgen.
Zurheide: Jetzt gibt es noch den anderen Hinweis, dass selbst dann, wenn möglicherweise keine Unterlagen mitgenommen worden sind, ist ja das Wissen mitgenommen worden, und das Wissen ist vermittelt worden, das hier in Deutschland immer wieder trainiert wird. Und allein wenn so etwas passiert, haben doch diejenigen, die man da trainiert, allerbesten Einblick in Einsatztaktiken hierzulande. Muss man nicht in jedem Fall fürchten, dass das ein Sicherheitsrisiko war, wenn dort trainiert worden ist?
Freiberg: Ohne Zweifel ist der Verdacht gegeben, das muss man deutlich hinzufügen, bloß das muss natürlich nachgewiesen werden, wenn dieses auch strafrechtliche Konsequenzen haben soll. Es ist so. Wenn ich Geheimnisträger bin, und ein SEK-Beamter kennt die Terrorbekämpfung, kennt die technischen Mittel, die wir haben, kennt die taktischen Mittel, und wenn dieses weitergegeben wird an derartige Schurkenstaaten – und ich sage ausdrücklich, man weiß auch in Libyen nie, wen man vor sich hat, ob das vielleicht sogar ein Aufrechter ist, ob das auch ein Terrorist ist, ob das einer ist, der foltert. Und wer dieses Wissen weitergibt, das ist wirklich verantwortungslos.
Zurheide: Müssen wir uns nicht die Frage stellen, ob bei der einen oder anderen Elitetruppe hierzulande ein Corpsgeist herrscht, der dann solche Dinge ausblendet, über die wir jetzt hier gerade reden? Denn ich habe schon mal gerade angesprochen, offensichtlich werden die jungen Männer, und es sind ja überwiegend Männer, gedrillt und sie können gut schießen, aber die politische Bildung kommt da zu kurz, oder?
Freiberg: Also ich würde jetzt nicht damit alle Kollegen dieser Spezialeinheit sozusagen unter Generalverdacht stellen, das ist sicherlich nicht gerechtfertigt. Aber dieser Fall wird sicherlich Anlass geben, darüber nachzudenken, wie kann das entstanden sein, in welchen Dienststellen kann das entstanden sein und aus welchem Grunde. Ohne Zweifel ist das Anlass, da nachzuschauen.
Zurheide: Es gibt ja noch einen anderen Umstand: Es ist eine private Firma gewesen, die diese Dienste wohl vermittelt hat. Sind wir da nicht ohnehin in der Problematik, dass viel zu viel privat läuft, was eigentlich beim Staat bleiben sollte und vielleicht auch aus guten Gründen beim Staat bleiben sollte?
Freiberg: Also ich hoffe, dass dieser Fall Anlass gibt, auch darüber nachzudenken, denn wir müssen feststellen, dass zunehmend private Firmen im Ausland das Know-how transportieren, nämlich gute deutsche Polizeiarbeit, Wissen ins Ausland, weil dort ein ungeheurer Bedarf ist. Und man braucht nur nach Afghanistan schauen, fast die gesamte Polizeiausbildung durch die Amerikaner läuft über private Firmen, ausdrücklich über private Firmen. Und von dort her sollten wir diese Modelle nicht verfolgen, wir sollten dabei bleiben, was des Staates, soll des Staates bleiben, nämlich innere Sicherheit. Auch wenn Wissen transportiert werden soll, polizeiliches Wissen, dann soll das der Staat machen und nicht private Firmen.
Zurheide: Aber die Tendenz ist doch eine ganz andere, jetzt im militärischen Bereich zum Beispiel. Im Irak gibt es inzwischen mehr private Kontraktoren, so nennt sich das, Vertragsnehmer, als offizielle Soldaten. Auch hier wird Sicherheit immer weiter privatisiert. Was tun Sie dagegen?
Freiberg: Wir versuchen das erst mal an die Öffentlichkeit zu transportieren. Das ist den meisten gar nicht klar. Wir haben eine Zunahme an privater Sicherheit, wo meist höhere Offiziere der Bundeswehr, auch Polizisten von Spezialeinheiten, meist nach der Pensionierung, also in der Pensionierung tätig sind. Und dieses Wissen wird transportiert, und das ist rechtlich zulässig, in andere Staaten, auch in Arabien. Dort gibt es einen großen Bedarf, polizeiliches Wissen abzuschöpfen, weil wir einen sehr, sehr guten Ruf weltweit haben. Und ich hoffe, dass uns dieser Blick auf diese Problemlage auch gelingt, um daraus dann auch Konsequenzen zu ziehen.
Zurheide: Lassen Sie uns noch mal auf den Fall zurückkommen, das ist nun gut zehn Monate her, dass das zumindest intern bekannt geworden ist, dass diese Ereignisse in Libyen stattgefunden haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt mindestens in einem Fall. Jetzt hört man davon, dass es jetzt Disziplinarverfahren gibt nach zehn Monaten. Auch wenn es schwierig ist, so Einzelfälle pauschal zu beurteilen, dennoch die Frage, ist das nicht reichlich spät, nach zehn Monaten da Reaktionen zu zeigen?
Freiberg: Also ich bin mir ziemlich sicher, dass man dort von Anfang an konsequent gehandelt hat in Nordrhein-Westfalen, weil jeder hat ja das gleiche Gefühl wie jeder Bürger. Man ist erst mal schockiert und kann sich das gar nicht vorstellen. Und da gibt es auch keine Toleranzgrenze. Deswegen bin ich sicher, dass man umgehend gehandelt hat. Im Disziplinarverfahren dauert das eine Weile, man muss auch Beweise suchen, das muss man ganz deutlich sagen. Es geht hier einerseits um dienstrechtliche Ermittlungen, aber auch um strafrechtliche. Und da muss man dann die Beweise zusammenführen, damit man dann die Konsequenzen ziehen kann.
Zurheide: Aber das Ansehen der Polizei ist geschädigt, stimmen Sie dem zu?
Freiberg: Ohne Zweifel, das muss man ganz deutlich sagen. Im ersten Moment war ich auch schockiert, das muss ich deutlich sagen, weil Libyen hat einen Ruf für jeden Polizisten. Wir wissen, dass das früher immer die Terroristenlager waren, die Sammlungen stattgefunden haben, wo die Terroristen dort ausgebildet worden sind, und dann dort hinzufahren und dort zu helfen, ich muss sagen, das ist wirklich verantwortungslos.
Zurheide: Das war Konrad Freiberg, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Danke schön für dieses Interview.
Freiberg: Ich bedanke mich auch, schönen Dank!