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Freihandelsabkommen EU-Japan
Die größte Freihandelszone der Welt

Die EU und Japan bilden nun die größte Freihandelszone der Welt. Nach dem Scheitern von TTIP und den Verzögerungen bei CETA ein wichtiges Signal, sagt EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Doch es gibt auch Bedenken.

Von Holger Romann | 01.02.2019
    Ein Containerschiff der japanischen NYK Line am Containerterminal Altenwerder in Hamburg.
    Derzeit werden bereits Waren und Dienstleistungen im Wert von bis zu 80 Milliarden Euro aus der EU nach Japan exportiert. Mit dem Freihandelsabkommen soll der Handel weiter ausgebaut werden. (imago / Christian Ohde)
    Wachstumschancen für Unternehmen, mehr Jobs und größere Vielfalt für Verbraucher und - nicht zuletzt - ein deutliches Signal an alle Abschottungs-Strategen à la Donald Trump. All das verspricht man sich in Brüssel vom Freihandelsabkommen mit Japan. Das offiziell nicht mehr JEFTA heißen soll, sondern EPA: "Economic Partnership Agreement". Zu Deutsch: "Wirtschafts-Partnerschafts-Abkommen".
    EU-Kommissionsvize Jürki Katainen, eher nüchterner Rechner als extrovertierter PR-Mann, schwärmt vom "größten bilateralen Deal" seit Bestehen der EU: "Es ist das größte bilaterale Abkommen, das die EU jemals verhandelt hat."
    Tatsächlich braucht sich EPA, der Papierform nach, nicht hinter TTIP zu verstecken: Durch den Vertrag, der am 12. Dezember nach über vier Jahren Verhandlung vom EU-Parlament abschließend ratifiziert wurde, entsteht die bisher größte Freihandelszone der Welt. Mit rund 600 Millionen Menschen und einem knappen Drittel der globalen Wirtschaftsleistung. Auch die übrigen Eckdaten können sich sehen lassen. So exportiert die EU laut Kommission jedes Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von bis zu 80 Milliarden Euro nach Japan.
    Milliardenersparniss für europäische Firmen
    Nun, da über 90 Prozent aller Zölle und viele andere, sogenannte "nichttarifäre Handelshemmnisse" wegfallen, wie etwa unterschiedliche technische Normen für Autos oder Textilien, könnten europäische Firmen jährlich bis zu eine Milliarde Euro sparen. Geld, das sich wieder in neue Produkte und Arbeitsplätze investieren ließe. Und das, so die Hoffnung, mehr Wohlstand und Wachstum schafft.
    EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nennt das Freihandelsab-kommen mit Nippon einen "Meilenstein". Nach ihren Worten hat EPA "Modellcharakter" für weitere Abschlüsse in diesem und in anderen Teilen der Welt. Für Malmström, die sich seit Monaten mit einem schwelenden Handelskrieg zwischen der EU und den USA herumschlagen muss, ein "wichtiges Abkommen in schwieriger Zeit".
    Die zügige Einigung mit Japan will die EU-Kommissarin aus Schweden durchaus auch als Kampfangsage verstanden wissen. Als "starkes Signal" Richtung Washington, wie sie sagt. Europa, so die Botschaft, bekennt sich zu offenem, regelbasiertem Handel, zum Multilateralismus und zur Stärkung transnationaler Bündnisse und zeigt dem Abschottungskurs und der America-First-Rhetorik eines Donald Trump die rote Karte.
    Kritiker warnen vor Privatisierung öffentlicher Daseinsfürsorge
    "Wir haben da eine ganze Reihe von gewichtigen Kritikpunkten", gibt allerdings der Chef der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, zu bedenken. Er lehnt EPA zwar nicht in Bausch und Bogen ab und erkennt die politische Bedeutung durchaus an. Er verweist jedoch auf die weit verbreitete Kritik, wichtige Bereiche des öffentlichen Lebens - wie etwa Trinkwasser oder Müllabfuhr - könnten durch das Abkommen zur Zielscheibe privater Spekulanten werden.
    Eine Sorge, die Bütikofers SPD-Kollege Bernd Lange nicht teilt. Der einflussreiche Chef des Handelsausschusses hält den EU-Japan-Deal für ausgreift und die Warnungen von Umwelt- und Verbraucherschützern größtenteils für übertrieben:
    "Wir haben eine generelle Ausnahme für Bereiche der Daseinsfürsorge und nochmal Ausnahmen für spezifische Bereiche, zum Beispiel der Wasserversorgung. Ich glaube, das besteht keine Gefahr."
    Dass sich der Widerstand gegen EPA in Grenzen hielt, liegt aber auch daran, dass man aus Fehlern und Versäumnissen der Vergangenheit gelernt hat. So haben EU-Kommission und japanische Regierung etwa den heiklen Punkt Investorenschutz von Anfang an ausgeklammert. Der hatte bei TTIP für viel böses Blut sorgt und letztlich zum Scheitern der Verhandlungen beigetragen.