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Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai
Emotionale Rückkehr in die Heimat

Vor sechs Jahren schossen ihr Taliban in den Kopf, als sie im Schulbus saß. Zur Behandlung kam sie nach Großbritannien und kehrte nie zurück. Nun ist die 2014 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Malala Yousafzai wieder nach Pakistan gereist - unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen.

Von Jürgen Webermann | 29.03.2018
    Malala Yousafzai, aufgenommen am 25.09.2015 in New York.
    Malala Yousafzai - hier eine Aufnahme in New York aus dem Jahr 2015 (dpa picture alliance / Oliver Berg Andrew Gombert)
    Malala hatte Tränen in den Augen. Für sie erfülle sich gerade ein Traum. Sie könne kaum glauben, wieder in ihrem Heimatland zu sein, sagte sie während eines Empfangs beim Premierminister Pakistans, Abbasi.
    Dass Malala in Pakistan ist, das überraschte heute früh viele Menschen im Land. Wie lange sie bleiben wird, wie ihr Programm aussehen wird - all das halten die Behörden bislang geheim.
    Malala wohnt in einem schwer gesicherten Hotel im Zentrum der Hauptstadt. Malala hat Mitarbeiter ihrer Stiftung und ihre Eltern mitgebracht. Auch der Armeechef Bajwa, der wohl mächtigste Mann in Pakistan, ist einer der Gesprächspartner.
    Freude und Hass
    In den sozialen Medien ist Malala das große Gesprächsthema. Viele Menschen freuten sich und schrieben, sie seien stolz auf die 20 Jahre alte Friedensnobelpreisträgerin. Der Besuch zeige außerdem, dass sich die Sicherheitslage in Pakistan verbessert habe. Andere wiederum kontern mit Hass und Verschwörungstheorien. Malala sei eine Agentin des Westens. Sie beschmutze den Islam, sei völlig verwestlicht und ohnehin von den USA gekauft. Diese Anschuldigungen sind nur eine kleine Auswahl.
    Sätze wie dieser hatten Malala berühmt gemacht: "Lasst uns unsere Bücher und Stifte nehmen. Sie sind unsere mächtigsten Waffen. Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch und ein Stift können die Welt verändern. Bildung ist die einzige Lösung!"
    Malala hatte in ihrer Heimat, dem malerischen Swat-Tal in den Bergen Nordwestpakistans, vor allem für Mädchenbildung gekämpft. Als die pakistanischen Taliban das Swat-Tal kontrollierten, schrieb Malala für die pakistanische Redaktion der BBC unter einem Pseudonym ein Tagebuch. Damals war sie elf Jahre alt. 2012 schossen Extremisten ihr schließlich in den Kopf, als sie im Schulbus saß. Die Taliban bekannten sich zu der Tat. Malala wurde zur Behandlung nach Großbritannien gebracht.
    Studium in Oxford
    Seitdem hat sie Pakistan nicht mehr besucht. 2014 erhielt sie den Friedensnobelpreis. Sie schrieb einen Bestseller mit dem Titel "Ich bin Malala". Pakistans damaliger Premierminister Sharif nannte sie den "Stolz der Nation".
    Jetzt studiert die junge Frau in Oxford - eine Nachricht, die in Pakistan für Aufsehen gesorgt hat. Denn auf Fotos war Malala zwar mit Kopftuch, aber auch in engen Jeans zu sehen. Das rief sofort Tugendwächter auf den Plan. Wer in Islamabad nach Malala fragt, hört ohnehin nach wie vor häufig Neid, Spott und Kritik.
    "Dass Malala so berühmt wurde und sogar den Friedensnobelpreis bekommen hat, dafür haben die Amerikaner gesorgt. Die sind doch der große Sponsor von Malala."
    "Malala sagt in ihrem Buch viele schlechte Sachen über uns und über unsere Religion. Es geht ihr nur ums Geld."
    "Pakistan ist anders, als Malala es darstellt. Kein Land der Terroristen oder in dem Frauen nur geschlagen werden. Es gibt Berichte, wonach der Anschlag vom Ausland geplant war. Es wurden bei dem Anschlag auch andere Mädchen verletzt, aber von denen redet niemand."
    Dauerhafte Rückkehr wohl unmöglich
    Weil es auch Morddrohungen gegen Malala gibt, sind die Sicherheitsvorkehrungen rund um ihren Besuch in Pakistan sehr groß. Ins Swat-Tal, ihre Heimatregion, wird sie wohl nicht reisen können. Angeblich hat sie dafür keine Erlaubnis der Sicherheitsbehörden erhalten. Dafür, so heißt es, seien Freunde und Verwandte nach Islamabad gereist, um Malala zu treffen.
    Lokale Medien berichten, dass Malala wahrscheinlich vier Tage in Pakistan bleiben werde. Eine dauerhafte Rückkehr, von der Malala immer wieder öffentlich gesprochen hat, wäre für sie wohl nach wie vor zu gefährlich.