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Fruchtbarer Abfall

Umwelt. - Abfälle und Fäkalien nutzen, daraus Dünger und fruchtbare Erde machen, das versuchen Forscher bereits seit einer Weile. Das Problem dabei ist, dass Keime und Medikamente nicht herausgefiltert werden können, als Dünger taugt Klärschlamm und Co deshalb nur bedingt. Leipziger Forscher nutzen jetzt eine jahrhundertealte Methode aus dem Amazonas mit erstaunlichen Ergebnissen.

Von Ulrike Schnabel |
    Der Kot von Mensch und Tier ist voller Nährstoffe, doch für Bauern nur bedingt als Dünger nutzbar. Denn auch die Reste von Medikamenten und Krankheitserreger und sogar Schwermetalle sind darin enthalten. Diese Keime werden über das damit gedüngte Futter auf das Nutzvieh und schließlich den Menschen übertragen. Ein Gemisch aus Kuhmist, Holzkohle, Gesteinsmehl und Gartenabfällen soll das ändern. Projektleiterin Monika Krüger arbeitet am Veterinärmedizinischen Institut der Universität Leipzig. Sie will Abfälle sinnvoll wieder verwenden, ohne sie wegzuwerfen.

    "Denn uns geht es hier um dieses Stoffstrom-Management. Es soll im Kreislauf im Prinzip alles produziert werden. Also Abfälle sollen genutzt werden, um daraus zum Beispiel hochwirksame schwarze Erden zu produzieren, die natürlich der Landwirtschaft oder dem Gartenbau zugute kommen können."

    Die Idee vom Kreislauf ist nicht neu, doch bisher verhinderten Keime und Schwermetalle in der neuen Erde eine umfassende Nutzung. Die Lösung von Monika Krüger und ihren Kollegen ist einfach: Anders als beim normalen Komposthaufen faulen die Abfälle in den luftdicht geschlossenen Fässern nicht. Ohne frischen Sauerstoff fermentieren sie, ähnlich wie Sauerkraut. Dabei entstehen Säuren wie Essigsäure und Milchsäure, die Bakterien wie Salmonellen zerstören. Würmer und Asseln verarbeiten die Abfälle dann zur Schwarzerde, der so genannten Terra Preta. Im Moment testen die Forscher, ob und wie die Säuren Viren, Parasiten oder Einzeller abtöten. Sie hoffen, dass so auch die Schwermetalle unschädlich gemacht werden können. Sollte dies gelingen, könnten Bauern die Terra Preta auf ihren Feldern verteilen, ohne zu befürchten, dass Mensch und Tier krank werden. Genau deshalb sieht Martin Kaltschmitt, Ingenieur an der Universität Hamburg-Harburg und dem Deutschen Biomasse-Forschungszentrum in dieser Methode Potential.

    "Das heißt wir werden Verfahren entwickeln müssen in der Zukunft, um die Stoffströme sinnvoll zurückzuführen. Und da ist das Verfahren von Frau Krüger in der Tat aus gegenwärtiger Sicht ein Verfahren, wie man das machen kann. Ob das den Königsweg darstellt, das wird man sehen, das wird sich später erweisen. Aber es ist zumindest ein Verfahren, dass verspricht, dort ein Stück weiter zu kommen."

    Gedacht ist die Idee vor allem für Besitzer von Kleinkläranlagen, die bisher ihre Abfälle nicht selbst entsorgen dürfen. Monika Krüger und ihre Kollegen wollen nun beweisen, dass sie die Abfälle zu Terra Preta umwandeln können, um sie dann im Garten oder auch auf dem Feld zu nutzen. Krüger:

    "Wir wollen natürlich nicht nur Wissenschaft machen, sondern wir wollen unseren Landwirten etwas in die Hand geben, damit sie ihre Abfälle, insbesondere Tierfäkalien aufarbeiten können und für sich daraus noch einen nutzbaren Schwarzerdeboden entwickeln, der sowohl ein hohes Wasserbindevermögen hat, als auch auf der anderen Seite eine hohe Fruchtbarkeit hat. Denn was unseren Böden fehlt, ist der Humus."

    Die Mikrobiologin schlägt mit ihrer Methode zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn für Monika Krüger ist die Fermentierung nicht nur Forschung, sondern auch eine willkommene Möglichkeit, um die Abfälle ihrer Tierklinik zu entsorgen. Sie hofft aber auch, dass Terra Preta nicht nur in Deutschland produziert werden kann. Denn die ist nicht nur sehr fruchtbar, sondern sie bindet auch Wasser und eignet sich deshalb besonders für trockene Gebiete.

    "Wenn man die Horrorvisionen unserer Gesellschaft im Hinterkopf hat, dass wir uns klimatisch umstrukturieren, egal aus welchem Grund, dann muss man daran denken, dass man mit Sicherheit Gebiete auf dieser Erde gibt, die einen absoluten Wassermangel haben. Und wenn man dann Bodenverarbeitungsmaßnahmen hat, wo man Wasser binden kann, dann hat man schon ganz gute Karten."

    Die große Fruchtbarkeit der Terra Preta wollen die Leipziger Wissenschaftler im Feldversuch an Mais testen. Die Forscher hoffen, dass die Ernte auf der fruchtbaren Schwarzerde im Oktober besonders üppig ausfällt. Denn dann wird sich zeigen, ob sich die Fermentierung der Abfälle durchsetzt und wie sie wirtschaftlich betrieben werden kann.