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Fünf Billionen Euro auf der hohen Kante

Deutsche Vermögen sind im vergangenen Jahr erneut auf einen Rekordwert gestiegen, und das so schnell wie nie. Zu diesem Ergebnis kommt die Allianz-Weltvermögensstudie. Auch weltweit sind die Vermögen gewachsen. Die Schere zwischen Arm und Reich geht jedoch immer weiter auseinander.

Von Brigitte Scholtes | 24.09.2013
    Das Geldvermögen weltweit wächst immer schneller. Das ist ein Ergebnis der Weltvermögensstudie, die der Versicherungskonzern Allianz zum vierten Mal erstellt hat. War es zwischen 2001 und 2011 noch um 4,6 Prozent pro Jahr gestiegen, so hat sich das Wachstum im vergangenen Jahr deutlich beschleunigt, sagt Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise:

    "Das ist ein recht positives Bild, das mit der weltwirtschaftlichen Erholung, aber auch mit der guten Entwicklung der Wertpapiermärkte in vielen Ländern dieser Welt zusammenhängt. Die Bruttogeldvermögen sind insgesamt um acht Prozent gestiegen weltweit gesehen, das ist tatsächlich der stärkste Zuwachs der letzten sechs Jahre."

    So liegt das Geldvermögen inzwischen weltweit bei 111 Billionen Euro, Geldvermögen, dazu zählen Bargeld, Bankeinlagen, Aktien oder Ansprüche gegenüber Versicherungen. Immobilien sind nicht mit enthalten, weil dazu die Datenlage etwa in Asien zu schlecht ist. Afrika ist in dem Vermögensbericht überhaupt nicht berücksichtigt. Das Wachstum ist vor allem in den Schwellenländern zu beobachten, wo immer mehr Menschen zur globalen Vermögensmittelklasse zählen, also zwischen knapp 5000 und gut 29.000 Euro an Geldvermögen besitzen. Doch die Eurokrise hat vor allem in Europa deutliche Spuren hinterlassen, sagt Michael Heise, und das auch wegen der zwischenzeitlichen Kursverluste an den Börsen:

    "Viel wichtiger aber noch war, dass die Einkommensentwicklung sich dramatisch verschlechtert hat in manchen Ländern, dass also die Sparer nicht mehr soviel zur Seite legen konnten, teilweise auch die Sparquoten gesunken sind, weil man anders den Lebensstandard nicht mehr sichern konnte und weil die Arbeitslosigkeit natürlich hochgeschnellt ist in einer Reihe von Ländern."

    Den Deutschen geht es da zwar noch etwas besser: Aber das liegt vor allem an der immer noch hohen Sparbereitschaft, so haben sie im vergangenen Jahr 180 Milliarden Euro auf die hohe Kante gelegt und zu einem Teil zumindest auch von den steigenden Wertpapierkursen profitiert. Denn die Aktienkultur ist bei den meisten Deutschen ja nicht ausgeprägt. Obwohl sie also im vergangenen Jahr mit fast fünf Billionen Euro so reich wie nie waren, liegen sie im globalen Vergleich der Nettogeldvermögen nur auf Platz 17, hinter den Bürgern Italiens, Frankreichs und Österreichs. Die Schweizer bleiben die Reichsten, gefolgt von den Bürgern der USA und Japans. In Asien, den USA und in Europa aber wuchs die Zahl der Menschen, die weniger als 5000 Euro an Geldvermögen besitzen, auch in Deutschland. Michael Heise:

    "Hinzu kommt, dass in unteren Einkommenssegmenten dann natürlich auch die Bankeinlagen einen relativ hohen Anteil haben am Gesamtvermögen, weil die Menschen relativ sicher anlegen wollen und nicht auch noch Kursverluste riskieren wollen, sodass eben auch der Zinseffekt zu Buche schlägt, diese sehr niedrigen Zinsen, die den Aufbau von Vermögen noch schwieriger machen. Also in der Tat, in Deutschland haben die unteren Einkommensschichten eine sehr schwache Vermögensentwicklung gesehen in den letzten Jahren."

    Das sollte der neuen Bundesregierung, wie auch immer sie aussehen mag, zu denken geben.