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Die Deutschen haben so viel Geld wie nie

Im dritten Quartal 2012 stieg das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland auf die Rekordhöhe von 4871 Milliarden Euro. Das errechnete die Deutsche Bundesbank. Das Plus von 1,3 Prozent geht gut zur Hälfte auf das Kursfeuerwerk an den Börsen zurück und kommt damit vor allem Aktionären zugute.

Von Michael Braun | 28.01.2013
    Die Deutschen trauen dem billigen Geld offenbar nicht. Jedenfalls halten sie ihre flüssigen Reserven beisammen. Sie zahlen zwar in ihre langfristigen Versicherungsverträge ein. Sie meiden aber Termin- und Spareinlagen, steigen auch aus niedrig verzinslichen Anleihen aus und zahlen ihre flüssigen Mittel lieber auf Girokonten ein: Sie wollen offenbar schnell darauf zugreifen können. Auf diese Weise ist das Geldvermögen der Deutschen per Ende September 2012 um 31 Milliarden Euro gestiegen. Weitere 33 Milliarden Euro, berichtete heute die Bundesbank, seien durch Kursgewinne vor allem bei Aktien hinzugekommen. Insgesamt erhöhte sich somit das Geldvermögen binnen eines Jahres um fünf Prozent auf 4871 Milliarden Euro.

    Zugleich nutzten Geldbesitzer die niedrigen Zinsen und liehen sich weiteres Geld, vor allem für Immobilienpläne. So stiegen die Kreditverpflichtungen um fast ein Prozent auf 1562,4 Milliarden Euro. Das Netto-Geldvermögen, also Guthaben minus Kredite, erhöhte sich so auf 3309 Milliarden Euro, um immerhin sieben Prozent.

    Wer mehr einnahm als ausgab, Aktien besaß und genug Bonität für Immobilienkredite hatte, stand also auf der Gewinnerseite der Vermögensbildung. Bisher waren es die, die schon Vermögen hatten. Im vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, der seit Monaten nur im Entwurf vorliegt, heißt es, der gute Arbeitsmarkt habe zwar viele Lebenslagen verbessert. Dies allerdings ohne Folgen für die Vermögenssituation. Die Analyse von Ulrich Schneider, dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes:

    "Wir haben in Deutschland nach wie vor einen Rekordstand an Armut. Wir haben einen Rekordstand aber auch an öffentlicher Armut, sprich: öffentliche Schulden und leere Kassen in den Kommunen. Das ist die Kehrseite des Reichtums."

    Auch die Unternehmen in Deutschland hielten überschüssige Mittel auf Konten vor, auf die sie jederzeit zugreifen konnten. Auch hier zählte Liquidität offenbar viel. Investitionen in Sachanlagen unterblieben. Flüssig zu sein, in Krisen schnell reagieren zu können, das zählte.