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"Für den Standort Deutschland ganz wesentlich"

Die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier hat die Position ihrer Partei in der Frage der Erbschaftssteuer verteidigt. Eine Reform nach den Plänen von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück gefährde Arbeitsplätze und den Standort Deutschland. Die Reform dürfe Familienbetriebe nicht durch bürokratische Hürden blockieren und durch hohe Summen belasten, erklärte Hohlmeier.

Monika Hohlmeier im Gespräch mit Elke Durak |
    Elke Durak: Mit der Ministerpräsidentenwahl heute Mittag in München geht die CSU endgültig an den Neustart. Bis zuletzt haben ja die Auseinandersetzungen um Schuld und Mitverantwortung angehalten. Der Sonderparteitag am Wochenende hat es gezeigt wie selten. Man schenkte sich nichts, will aber vorausschauen. Horst Seehofer stellt in dieser Woche seine Führungsmannschaft für Partei und Regierung zusammen. Jünger und auch weiblicher soll sie werden. Das hat er immer schon gesagt. Ein Name fällt bei diesen Gedankenspielen: Monika Hohlmeier, ehemals Staatsministerin für Unterricht und Kultus. Guten Morgen, Frau Hohlmeier.

    Monika Hohlmeier: Guten Morgen!

    Durak: Sie sind zurückgekehrt, Frau Hohlmeier, persönlich aus einer sehr, sehr schweren Krankheit und auch politisch. Sie haben das beste Listenergebnis in Oberbayern bei den Landtagswahlen erreicht, sind auch erste Nachrückerin. Trauen Sie sich ein politisches Comeback zu?

    Hohlmeier: Ich glaube, dass es jetzt weniger um mich persönlich geht, sondern darum, dass wir als Mannschaft miteinander wirklich die CSU vorantreiben beziehungsweise das Vertrauen der Menschen wiedergewinnen, die uns dieses Mal nicht gewählt haben, allerdings nicht nach links abgedriftet sind, sondern tatsächlich bürgerliche Alternativen gesucht haben. Da müssen wir die Fehler bei uns suchen. Horst Seehofer hat das klipp und klar am Parteitag formuliert. Aus diesem Grund werde ich politisch aktiv mitwirken. Ich war vorher aber im Landtag gewesen. Ich werde politisch aktiv bleiben und werde sicher meine Meinung zu den jeweiligen Themen dazu sagen.

    Durak: Und die Entscheidung trifft der Ministerpräsident?

    Hohlmeier: Der Ministerpräsident trifft die Entscheidungen zu allen Positionen, die in der Staatsregierung zu vergeben sind. Er beruft sein Kabinett. Das ist nicht die Aufgabe der Außenstehenden, darüber zu diskutieren.

    Durak: Frau Hohlmeier, der Sonderparteitag - noch einmal will ich gerne darauf zurückkommen - war ja ein seltenes und seltsames Erlebnis für jemand, der außen steht. Diese Buh-Rufe, diese Pfiffe für Edmund Stoiber, Sie haben sie miterlebt. Wie war Ihnen dabei zu Mute?

    Hohlmeier: Ja gut, ich habe das ganze einfach miterlebt und habe festgestellt, dass es da halt den einen oder anderen Unmut, ich glaube auch insbesondere von fränkischen Parteikolleginnen und Kollegen gibt, die letztendlich eine Mitverantwortung am Rücktritt Günther Becksteins und der fränkischen Situation bei Edmund Stoiber gesehen haben. Nur der Blick geht nicht zurück, sondern der Blick geht nach vorne. Der neue Parteivorsitzende heißt jetzt Horst Seehofer. Es geht jetzt nicht darum, irgendjemand einzeln die Schuld zuzuweisen. Das bringt jetzt nichts. Inhaltlich müssen wir weiter arbeiten.

    Durak: Das heißt, die CSU, Ihre Partei hat die bitteren Lektionen der letzten Wochen und Monate verdient?

    Hohlmeier: Es geht nicht darum, dass wir sie verdient haben oder nicht verdient haben. Es steht auf alle Fälle fest, dass wir einen Teil der Wählerinnen und Wähler verloren haben.

    Durak: Weshalb?

    Hohlmeier: Das bedeutet in der Konsequenz, dass wir uns den Inhalten zuwenden müssen, warum das geschehen ist, und dass wir auch personelle Fragestellungen vermeiden müssen, die die Menschen frustriert haben. Weshalb? - Die Frage ist relativ leicht zu beantworten. Erstens gab es doch ziemlich viele Personalirritationen innerhalb der Partei, von Edmund Stoiber angefangen über lange Übergangszeiten und Ähnliches. Das haben die Menschen nicht goutiert, das Hin und Her München und Berlin. Aber es gab auch inhaltliche Fragen, die einen Teil unserer Wählerinnen und Wähler zermürbt haben. Dazu gehören Fragen Mittelstand, Familienbetriebe, Steuerbelastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Fragen darf nicht nur die CSU allein ernst nehmen. Da ist auch die CDU gefragt mit einem klaren Profil für die Bundestagswahl, weil ansonsten gehen uns auch dort die Wählerinnen und Wähler verloren.

    Durak: Für Außenstehende, Frau Hohlmeier, erscheint die CSU aber immer noch tief gespalten, vor allem wenn man sich diesen Sonderparteitag anschaut. Nun will CSU-Chef Seehofer - Sie haben eben darauf angespielt - gegenüber der CDU in Berlin auch Stärke zeigen. Kann sich die CSU das schon wieder leisten?

    Hohlmeier: Die CSU muss das tun und wir sind auch keine gespaltene Partei. Man hat am Ergebnis von Horst Seehofer gesehen, dass die Partei voll und ganz hinter ihm steht. Ein Ergebnis von 90 Prozent ist kein Ergebnis einer gespaltenen Partei, sondern der eindeutige Ausdruck, dass wir in einer geschlossenen Mannschaft gehen wollen. Und der Auftrag ist auch, innerhalb der Bundespolitik so aufzutreten, wie das inhaltlich von uns unsere Wählerinnen und Wähler erwarten und wie das die Menschen in Bayern erwarten, aber auch in Deutschland erwarten. Ich glaube, die Themen, die ich vorher angesprochen habe - man könnte sie ergänzen um die Erbschaftssteuer und ähnliche Fragen -, sind einfach Fragen, die die Menschen drücken. Ich formuliere es auch immer wieder dahingehend: Wenn Arbeitnehmer feststellen, dass sie vielleicht einmal vier Prozent Lohnerhöhung haben und von den vier Prozent landen maximal ein Prozent tatsächlich auf ihrem Konto, dann ist das ein Warnzeichen an uns und wir müssen das ernst nehmen und den Menschen helfen.

    Durak: Ernst nimmt die CDU sicherlich auch die Sorgen der Wähler. Nur bei der Erbschaftssteuer kommt man ja nicht voran. Man sitzt ja nicht allein im Boot, sondern mit den Sozialdemokraten. Ist es dann wirklich so klug, bei der Erbschaftssteuer hart bleiben zu wollen?

    Hohlmeier: Ja. Das ist außerordentlich klug, weil es für den Standort Deutschland ganz wesentlich ist. Der Großteil der Betriebe sind mittelständische Familienbetriebe. 95 Prozent der Unternehmen sind Familienunternehmen. Während dessen um uns herum lauter Länder sind, die keine Erbschaftssteuer haben, sollen unsere Unternehmen mit monatelangen Bewertungsfragen blockiert werden nach dem Tod eines Eigentümers eines Familienbetriebes und anschließend noch eine große Summe, die sie brauchen für Investitionen, an Erbschaftssteuer zahlen. Schauen Sie sich die heutige Finanzkrise in der Welt an. Da ist doch nicht die Frage nach einer Erbschaftssteuer, sondern wir müssen schauen, dass wir unsere Familienunternehmen halten können, dass wir sie unterstützen können und im globalisierten Wettbewerb fit machen. Wir haben keine Zeit für Neiddiskussionen ideologischer Art. Wir müssen den Menschen Arbeitsplätze in Deutschland bieten und die Erbschaftssteuer ist dafür völlig kontraproduktiv, gerade in der heutigen Zeit.

    Durak: Da werden Ihnen sehr, sehr viele Menschen in Deutschland zustimmen, Frau Hohlmeier. Nur: Wenn Sie es in Berlin nicht durchsetzen können, was nutzt es dann, sozusagen da den starken Bären zu geben?

    Hohlmeier: Wir als CSU werden einer anderen Form von Erbschaftssteuer, also einer Form, in der Steinbrück eine Belastung mittelständischer Unternehmen oder auch von Familienunternehmen wünscht, nicht zustimmen, weil dies Arbeitsplätze gefährdet, weil dies den Standort gefährdet und wir haben da sehr klare Vorstellungen. Also werden wir dem nicht zustimmen. Wenn, dann muss die SPD selbst dafür eine Mehrheit finden.

    Durak: Dann müssten Sie vielleicht sogar die Koalitionsfrage in Berlin stellen?

    Hohlmeier: Die Verhandlungen laufen und die CSU hat eine klare Position und Horst Seehofer hat auch am Parteitag diese Position nochmals formuliert. Die beinhaltet auch, dass selbst bewohntes Hauseigentum, Wohnungseigentum von der Erbschaftssteuer freizustellen ist und hier entsprechende Spielräume den Ländern zu geben sind, denn es kann nicht sein, dass in bestimmten Orten Deutschlands, wo ein kleines Reihenhäuschen oder eine Wohnung sehr viel mehr kostet und die Lebenshaltungskosten erheblich höher sind, dann entsprechend die Menschen keine Wohnungen und Reihenhäuser mehr haben dürfen, nur weil das gerade die Neidphilosophie der SPD verlangen würde.

    Durak: Ist es eigentlich so schlimm, wenn die ehemals allmächtige CSU nun in demokratischer Zweisamkeit mit der FDP in Bayern regiert?

    Hohlmeier: Wir haben eine Koalitionsregierung und wir haben mit dem Koalitionspartner entsprechend die Verhandlungen geführt. Wir werden aber alles tun, nachdem ja Bayern wirklich ein sehr erfolgreiches Land ist, dass wir das Vertrauen der Menschen wiedergewinnen, denn die vergangenen Jahrzehnte einer CSU-Regierung haben Bayern im internationalen Wettbewerb, aber auch innerhalb Deutschlands sichtlich in Spitzenpositionen gebracht. Deshalb werden wir um das Vertrauen der Menschen werben.

    Durak: Das heißt, sie regieren erst mal mit der FDP, um sie gleichzeitig aus der Regierung zu drängen. Ist ja wie in Berlin.

    Hohlmeier: Es ist immer in einer Demokratie so, dass Parteien um das Wohlwollen und das Vertrauen der Menschen werben. Wir als CSU werden das auch tun und wir haben das Wahlergebnis sehr ernst genommen. Es gibt keine Zeit, jetzt beleidigt zu sein, oder manch einer hat mich mal gefragt, ob wir jetzt gekränkt sind, dass die Wähler uns nicht gewählt haben. Wir müssen das Ergebnis ernst nehmen und die Konsequenzen ziehen.

    Durak: Sie tragen zwei Namen, Frau Hohlmeier. Sie sind und bleiben auch eine Strauß und ich nehme an, Sie tragen diesen Namen gern und auch mit Stolz. Welchen Klang hat der Name Strauß derzeit in ganz Bayern?

    Hohlmeier: Es war ja gerade eben der 20. Todestag meines Vaters und es sind mir viele Menschen in den vergangenen Monaten begegnet, auch Menschen, denen ich vorher noch nie begegnet bin, die mir Mails geschrieben haben, Briefe geschrieben haben, auf mich zugekommen sind und sich an meinen Vater erinnert haben als einen Politiker, der eben langfristige Strategien geplant hat, der auch nachhaltig geplant hat, der sehr klar und deutlich politische Maßstäbe und Richtungen vorgegeben hat, schlicht ein Politiker, an dem man sich orientieren konnte. Der eine oder andere sagt, dass in der heutigen Zeit dieser Typus Politiker weniger geworden ist, und vielleicht sucht man deshalb gerade auch wieder die Erinnerung an meinen Vater Franz-Josef Strauß.

    Durak: Was reizt Sie, dieses Erbe wieder aufzunehmen?

    Hohlmeier: Ich nehme nicht nur ein Erbe auf. Damit wäre mein Vater nicht einverstanden. Mein Vater hat mir immer gesagt, ich soll eine eigene Persönlichkeit sein, und ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er mir das mitgegeben hat, und es ist wichtig, dass jeder Politiker auch er selber ist und nicht nur eine Rolle spielt oder ein Plagiat von jemand anderem ist. Mich reizt daran, dass gerade in der heutigen Zeit, in der es wirklich von der Finanzkrise beginnend bis auch zur Globalisierung für Deutschland insgesamt schwierige Umstände sind, hier mitzugestalten. Ich will politisch gestalten. Das macht mir Spaß, das macht mir Freude und deshalb bleibe ich auch politisch aktiv.

    Durak: Frau Hohlmeier, danke für das Gespräch. - Monika Hohlmeier war das (CSU). In Oberbayern steht sie auf dem ersten Listenplatz, demnächst vielleicht wieder im Landtag. Danke, Frau Hohlmeier.