Jochen Spengler: Heute dürfte ein entscheidender Tag für das insolvente Versandhaus Quelle werden, denn heute will die Bundesregierung entscheiden, ob sie 25 Millionen Euro als Massekredit, als Notkredit für das insolvente Unternehmen überweist. Wir sind nun am Telefon mit einer Politikerin verbunden, deren Lebenslauf eng mit dem Versandhaus Quelle verbunden ist: mit der früheren Bundesfamilienministerin und jetzigen SPD-Bundestagsabgeordneten Renate Schmidt. Guten Morgen, Frau Schmidt.
Renate Schmidt: Guten Morgen.
Spengler: Frau Schmidt, Sie mussten wegen der Schande einer unehelichen Schwangerschaft ein Jahr vor dem Abitur damals das Gymnasium verlassen. So war das in den 50er-Jahren.
Schmidt:: Das war in den 60er-Jahren!
Spengler: In den 60er Jahren. ... und Sie fanden eine Lehrstelle bei Quelle.
Schmidt: Keine Lehrstelle, sondern damals wurde ich Anfangsprogrammiererin. Das war noch keine geregelte Berufsausbildung, sondern man hat "learning bei doing" betrieben und ich wurde dann dort Programmiererin, später Systemanalytikerin.
Spengler: Und zwar leitende Systemanalytikerin, wenn ich richtig informiert bin, und Sie waren dann auch lange Jahre im Betriebsrat des Konzerns?
Schmidt: Ja, sieben Jahre freigestelltes Betriebsratsmitglied, bis ich dann für den Bundestag kandidiert habe.
Spengler: Wie nahe geht Ihnen der Niedergang von Quelle?
Schmidt: Natürlich geht sie mir sehr nahe, aber ich glaube nicht, dass es eine Niederlage wird. Es wird im Moment sehr viel Mist über die Quelle geschrieben. Zum Beispiel diese leergeräumten Konten, das ist ein ganz normaler Geschäftsvorgang, da wurde nicht irgendetwas leergeräumt, sondern da werden Konten, Haben- und Sollkonten ausgeglichen. Das passierte täglich, passierte also auch unmittelbar vor der Solvenz.
Spengler: Aus Ihrem Zorn entnehme ich, dass Sie sich dem Unternehmen und den Mitarbeitern noch sehr verbunden fühlen?
Schmidt: Natürlich fühle ich mich noch sehr verbunden, weil ich auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitfühle, die wirklich durch ein Wechselbad in den letzten Tagen und Wochen gegangen sind, und ich ärgere mich auch darüber, dass dauernd geschildert wird, dass dieses Unternehmen keine Zukunft habe. Die sind in der Zwischenzeit europaweit der Drittgrößte beim sogenannten E-Commerce. Die haben sich vollkommen umstrukturiert. Da ist Otto richtig neidisch und darum sind auch die Wettbewerber jetzt auf dem Plan, die sich die Rosinen aus diesem Unternehmen herauspicken wollen. Insoweit muss ich sagen, es reden viele Leute von vielen Dingen, von denen sie offensichtlich wenig Ahnung haben.
Spengler: Für Sie ist Quelle also eindeutig überlebensfähig?
Schmidt: Für mich ist Quelle überlebensfähig, weil die in den letzten drei Jahren ihre Hausaufgaben gemacht haben und weil die jetzt durch die Insolvenz - und das war vielleicht der große Fehler, dass wir uns da nicht durchgesetzt haben und gesagt haben, keine Insolvenz, sondern versuchen, anderweitig zu helfen - gehen, denn in der Insolvenz gelten ein paar andere Spielregeln und die machen es jetzt so schwer, der Quelle wirklich auch zu helfen, weil durch die Insolvenz ist die Quelle von sämtlichen Geldflüssen abgeschnitten, die sonst ganz normal funktioniert haben, und das ist das große Dilemma und dieses Dilemma muss beseitigt werden und dazu soll dieser 50-Millionen-Kredit dienen.
Spengler: Frau Schmidt, aber Sie werden nicht bestreiten, dass Quelle in Problemen steckt. Sind diese Probleme Folge eines Managementversagens, oder sind sie Folge sich wandelnder Zeiten?
Schmidt: Sie müssen sehr viel differenzierter vorgehen, weil nämlich wenn Sie sagen, der ganze Karstadt-, Arcandor-, Quelle-, Primondo- und-wie-die-Sachen-alle-heutzutage-heißen-Konzern, da glaube ich sind gravierende Managementfehler nicht nur in den vergangenen zwei, drei Jahren, sondern auch schon davor, aber vor allen Dingen auch in den vergangenen zwei, drei Jahren gewesen. Bei der Quelle als separates Unternehmen sehe ich in den letzten Jahren diese Managementfehler nicht. Da ist auch nichts Überholtes. Ich sage noch einmal: Die Quelle für sich genommen hat in dieser letzten Zeit auch schwarze Zahlen geschrieben. Die Quelle ist auf einem guten Weg und man muss das Unternehmen alleine anschauen und darf es nicht in einem Mischmasch mit vielen anderen sehen.
Spengler: Jetzt muss ich noch mal nachfragen. Die Zeiten ändern sich doch. Es gibt die Internethändler, es gibt die Elektronikketten. Wann haben Sie denn zuletzt mal in einem Quelle-Katalog geblättert und vielleicht was daraus bestellt?
Schmidt: Darum geht es ja nicht. Der Quelle-Katalog ist ein zusätzliches Instrument. Die Masse der Bestellungen geht, wie Sie gerade richtig sagten, über Internet. Die Leute blättern im Katalog, das ist für die Mode und viele andere Dinge auch ungeheuer wichtig, und gehen dann zum Internet und bestellen über Internet. Ich sage noch einmal: In der Zwischenzeit hat Quelle damit vom siebtgrößten auf den drittgrößten E-Commerce-Anbieter aufgeholt und hat andere überholt - da sind die natürlich auch ein bisschen neidisch - und ist insbesondere auch im europäischen Ausland ausgezeichnet aufgestellt. Ich bin dort in den letzten Tagen und Wochen jede Woche mindestens einmal, manchmal zweimal, manchmal dreimal mit den Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrates, teilweise auch mit Leuten der Geschäftsleitung, ich habe mit dem Insolvenzverwalter gesprochen und ich würde mir wünschen, es würden sich andere, die darüber reden, schreiben und senden, auch so viel Mühe machen und mal wirklich recherchieren und nicht einer vom anderen abschreiben.
Spengler: Warum ist dann Ihr Parteifreund Finanzminister Steinbrück so zögerlich?
Schmidt: Er ist nicht zögerlich, sondern der hat etwas vollkommen richtig gesagt. Er hat gesagt, wenn die ausreichenden Sicherheiten vorliegen - ich gehe davon aus, dass man sich heute dann einigen wird, dass diese ausreichenden Sicherheiten vorliegen -, dann werden wir den Kredit geben. Natürlich muss auf Bundesebene geprüft werden. Auch die bayerische Ebene kann nicht ohne diese Prüfung, die an die Bundesebene abgegeben ist, handeln. Wenn sie könnte, könnte sie ja die 25 Millionen, die sie zur Verfügung stellen wollen, gemeinsam mit Sachsen, jetzt bereits als einen Zwischenkredit geben und das ganze könnte schon anlaufen.
Spengler: Wenn Sie sagen "ich gehe davon aus", dann heißt das, Sie erwarten das auch von der Bundesregierung?
Schmidt: Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie nach sorgfältiger Prüfung so entscheidet, dass sie nämlich hilft, und das hat der Bundesfinanzminister gesagt, das hat der Bundeswirtschaftsminister gesagt und ich gehe davon aus, dass es heute dann endlich so weit ist.
Spengler: Und das sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Schmidt. Frau Schmidt, danke für das Gespräch.
Renate Schmidt: Guten Morgen.
Spengler: Frau Schmidt, Sie mussten wegen der Schande einer unehelichen Schwangerschaft ein Jahr vor dem Abitur damals das Gymnasium verlassen. So war das in den 50er-Jahren.
Schmidt:: Das war in den 60er-Jahren!
Spengler: In den 60er Jahren. ... und Sie fanden eine Lehrstelle bei Quelle.
Schmidt: Keine Lehrstelle, sondern damals wurde ich Anfangsprogrammiererin. Das war noch keine geregelte Berufsausbildung, sondern man hat "learning bei doing" betrieben und ich wurde dann dort Programmiererin, später Systemanalytikerin.
Spengler: Und zwar leitende Systemanalytikerin, wenn ich richtig informiert bin, und Sie waren dann auch lange Jahre im Betriebsrat des Konzerns?
Schmidt: Ja, sieben Jahre freigestelltes Betriebsratsmitglied, bis ich dann für den Bundestag kandidiert habe.
Spengler: Wie nahe geht Ihnen der Niedergang von Quelle?
Schmidt: Natürlich geht sie mir sehr nahe, aber ich glaube nicht, dass es eine Niederlage wird. Es wird im Moment sehr viel Mist über die Quelle geschrieben. Zum Beispiel diese leergeräumten Konten, das ist ein ganz normaler Geschäftsvorgang, da wurde nicht irgendetwas leergeräumt, sondern da werden Konten, Haben- und Sollkonten ausgeglichen. Das passierte täglich, passierte also auch unmittelbar vor der Solvenz.
Spengler: Aus Ihrem Zorn entnehme ich, dass Sie sich dem Unternehmen und den Mitarbeitern noch sehr verbunden fühlen?
Schmidt: Natürlich fühle ich mich noch sehr verbunden, weil ich auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitfühle, die wirklich durch ein Wechselbad in den letzten Tagen und Wochen gegangen sind, und ich ärgere mich auch darüber, dass dauernd geschildert wird, dass dieses Unternehmen keine Zukunft habe. Die sind in der Zwischenzeit europaweit der Drittgrößte beim sogenannten E-Commerce. Die haben sich vollkommen umstrukturiert. Da ist Otto richtig neidisch und darum sind auch die Wettbewerber jetzt auf dem Plan, die sich die Rosinen aus diesem Unternehmen herauspicken wollen. Insoweit muss ich sagen, es reden viele Leute von vielen Dingen, von denen sie offensichtlich wenig Ahnung haben.
Spengler: Für Sie ist Quelle also eindeutig überlebensfähig?
Schmidt: Für mich ist Quelle überlebensfähig, weil die in den letzten drei Jahren ihre Hausaufgaben gemacht haben und weil die jetzt durch die Insolvenz - und das war vielleicht der große Fehler, dass wir uns da nicht durchgesetzt haben und gesagt haben, keine Insolvenz, sondern versuchen, anderweitig zu helfen - gehen, denn in der Insolvenz gelten ein paar andere Spielregeln und die machen es jetzt so schwer, der Quelle wirklich auch zu helfen, weil durch die Insolvenz ist die Quelle von sämtlichen Geldflüssen abgeschnitten, die sonst ganz normal funktioniert haben, und das ist das große Dilemma und dieses Dilemma muss beseitigt werden und dazu soll dieser 50-Millionen-Kredit dienen.
Spengler: Frau Schmidt, aber Sie werden nicht bestreiten, dass Quelle in Problemen steckt. Sind diese Probleme Folge eines Managementversagens, oder sind sie Folge sich wandelnder Zeiten?
Schmidt: Sie müssen sehr viel differenzierter vorgehen, weil nämlich wenn Sie sagen, der ganze Karstadt-, Arcandor-, Quelle-, Primondo- und-wie-die-Sachen-alle-heutzutage-heißen-Konzern, da glaube ich sind gravierende Managementfehler nicht nur in den vergangenen zwei, drei Jahren, sondern auch schon davor, aber vor allen Dingen auch in den vergangenen zwei, drei Jahren gewesen. Bei der Quelle als separates Unternehmen sehe ich in den letzten Jahren diese Managementfehler nicht. Da ist auch nichts Überholtes. Ich sage noch einmal: Die Quelle für sich genommen hat in dieser letzten Zeit auch schwarze Zahlen geschrieben. Die Quelle ist auf einem guten Weg und man muss das Unternehmen alleine anschauen und darf es nicht in einem Mischmasch mit vielen anderen sehen.
Spengler: Jetzt muss ich noch mal nachfragen. Die Zeiten ändern sich doch. Es gibt die Internethändler, es gibt die Elektronikketten. Wann haben Sie denn zuletzt mal in einem Quelle-Katalog geblättert und vielleicht was daraus bestellt?
Schmidt: Darum geht es ja nicht. Der Quelle-Katalog ist ein zusätzliches Instrument. Die Masse der Bestellungen geht, wie Sie gerade richtig sagten, über Internet. Die Leute blättern im Katalog, das ist für die Mode und viele andere Dinge auch ungeheuer wichtig, und gehen dann zum Internet und bestellen über Internet. Ich sage noch einmal: In der Zwischenzeit hat Quelle damit vom siebtgrößten auf den drittgrößten E-Commerce-Anbieter aufgeholt und hat andere überholt - da sind die natürlich auch ein bisschen neidisch - und ist insbesondere auch im europäischen Ausland ausgezeichnet aufgestellt. Ich bin dort in den letzten Tagen und Wochen jede Woche mindestens einmal, manchmal zweimal, manchmal dreimal mit den Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrates, teilweise auch mit Leuten der Geschäftsleitung, ich habe mit dem Insolvenzverwalter gesprochen und ich würde mir wünschen, es würden sich andere, die darüber reden, schreiben und senden, auch so viel Mühe machen und mal wirklich recherchieren und nicht einer vom anderen abschreiben.
Spengler: Warum ist dann Ihr Parteifreund Finanzminister Steinbrück so zögerlich?
Schmidt: Er ist nicht zögerlich, sondern der hat etwas vollkommen richtig gesagt. Er hat gesagt, wenn die ausreichenden Sicherheiten vorliegen - ich gehe davon aus, dass man sich heute dann einigen wird, dass diese ausreichenden Sicherheiten vorliegen -, dann werden wir den Kredit geben. Natürlich muss auf Bundesebene geprüft werden. Auch die bayerische Ebene kann nicht ohne diese Prüfung, die an die Bundesebene abgegeben ist, handeln. Wenn sie könnte, könnte sie ja die 25 Millionen, die sie zur Verfügung stellen wollen, gemeinsam mit Sachsen, jetzt bereits als einen Zwischenkredit geben und das ganze könnte schon anlaufen.
Spengler: Wenn Sie sagen "ich gehe davon aus", dann heißt das, Sie erwarten das auch von der Bundesregierung?
Schmidt: Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie nach sorgfältiger Prüfung so entscheidet, dass sie nämlich hilft, und das hat der Bundesfinanzminister gesagt, das hat der Bundeswirtschaftsminister gesagt und ich gehe davon aus, dass es heute dann endlich so weit ist.
Spengler: Und das sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Schmidt. Frau Schmidt, danke für das Gespräch.