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Für Superhirne

Was in den USA oder Großbritannien ganz selbstverständlich ist - die Eliteuniversität - steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Die so genannte Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder will daran etwas ändern und auch hierzulande Spitzenuniversitäten entstehen lassen. 27 deutsche Hochschulen haben sich im September dieses Jahres für dieses Programm beworben. Mit dabei: die Ruhruniversität Bochum mit ihrer International Graduate School of Neuroscience.

Von Hilde Braun | 02.12.2005
    Wer hier studiert, muss bereits ein Studium im Bereich, Medizin, Physik, Biologie, Mathematik oder Psychologie abgelegt haben, möglichst mit "Summa cum Laudae". Die International Graduate School of Neuroscience bietet ein Doktorandenstudium, das drei Jahre dauert. Die Postgraduates erhalten vom Land Nordrhein-Westfalen ein Stipendium. Es deckt Studiengebühren und Lebenshaltungskosten ab. Andreas Rinne ist 30 Jahre alt und gehört zu den Absolventen:

    " Der Anspruch ist sicherlich hoch auch an die Leistungen die man im ersten Semester in den Klausuren erbringen muss, aber es ist auch nicht unschaffbar, weil man in den Vorlesungen auch gut darauf vorbereitet wird."

    Nur die Hälfte der Studierenden sind deutsche Absolventen, die anderen kommen von überall aus der Welt, aus Kanada, Indien, China und dem europäischen Ausland. Die Vorlesungen im ersten Semester werden auf Englisch abgehalten, vor allem wird hier Forschung betrieben. Marek Bavinskiy ist 26 Jahre alt, er kommt aus Polen und arbeitet zwölf bis 13 Stunden pro Tag für die Graduate School:

    " Die harte Arbeit macht Spaß, weil ich hier Hirnforschung betreiben kann und für meine eigene Forschung habe ich eigenes Geld und die Möglichkeiten der Universität."

    Neben Forschungsprojekten und Laboratorien müssen die Studierenden Publikationen herausgeben, Kurse abhalten und lernen, wie man sich im Wissenschaftsbetrieb durchschlägt. Andreas Rinne:

    " Man bekommt im Laufe der drei Jahre der Promotion so genannte Softskills vermittelt. Das heißt, man bekommt genau das beigebracht, was man als Wissenschaftler können muss: Man muss mit Mitarbeitern umgehen können, man muss sich selbst präsentieren können, man muss zum Beispiel auch Drittmittel für die Forschung beschaffen können. Das bekommt man in einer normalen Promotion sicherlich nicht so vermittelt, wie das durch diese Zusatzkurse der Fall ist. "

    Kein Wunder, dass sich auf die zehn jährlichen Stipendien bis zu 300 ehemalige Studierende bewerben. Neben ihrem Studienabschluss müssen sie eine Eignungsprüfung in Neurowissenschaft ablegen. Während des Stipendiums stehen Forschungsreisen ins Ausland auf dem Programm, die komplett finanziert werden. 40 Hochschullehrer aus Bochum und hochkarätige Gastdozenten aus dem Ausland sind für die Lehre verantwortlich. Professor Onur Güntürkün ist Sprecher der Schule:

    " Ich weiß, dass einige schon sehr gute Angebote in der Tasche haben. Zum Beispiel gibt es jemanden der in die USA in eine sehr gute Forschungsinstitution geht. Meist laufen die Gespräche ja sowieso vorher, mittlerweile während der Arbeit hat man die Leute, die einen persönlich interessieren, vielleicht weltweit kennen gelernt, es gibt Gespräche, daraus entstehen meist Chancen für Laufbahnen oder Jobs."

    Die Ruhruniversität ist mit der International Graduate School einer der deutschen Bewerber für eine Spitzenuniversität: Insgesamt haben sich im September dieses Jahres 27 deutsche Hochschulen für die so genannte Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen beworben. Elmar Weiler, Prorektor für Strukturplanung und Finanzen an der Ruhruniversität Bochum:

    " Man geht bei einer Graduiertenschule von einer Fördersumme von einer Million Euro pro Jahr aus und das über fünf Jahre. Man rechnet bei den Exzellenclustern - das sind ja große Forschungsvorhaben pro Gebiet - mit etwa 6 bis 7 Millionen Euro pro Jahr. Die Gesamtkonzepte der Universitäten dürften über 20 Millionen Euro pro Jahr liegen."

    Die Ruhruniversität hat sich nicht nur mit der Graduiertenschule für Neurowissenschaften um Fördergelder beworben, sondern unter anderem auch mit der Plasmaforschung oder einem Projekt, das die universitäre Spitzenforschung reformieren soll. Elmar Weiler ist gleichzeitig Mitglied des Senats der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Er rechnet mit enormen Konsequenzen für die Bildungslandschaft:

    " Es werden schlagartig im Lande mehrere tausend Doktorandenstellen zu besetzen sein. Das heißt also, für gute qualifizierte, engagierte Studierende ist das ein Mekka, sich in Deutschland die besten Stellen aussuchen zu können zum Promovieren."