Karg: Mit dabei bei den gestrigen Finanzverhandlungen von CDU und SPD war Gernot Mittler, Finanzminister von Rheinland-Pfalz von der SPD, mit dem ich jetzt verbunden bin. Guten Morgen Herr Mittler.
Mittler: Guten Morgen Herr Karg.
Karg: Das Thema Finanzpolitik umfasst viele Felder. Wo sehen Sie den Hauptschwerpunkt nötiger Veränderungen?
Mittler: Ich denke nicht, dass es eine Begrenzung auf ein bestimmtes Feld geben wird, sondern die ganze Breite steht zur Disposition und steht auf dem Prüfstand was die Ausgabenseite angeht. Man wird auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass was die Einnahmenseite angeht, für weitere Steuersenkungen kein Raum ist, absolut kein Raum. Wir haben derzeit in Deutschland die niedrigste Steuerquote seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland - also damit ist gemeint das Verhältnis aller Steuereinnahmen zum Bruttoinlandsprodukt - den niedrigsten Wert seit Bestehen der Republik, übrigens auch in der Europäischen Union den niedrigsten Wert und dies noch in Ansehung der Sonderlast zur Finanzierung der deutschen Einheit von jährlich 80 bis 90 Milliarden Euro. Also ich denke, der Staat ist an die Grenzen seiner Handlungsfreiheit gekommen.
Karg: 30 Milliarden Euro, sehe ich gestern, stehen als Sparsumme im Raum. Wo sollen die denn hauptsächlich herkommen?
Mittler: Na ja, darüber wird in den nächsten Wochen zu sprechen sein. Es macht auch keinen Sinn, die Horrormeldungen 14 oder 30 oder 40 Milliarden noch zu toppen. Das macht ja alles keinen Sinn. Sondern es wird jetzt darauf ankommen, in der Arbeitsgruppe mit dem Ziel des Gelingens aufeinander zuzugehen in einer guten Atmosphäre, und die war gut gestern, gut und sachlich, zu schauen, was als Handlungsproblem, als Handlungsumfang identifiziert wird, und wie man ihm dann entsprechen kann.
Karg: Also eine konkrete Summe wollen Sie nicht nennen?
Mittler: Ich denke, das hilft ja auch zurzeit nicht weiter. Wir stehen ja auch erst am Anfang der Arbeitsgruppe und wenn wir schon alles wüssten, dann bräuchten wir uns ja nicht erneut zu treffen.
Karg: An die Eigenheimzulage will man ran. Wird das eher kürzer oder mittelfristig der Fall sein?
Mittler: Die Eigenheimzulage hat jetzt überhaupt noch keine Rolle gespielt. Aber das ist gewiss eine staatliche Subvention, eine steuerliche Subvention, über die zu sprechen sein wird. Im Übrigen wäre das, jedenfalls was die kurzfristige Haushaltswirkung angeht, ja eher von untergeordneter Bedeutung. Auf mittlerer, auf längerfristiger Sicht gesehen, ist das schon ein Brocken. Das muss man ganz deutlich sehen.
Karg: Was wäre denn von übergeordneter Bedeutung?
Mittler: Wir sprechen ja nicht zum ersten Mal über den Abbau von steuerlichen Subventionen und von Subventionen überhaupt, also von direkten Finanzhilfen. Da hat es ja in den vergangenen Jahren, auch im Zuge der Verhandlungen des Jahres 2003, eine Reihe von Erörterungen gegeben. Ich will daran erinnern, dass Finanzminister Eichel ja über die Jahre hinweg und immer wieder und in einer Art und Weise, die dem einen oder anderen ja auf den Keks gegangen ist, immer wieder deutlich gemacht hat: Wir müssen im Hinblick auf den Abbau steuerlicher Subventionen weiter vorankommen, und ich denke, viel von dem ist ja auch blockiert worden im Bundesrat. Aber dafür gibt es jetzt wohl eine neue Konstellation und das stimmt doch optimistisch.
Karg: Aber darin gibt's auch keine Prioritäten?
Mittler: Nein, wie gesagt, wir stehen erst am Anfang der Arbeit und wir sollten uns auch den Luxus gönnen, mit Ruhe und Gelassenheit, aber mit Entschlossenheit an die Lösung der Dinge heranzugehen.
Karg: Wenn es heute heißt, man will über die bekannte Koch-Steinbrück-Liste, die schon länger existiert, hinaus gehen, was heißt denn das konkret?
Mittler: Na ja, also, ob darüber hinaus geht oder nicht, in der Koch-Steinbrück-Liste sind 2003 eine Vielzahl von Steuervergünstigungen und von Subventionen identifiziert worden. Ein Teil davon hat man angepackt, dazu hat übrigens ja auch die Eigenheimzulage gehört, die ja schon ab 2004 um rund ein Drittel des ursprünglichen Volumens gekürzt worden ist. Dazu haben eine Vielzahl weiterer Vergünstigungen gehört und auch die wird man sich genau anschauen müssen.
Karg: Brauchen wir einen Nachtragshaushalt? Das ist ja auch eine Diskussion.
Mittler: Ja, das ist in erster Linie eine Rechtsfrage und das Bundesfinanzministerium sagt, für das, was in diesem Jahr an weiterer Entwicklung absehbar ist, auch bei sehr realistischer Einschätzung, brauchen wir einen solchen Nachtrag nicht. Das ist das Rechtsdatum. Daneben gibt es natürlich eine politische Betrachtung. Das wird Verhandlungsergebnis sein, oder wird am Ende der Bewertung des Ganzen stehen, ob man einen Nachtrag braucht. Aus rechtlicher Sicht wäre er jedenfalls nach der Darstellung des Bundesfinanzministeriums nicht von Nöten.
Karg: Wenn es um die Finanzpolitik geht, dann sprechen wir viel über die Ausgabenseite. Wie schaut es denn mit der Einnahmenseite aus? Sie haben sich ja in dieser Woche auch geäußert über den möglichen leichten Betrug bei der Umsatzsteuererstattung. Brauchen wir sogar eine andere Gestaltung der Finanzverfassung?
Mittler: Bei der Umsatzsteuer, da reden wir nicht über leichten Betrug, sondern da geht es richtig zur Sache. Wir haben uns ja in der Finanzministerkonferenz am Donnerstag dieser Woche recht intensiv und ausgiebig mit dem Thema befasst und wir haben ja auch ein Planspiel durchführen lassen zu einem Systemwechsel in der Umsatzsteuer, für den ich seit einigen Jahren kämpfe, den ich auch für notwendig halte, an dem auch nichts vorbei führen wird, da bin ich ganz sicher. Es geht darum, die Möglichkeiten des Umsatzsteuerbetruges wirksam einzuschränken, insbesondere für betrügerische Machenschaften, die zum Teil, wie wir sehr genau wissen, grenzüberschreitend organisiert wird, bandenmäßig organisiert wird. Und ich denke, da müssen wir die Schotten dicht machen.
Karg: Was meinen Sie, wann kann Deutschland wieder die Maastricht-Kriterien erfüllen? Das ist ja auch immer eine Zahl, ein Datum, das in der Diskussion steht.
Mittler: Diesbezüglich gibt es eine gemeinsame Einschätzung, dass dies im Jahr 2007 der Fall wird sein müssen.
Karg: Früher nicht und später hoffentlich auch nicht.
Mittler: Früher nicht, früher, das hieße im Jahr 2006. Ich kenne niemanden, der die Meinung geäußert hat, dass bereits im Jahr 2006 die Nettoneuverschuldung geringer als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes sein könnte. Im Übrigen ist das ja nicht nur ein Problem des Bundes. Das müssen wir ja sehen. Da sitzen die Länder und die Kommunen und die Sozialversicherungssysteme gemeinsam mit im Boot. Die Finanzverfassung in Deutschland betrifft nicht nur die Bundesebene, sondern da sind wir alle in der Verantwortung. Deswegen sitzen die Länder ja mit am Verhandlungstisch.
Karg: Kommen wir noch einmal ganz kurz auf die Steuern als solche zu sprechen: Sie haben es eingangs erwähnt, Senkungen werden wir nicht erwarten können. Wie schaut es mit einer Vereinfachung des Tarifsystems aus?
Mittler: Ob wir eine Vereinfachung des Tarifsystems brauchen, das weiß ich nicht. Der Tarif ist gut. Wir haben die Steuersätze in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt im Eingangsbereich, auch im Spitzensteuersatz. Da gibt es keinen weiteren Handlungsbedarf. Aber wir brauchen eine Entschlankung des Steuerrechtes insgesamt. Und ich denke, da sind beide Koalitionspartner auch übereinstimmend der gleichen Auffassung, dass dies geschehen muss.
Karg: Gernot Mittler war das, Finanzminister von Rheinland-Pfalz. Vielen Dank für das Gespräch Herr Mittler.
Mittler: Bitte sehr.
Mittler: Guten Morgen Herr Karg.
Karg: Das Thema Finanzpolitik umfasst viele Felder. Wo sehen Sie den Hauptschwerpunkt nötiger Veränderungen?
Mittler: Ich denke nicht, dass es eine Begrenzung auf ein bestimmtes Feld geben wird, sondern die ganze Breite steht zur Disposition und steht auf dem Prüfstand was die Ausgabenseite angeht. Man wird auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass was die Einnahmenseite angeht, für weitere Steuersenkungen kein Raum ist, absolut kein Raum. Wir haben derzeit in Deutschland die niedrigste Steuerquote seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland - also damit ist gemeint das Verhältnis aller Steuereinnahmen zum Bruttoinlandsprodukt - den niedrigsten Wert seit Bestehen der Republik, übrigens auch in der Europäischen Union den niedrigsten Wert und dies noch in Ansehung der Sonderlast zur Finanzierung der deutschen Einheit von jährlich 80 bis 90 Milliarden Euro. Also ich denke, der Staat ist an die Grenzen seiner Handlungsfreiheit gekommen.
Karg: 30 Milliarden Euro, sehe ich gestern, stehen als Sparsumme im Raum. Wo sollen die denn hauptsächlich herkommen?
Mittler: Na ja, darüber wird in den nächsten Wochen zu sprechen sein. Es macht auch keinen Sinn, die Horrormeldungen 14 oder 30 oder 40 Milliarden noch zu toppen. Das macht ja alles keinen Sinn. Sondern es wird jetzt darauf ankommen, in der Arbeitsgruppe mit dem Ziel des Gelingens aufeinander zuzugehen in einer guten Atmosphäre, und die war gut gestern, gut und sachlich, zu schauen, was als Handlungsproblem, als Handlungsumfang identifiziert wird, und wie man ihm dann entsprechen kann.
Karg: Also eine konkrete Summe wollen Sie nicht nennen?
Mittler: Ich denke, das hilft ja auch zurzeit nicht weiter. Wir stehen ja auch erst am Anfang der Arbeitsgruppe und wenn wir schon alles wüssten, dann bräuchten wir uns ja nicht erneut zu treffen.
Karg: An die Eigenheimzulage will man ran. Wird das eher kürzer oder mittelfristig der Fall sein?
Mittler: Die Eigenheimzulage hat jetzt überhaupt noch keine Rolle gespielt. Aber das ist gewiss eine staatliche Subvention, eine steuerliche Subvention, über die zu sprechen sein wird. Im Übrigen wäre das, jedenfalls was die kurzfristige Haushaltswirkung angeht, ja eher von untergeordneter Bedeutung. Auf mittlerer, auf längerfristiger Sicht gesehen, ist das schon ein Brocken. Das muss man ganz deutlich sehen.
Karg: Was wäre denn von übergeordneter Bedeutung?
Mittler: Wir sprechen ja nicht zum ersten Mal über den Abbau von steuerlichen Subventionen und von Subventionen überhaupt, also von direkten Finanzhilfen. Da hat es ja in den vergangenen Jahren, auch im Zuge der Verhandlungen des Jahres 2003, eine Reihe von Erörterungen gegeben. Ich will daran erinnern, dass Finanzminister Eichel ja über die Jahre hinweg und immer wieder und in einer Art und Weise, die dem einen oder anderen ja auf den Keks gegangen ist, immer wieder deutlich gemacht hat: Wir müssen im Hinblick auf den Abbau steuerlicher Subventionen weiter vorankommen, und ich denke, viel von dem ist ja auch blockiert worden im Bundesrat. Aber dafür gibt es jetzt wohl eine neue Konstellation und das stimmt doch optimistisch.
Karg: Aber darin gibt's auch keine Prioritäten?
Mittler: Nein, wie gesagt, wir stehen erst am Anfang der Arbeit und wir sollten uns auch den Luxus gönnen, mit Ruhe und Gelassenheit, aber mit Entschlossenheit an die Lösung der Dinge heranzugehen.
Karg: Wenn es heute heißt, man will über die bekannte Koch-Steinbrück-Liste, die schon länger existiert, hinaus gehen, was heißt denn das konkret?
Mittler: Na ja, also, ob darüber hinaus geht oder nicht, in der Koch-Steinbrück-Liste sind 2003 eine Vielzahl von Steuervergünstigungen und von Subventionen identifiziert worden. Ein Teil davon hat man angepackt, dazu hat übrigens ja auch die Eigenheimzulage gehört, die ja schon ab 2004 um rund ein Drittel des ursprünglichen Volumens gekürzt worden ist. Dazu haben eine Vielzahl weiterer Vergünstigungen gehört und auch die wird man sich genau anschauen müssen.
Karg: Brauchen wir einen Nachtragshaushalt? Das ist ja auch eine Diskussion.
Mittler: Ja, das ist in erster Linie eine Rechtsfrage und das Bundesfinanzministerium sagt, für das, was in diesem Jahr an weiterer Entwicklung absehbar ist, auch bei sehr realistischer Einschätzung, brauchen wir einen solchen Nachtrag nicht. Das ist das Rechtsdatum. Daneben gibt es natürlich eine politische Betrachtung. Das wird Verhandlungsergebnis sein, oder wird am Ende der Bewertung des Ganzen stehen, ob man einen Nachtrag braucht. Aus rechtlicher Sicht wäre er jedenfalls nach der Darstellung des Bundesfinanzministeriums nicht von Nöten.
Karg: Wenn es um die Finanzpolitik geht, dann sprechen wir viel über die Ausgabenseite. Wie schaut es denn mit der Einnahmenseite aus? Sie haben sich ja in dieser Woche auch geäußert über den möglichen leichten Betrug bei der Umsatzsteuererstattung. Brauchen wir sogar eine andere Gestaltung der Finanzverfassung?
Mittler: Bei der Umsatzsteuer, da reden wir nicht über leichten Betrug, sondern da geht es richtig zur Sache. Wir haben uns ja in der Finanzministerkonferenz am Donnerstag dieser Woche recht intensiv und ausgiebig mit dem Thema befasst und wir haben ja auch ein Planspiel durchführen lassen zu einem Systemwechsel in der Umsatzsteuer, für den ich seit einigen Jahren kämpfe, den ich auch für notwendig halte, an dem auch nichts vorbei führen wird, da bin ich ganz sicher. Es geht darum, die Möglichkeiten des Umsatzsteuerbetruges wirksam einzuschränken, insbesondere für betrügerische Machenschaften, die zum Teil, wie wir sehr genau wissen, grenzüberschreitend organisiert wird, bandenmäßig organisiert wird. Und ich denke, da müssen wir die Schotten dicht machen.
Karg: Was meinen Sie, wann kann Deutschland wieder die Maastricht-Kriterien erfüllen? Das ist ja auch immer eine Zahl, ein Datum, das in der Diskussion steht.
Mittler: Diesbezüglich gibt es eine gemeinsame Einschätzung, dass dies im Jahr 2007 der Fall wird sein müssen.
Karg: Früher nicht und später hoffentlich auch nicht.
Mittler: Früher nicht, früher, das hieße im Jahr 2006. Ich kenne niemanden, der die Meinung geäußert hat, dass bereits im Jahr 2006 die Nettoneuverschuldung geringer als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes sein könnte. Im Übrigen ist das ja nicht nur ein Problem des Bundes. Das müssen wir ja sehen. Da sitzen die Länder und die Kommunen und die Sozialversicherungssysteme gemeinsam mit im Boot. Die Finanzverfassung in Deutschland betrifft nicht nur die Bundesebene, sondern da sind wir alle in der Verantwortung. Deswegen sitzen die Länder ja mit am Verhandlungstisch.
Karg: Kommen wir noch einmal ganz kurz auf die Steuern als solche zu sprechen: Sie haben es eingangs erwähnt, Senkungen werden wir nicht erwarten können. Wie schaut es mit einer Vereinfachung des Tarifsystems aus?
Mittler: Ob wir eine Vereinfachung des Tarifsystems brauchen, das weiß ich nicht. Der Tarif ist gut. Wir haben die Steuersätze in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt im Eingangsbereich, auch im Spitzensteuersatz. Da gibt es keinen weiteren Handlungsbedarf. Aber wir brauchen eine Entschlankung des Steuerrechtes insgesamt. Und ich denke, da sind beide Koalitionspartner auch übereinstimmend der gleichen Auffassung, dass dies geschehen muss.
Karg: Gernot Mittler war das, Finanzminister von Rheinland-Pfalz. Vielen Dank für das Gespräch Herr Mittler.
Mittler: Bitte sehr.