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Fußball
Alternativer Verband macht DFB Konkurrenz

In Leipzig hat sich ein alternativer Fußballverband gegründet, der einen vom DFB unabhängigen Spiel- und Turnierbetrieb organisieren will. Die "Confederation of Football" beruft sich dabei auf das EU-Wettbewerbsrecht - und sieht dadurch die Monopolstellung des DFB als nicht gegeben an.

Von Thorsten Poppe | 14.09.2019
Torpfosten mit Torauslinie
Neuer Gegenwind für den DFB: Die "Confederation of Football" ist ein neuer Fußballverband, der sich als Gegenentwurf zum DFB sieht. (imago images / Revierfoto)
70.000 Amateurfußballspiele Woche für Woche, organisiert unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes DFB, der verantwortlich ist für den Spielbetrieb von der Kreisklasse bis zur 3. Liga. Mehr als 7 Millionen Mitglieder hat der größte Sportfachverband der Welt.
Doch jetzt bekommt der Verband Konkurrenz als alleiniger Verantwortlicher für den deutschen Amateurfußball. Denn letztes Jahr hat sich ausgerechnet in Leipzig – dort, wo auch der DFB im Jahr 1900 gegründet wurde – die "Confederation of Football" CoF gegründet. Sie sieht sich selber als erster eigenständiger und unabhängiger Fußballverband, der sich aktiv um die Belange der Fußballbasis kümmert, wie CoF-Präsident René Jacobi erklärt:
"Die meisten Menschen haben bei der Hoffnung auf Veränderungen im bisherigen System des DFB einfach resigniert aufgegeben. Da wir in einer Leistungsgesellschaft leben, erscheint es aus unserer Sicht auch unnatürlich, dass ausgerechnet Sportverbände, welche Leistungen im sportlichen Bereich fördern sollen, selbst vollkommen konkurrenzlos agieren können. Zum ersten Mal wollen wir damit einen tatsächlichen Wettbewerb auf Verbandsebene schaffen, wie er in anderen Lebensbereichen bereits seit Jahren vollkommen üblich ist."
Fußballverband der Stadt Leipzig reagiert auf Konkurrenzsituation
Der Fußballverband der Stadt Leipzig (FVSL) ist dort bisher für den organisierten Fußball unter dem Dach des DFB zuständig, und hat schon auf diese neue Konkurrenzsituation reagiert. In einem Rundschreiben weist er alle Mannschaften, die bei ihm und damit eben im DFB gemeldet sind, darauf hin, dass eine Teilnahme an alternativen Spielbetrieben genehmigungspflichtig sei. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, das dem Deutschlandfunk vorliegt:
"Die Teilnahme von Spielern, Schiedsrichtern oder Trainern von Mitgliedsvereinen an Spielen, die außerhalb des vom DFB einschl. FVSL organisierten Spielbetrieben, hierzu zählen u.a. auch Freundschaftsspiele oder diverse Turniere, stattfinden sollen, bedürfen der Genehmigung des FVSL."
Wer sich diese offizielle Genehmigung nicht einholt, muss laut dem Fußballverband der Stadt Leipzig mit einem Sportgerichtsverfahren rechnen. Das betrifft zurzeit 18.500 Mitglieder in über 80 Vereinen. Gegenüber dem Deutschlandfunk will sich dazu vom Fußballverband der Stadt Leipzig niemand äußern. Auch unsere Anfrage an den DFB bleibt unbeantwortet. Mehrere Verbände sind in anderen Sportarten keine Seltenheit. Im Boxen kann man in vier verschiedenen Verbänden Weltmeistergürtel erringen. Im Fußball ist das aber etwas Neues. Trotzdem hält der alternative Fußballverband CoF die monopolistische Struktur des deutschen Fußballs für einen Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht.
Diese Einschätzung wird unterstützt von einem Beschluss der Europäischen Kommission gegen die Internationale Eislauf-Union (ISU). Der Sportverband hatte harte Sanktionen für den Fall angekündigt, falls Sportler an nicht von der ISU genehmigten Eisschnelllauf-Wettkämpfen teilnehmen. Da diese Sanktionen jedoch gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstießen, musste die Internationale Eislauf-Union sie zurücknehmen. Die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte damals dazu:
"Die harten Sanktionen, die die Internationale Eislaufunion gegen Eisläufer verhängt, dienen jedoch auch dazu, ihre eigenen geschäftlichen Interessen zu schützen und andere daran zu hindern, eigene Veranstaltungen zu organisieren. Die ISU muss nun unserem Beschluss nachkommen, und Sportlern und konkurrierenden Veranstaltern im Interesse aller Eislauffans neue Möglichkeiten eröffnen."
Der Weg wird lang und steinig sein
Der Deutschlandfunk hatte bereits 2017 über die Auswirkungen dieses EU-Beschlusses berichtet. Schon damals waren Kartellrechtler der Ansicht, dass diese Entscheidung die Möglichkeit von Klubs im Fußball fördere, eigene Ligen außerhalb der Sportverbände zu gründen. Auch auf der Webseite des alternativen Fußballverbandes CoF wird dieser Beschluss dokumentiert.
Selbst wenn es auf dieser Basis letztendlich rechtlich zulässig sein würde die CoF zu betreiben, wird der Weg lang und steinig sein, um überhaupt ein ernst zu nehmender Konkurrent für den DFB zu mindestens auf regionaler Ebene werden zu können. Bisher hat die CoF dafür auch erst 35 Mitglieder gewinnen können. Rene Jacobi wirbt vor allem mit verschlankten Strukturen um die Gunst der Vereine: "So lautet unser Credo, dass jede Minute, in der jemand in einem Verein, oder in unserer Organisation mit Verwaltungsarbeit beschäftigt ist, eine Minute ist, in der die eigentliche Arbeit an der Basis nicht durchgeführt werden kann."
Ein Verbände-Wettstreit würde den Amateurfußball grundlegend verändern. Die Vereine könnten sich für ein Liga-System entscheiden. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg.