Donnerstag, 28. März 2024

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Fußball-Bundesliga
Diskussion um die Impfquote

Anfang der Bundesligasaison ist es zu mehreren Coronafällen bei Profi-Clubs gekommen. Das hat die Diskussion um die Impfquote der Bundesliga befeuert. Denn in der Altersspanne der Profis ist die Infektionsrate gerade bei Ungeimpften hoch. Andere Profi-Ligen reagieren deshalb mit strengen Maßnahmen.

Von Thorsten Poppe | 12.09.2021
Leipzigs Fußball-Profi Willi Orban (rechts) kontrolliert den Ball vor den Mainzern Jae-Sung Lee und Paul Nebel.
Die Quarantänefälle in Mainz haben für Aufsehen gesorgt (Torsten Silz/dpa)
"Es gibt immer unterschiedliche Meinungen. Aber ich finde mit einem klaren Menschenverstand und mit der Verantwortung, die man hat, gegenüber anderen und sich selber, kann es eigentlich nur eine Entscheidung geben!"
Der Trainer des SC Freiburg, Christian Streich, spricht sich Anfang der Bundesligasaison für eine Corona-Impfung aus.
Sinsheim, Germany 15.09.2019, 1.Bundesliga, TSG 1899 Hoffenheim vs. SC Freiburg, 4.Spieltag, Trainer Christian Streich (SCF) Schaut, looks on, ( Sinsheim ProZero Arena Baden Wuerttemberg Germany eu-images-09-541-026326 *** Sinsheim, Germany 15 09 2019, 1 Bundesliga, TSG 1899 Hoffenheim vs SC Freiburg, 4 Matchday, Coach Christian Streich SCF Schaut, looks on, Sinsheim ProZero Arena Baden Wuerttemberg Germany eu images 09 541 026326 eu-images-541 DFL REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS AS IMAGE SEQUENCES AND/OR QUASI-VIDEO.
Freiburgs Trainer Christian Streich (Imago)
Denn zum Saisonauftakt kocht die Diskussion um die Impfquote in der Bundesliga hoch, weil bei Mainz 05 durch drei positive Spieler acht weitere vom Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt werden. Somit steht den 05-ern eine ganze Elf nicht zur Verfügung. Was umso so gravierender ist, weil in der Regel vollständig Geimpfte eben nicht in Quarantäne müssen.

"Am Ende ist es eine freie Entscheidung"

Für die Clubs ein schwieriges Terrain: Einerseits ist die Impfung auch im Profi-Fußball freiwillig, andererseits haben sie ein Interesse daran, den Spielbetrieb und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Dies wäre nur mit einer hohen bzw. vollständigen Impfquote unter den Spielern gegeben.
"Fakt ist: Wir sensibilisieren die Spieler, wie wichtig es sein kann, für den Verein, auch für die Mannschaft, sich impfen zu lassen. Aber am Ende ist es eine freie Entscheidung die jeder Spieler treffen darf",
erklärt der Trainer des VfB Stuttgart, Pellegrino Matarazzo. Bei den Schwaben sind diese Saison ebenfalls schon mehrere Spieler wegen einer Corona-Erkrankung ausgefallen.
Stuttgarts Trainer Pellegrino Matarazzo (M) und Stuttgarts Holger Badstuber feiern nach Spielende den Aufstieg. 
Stuttgarts Trainer Pellegrino Matarazzo (Tom Weller/dpa)

Nur Augsburg und Köln offiziell durchgeimpft

Während die Clubs bei den Zuschauern immer mehr auf die so genannten 2-G-Regeln setzen, und nur noch Geimpfte und Genesene in die Stadien lassen wollen, stellt sich die Situation bei den Profis anders dar. Deshalb wird Kritik laut, dass es bei den Clubs eine Diskrepanz zwischen dem Anspruch an Fans und eigene Spieler gebe.
Auch weil sich viele Bundesligisten zum Impfstatus ihrer Kader bedeckt halten. Bisher ist lediglich vom FC Augsburg und dem 1. FC Köln bekannt, dass sie komplett durchgeimpft sind. In der 2. Bundesliga gilt das noch für Holstein Kiel und den Karlsruher SC.
Dabei gäbe es Erleichterungen für die Profis, wenn es nach dem DFL-Hygienekonzept geht, macht Prof. Tim Meyer im Gespräch mit dem Deutschlandfunk klar. Er ist der Teamarzt der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft und hat maßgeblich an dem Konzept mitgewirkt:
"Die Geimpften unterliegen nicht mehr der regelmäßigen Testung, die ja Kennzeichen war unseres Konzeptes in den vergangenen anderthalb Saisons. Und nur noch die Ungeimpften müssen sich noch regelmäßig testen lassen, das heißt wir haben hier schon eine sehr deutliche Anpassung vorgenommen, um den Impfstatus mit aufzunehmen."
Wie sensibel das Thema "Impfen" in der Bundesliga ist, hat zudem ein Rundschreiben der DFL kürzlich deutlich gemacht. Mehrere Medien berichten, dass Geschäftsführer Christian Seifert darin an alle 36 Lizenzvereine appelliert, "die Leistungsfähigkeit der Klubs als Arbeitgeber nicht zu gefährden und negativem Einfluss auf den sportlichen Wettbewerb vorzubeugen".
Tim Meyer, Sportmediziner, lächelt in die Kamera.
DFB-Chefmediziner Tim Meyer (picture alliance/dpa | Oliver Dietze)

Werbe-Kampagne für Impfung

Da die Spieler das wirtschaftliche Kapital der Clubs sind, schwingt hier die Befürchtung mit, dass durch zu wenige Impfungen bei den Profis wirtschaftliche und sportliche Ziele gefährdet werden könnten. Eine Impfpflicht in der Bundesliga soll aber daraus nicht resultieren. Die hält Sportmediziner Meyer zwar generell bei den privatwirtschaftlich organisierten Clubs als Arbeitgeber für möglich, aber:
"Ob das opportun ist bei der Prominenz der Bundesliga in diesem Land, sich dort ganz unterschiedlich zu verhalten von der generellen politischen Linie, das steht auf einem anderen Blatt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dort zusätzlich noch einen draufsetzen würde als Privatbetrieb, als Bundesligaclub."
Der DFB geht dafür einen anderen Weg, und wirbt seit kurzem in der Kampagne "Schiri, ich hab´ schon Gelb" für die Corona-Impfung. Damit sich mehr Fußballer vor allem aus dem Amateur-, aber auch dem Profibereich impfen lassen. Und damit weiter Training und Spiele stattfinden könnten.

"Angst vor Nebenwirkungen"

Dennoch wird an der Diskussion über die Impfquote in der Bundesliga deutlich, dass der Informationsbedarf weiter hoch ist. Gerade am Anfang der Spielzeit im professionellen Fußball sei das der Fall gewesen:
"Vor der Saison haben sich in der Tat mehrere Spieler bei uns gemeldet, die Angst vor Nebenwirkungen einer Impfung hatten. Diese Spieler haben sich bei uns auch über die arbeitsrechtlichen Bestimmungen informiert",
erklärt Ulf Baranowsky von der Spielergewerkschaft VDV gegenüber dem Deutschlandfunk. Er betont aber auch, dass die aktuellen Fälle bei Mainz 05 und anderen Clubs durchaus eine Wirkung entfaltet hätten:
Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Vereinigung der Vertragsfußballer (VDV
Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VDV (dpa / Jürgen Fromme / firo Sportphoto/VDV)
"Mittlerweile hat sich die Situation nach unserer Wahrnehmung aber schon deutlich entspannt. Insbesondere die Quarantänefälle in Mainz haben wohl für einen zusätzlichen Impfimpuls gesorgt."
Deshalb sind bisher hierzulande auch keine härteren Maßnahmen wie in der National Football League NFL im Gespräch. Dort wird ein Spiel automatisch für den Gegner gewertet, wenn eine Mannschaft wegen eines Corona-Ausbruchs nicht antreten kann.