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Fußball in Italien
Serie A im Wartemodus

Der finanzielle Druck in Italiens Fußball den Spielbetrieb mittels Geisterspielen wiederaufzunehmen, ist groß. Eigentlich wollte man schon längst zurück im Mannschaftstraining sein. Doch die Maschinerie kommt nur stockend ins Laufen. Neidisch schaut man derweil auf das Modell Bundesliga.

Von Tom Mustroph |
    Leere Ränge bei einem Heimspiel von US Palermo
    Die Serie A muss sich mit der Aufnahme des Spielbetriebs noch gedulden. Immer wieder gab es Rückschläge. (www.imago-images.de)
    Mitte der Woche am Trainingszentrum von Juventus Turin: Fans begrüßen die Spieler von Juve. Manchen haben Masken mit dem Juventus-Emblem aufgesetzt. Andere lassen ihre Münder frei. Auch bei den Profis ist das Verhalten unterschiedlich. Außenstürmer Juan Cuadrado trägt die Maske sogar im Auto. Torwartlegende Gianluigi Buffon nicht. Ebensowenig Trainer Maurizio Sarri.
    Beim Training hatte der Coach aber eine Maske, wie Videoaufnahmen des Klubs zeigen. Das ist die neue Normalität in Italiens Fußball. Mannschaftstraining ist offiziell erlaubt seit dieser Woche.
    "Es beginnt wieder das Mannschaftstraining, damit auch der Fußball", hatte Premierminister Giuseppe Conte auf seiner historischen Lockerungs-Pressekonferenz verkündet - und die Rückkehr ins Training bereits für den 18. Mai erlaubt, also dem vergangenen Montag.
    Das Seltsame: Die Regierung gab grünes Licht. Aber nur ein Klub trainierte wirklich. Der FC Parma hatte sich in seinem Trainingszentrum verschanzt und begann mit kollektiven Übungen. Die anderen Klubs zögerten noch. Manche hatten nicht rechtzeitig mit den Tests begonnen. Der SSC Neapel musste feststellen, dass das Hotel gleich neben dem Trainingszentrum, in dem die Spieler untergebracht werden sollten, wegen Kurzarbeit der Angestellten geschlossen war.
    Kein Trainingslager also. Stattdessen individuelles Athletiktraining. Auch in Kleingruppen wurde trainiert, wie bei Juventus etwa. Aber statt des klatschenden Ballgeräuschs hat es auf vielen Trainingsplätzen vor allem Vogelgezwitscher gegeben, wie hier beim AC Mailand.
    33D-Modell des Coronavirus SARS-CoV2
    Alle Beiträge zum Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
    Jeder Klub gestaltete die Rückkehr in Eigenregie. Hintergrund: Vereine, Verband und Politik hatten sich nicht rechtzeitig auf das offizielle Protokoll zur Wiederaufnahme des Mannschaftstrainings einigen können. Erst am Freitagnachmittag, am 22. Mai, verkündet Sportminister Vincenzo Spadafora im italienischen Fernsehen:
    "Vor wenigen Minuten haben wir endlich das offizielle Protokoll verabschiedet, das es den Klubs, dem Verband und der Serie A ermöglicht, das Training wieder aufzunehmen. Das wurde gerade veröffentlicht."
    Bewunderung für die "Lokomotive Bundesliga"
    Das Dokument umfasst 14 Seiten und legt die Hygienemaßnahmen in den Trainingszentren fest. Neu ist, dass die Spieler nicht in wochenlange Isolation müssen, wie ursprünglich vorgesehen. Sie können nach dem Training jetzt nach Hause. Modell Bundesliga also. Sie wird in Italien als Lokomotive bewundert, an die sich andere Ligen anhängen können.
    Nun soll es auch schneller gehen bei der Serie A. Es gibt eine erste Planungsskizze für die Rückkehr in den Spielbetrieb. Sportminister Spadafora am gestrigen Freitag: "Die andere wichtige Neuigkeit dieser Minuten ist, dass ich verstanden habe, am Montag, den 25. Mai vom Fußballverband das Protokoll für den Wiederbeginn der Meisterschaft erhalte."
    Ein Kameramann trägt im Stadion hinter seiner Fernsehkamera eine Mund-Nasen-Maske.
    Bundesliga - America is watching you
    Der Neustart der Fußball-Bundesliga stößt auch in den USA auf Interesse. Dort pausieren die großen Ligen, wie die Basketball-Liga NBA oder die Eishockey-Liga NHL. Doch auch sie wollen ihren Spielbetrieb nach Möglichkeit fortsetzen – und gucken deshalb derzeit nach Deutschland.
    Dieses Protokoll soll 36 Seiten stark sein. Die römische Tageszeitung "Il Messaggero" hat einige Details publiziert. Demnach dürfen sich maximal 300 Personen zeitgleich im Stadion aufhalten. Mannschaftsfotos und Einlaufkinder gibt es nicht mehr. Die Spieler sind aufgefordert, mindestens einen Meter Sicherheitsabstand zu den Schiedsrichtern zu bewahren. Als Anstoßzeiten werden 16.30 Uhr am Wochenende und 18.45 Uhr und 21 Uhr für die Mittwochspiele genannt.
    Es sickerte auch durch, dass bei einem neuerlichen positiven Test nur der betreffende Spieler sowie die unmittelbaren Kontaktpersonen in Quarantäne müssen. Der Rest der Mannschaft wird ebenfalls isoliert, kann aber weitertrainieren.
    Für den Profifußball soll das Virus schnell seine Inkubationszeit verringen
    Und wenn es dort keine positiven Fälle gibt, sind nach nur sieben Tagen auch wieder Außenkontakte möglich.
    Das heißt, die Pause im Spielbetrieb würde für das entsprechende Team nur eine Woche dauern - statt der bislang üblichen zwei Wochen, die nach bisherigen medizinischen Erkenntnissen auch angemessen sind.
    Die Entscheidung über dieses Maßnahmepaket will Sportminister Spadafora Ende der nächsten Woche treffen. "Nächsten Donnerstag sind wir in der Lage, alle notwendigen Informationen zu haben über die Entwicklung der Pandemie, um in der Regierung entscheiden zu können, ob und wann die Meistersachaft wieder beginnen kann. Der 28. Mai ist das Datum, an dem wir die Entscheidung treffen."
    Als früheste neue Spieltermine gelten der 13. und der 20. Juni. Bis zum 20. August soll die Saison gehen. Sollten neue positive Fälle diese Pläne zur Makulatur machen, gibt es auch die Option von Playoffs. Festgezurrt ist hier aber noch nichts.
    Vor allzu strikten Zeitplänen sollte Italiens Fußballmanager auch die Erfahrung des Krankheitsverlaufs von Juventus-Star Paulo Dybala abhalten. Ende März wurde COVID-19 bei dem Argentinier diagnostiziert.
    "Ich hatte einige stärkere Symptome. Ich wurde sehr schnell müde, mir fehlte die Luft schon nach fünf bis zehn Minuten. Da hat der Körper nicht gut funktioniert", blickte Dybala vor den Mikrofonen von beIN Sports auf diese Zeit zurück
    Er war einer von drei Juventus-Profis, der sich mit dem Virus infiziert hatte. Bei ihm hat die Krankheit lange 46 Tage gedauert. Auf zwei positive Tests folgte ein negativer. Dann der Rückfall, erneut positiv.
    Insgesamt 21 Profis aus sieben unterschiedlichen Vereinen der Serie A sind bisher an Covid-19 erkrankt. Die meisten haben sich während des Lockdowns infiziert. Das zeigt, wie schwer es dem Sport fällt, das Virus zu beherrschen.