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Gabriel vor der UN-Versammlung
Kontrastprogramm zur Trump-Rede

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel warb vor den Vereinten Nationen für mehr internationale Zusammenarbeit. Am Ende gewinne keine Nation, wenn alle nur versuchten, ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Das Iran-Abkommen verteidigte Gabriel vehement: Deutschland werde an einer strikten Umsetzung und Erhaltung des Abkommens arbeiten.

Von Klaus Remme | 22.09.2017
    Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht am 21.09.2017 bei der 72. UN-Vollversammlung in New York (USA). Außenminister Gabriel trifft am Rande seines zweitägigen Besuchs der Generalversammlung der Vereinten Nationen zahlreiche internationale Politiker. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa | Verwendung weltweit
    Bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung kritisierte Außenminister Sigmar Gabriel die Politik des amerikanische Präsidenten (dpa)
    Es liegt nahe, die Rede des deutschen Vizekanzlers - in dieser offiziellen Funktion sprach Sigmar Gabriel - als Kontrastprogramm zur Rede Donald Trumps zu lesen. Schon bevor Gabriel ans Rednerpult trat, hatte er gegenüber Journalisten beschrieben, wie schmal der transatlantische Wertekonsens zwischen den Regierungen geworden ist. Diesen Konsens als "westliche Werte" zu umschreiben, ist inzwischen nicht mehr möglich:
    "Die Zusammenarbeit ist deshalb schwierig, weil die ganze Idee des Westens ja keine geografische Idee ist, sondern eine politische und die lautet: Die Stärke des Rechts soll das Recht des Stärkeren ersetzen. Das ist das Gegenteil von America First."
    "Nationaler Egoismus taugt nicht als Ordnungsinstrument"
    Sigmar Gabriel sprach gut 20 Minuten vor den Delegierten der Vollversammlung und kam gleich zur Sache:
    "Der Ton der internationalen Konfrontation, er scheint von Tag zu Tag und von Rede zu Rede härter, unversöhnlicher und manchmal auch kriegerischer zu werden."
    Als Grundlage seiner Sicht der Dinge bezog sich Gabriel auf den Bericht der UN Nord-Süd-Kommission in den 70er-Jahren. Selbstverständlich rief er den damaligen Kommissionsvorsitzenden, Willy Brandt, in Erinnerung und dessen Plädoyer, den Kampf gegen Hunger und Armut als Friedensarbeit zu begreifen. Nationaler Egoismus taugt nicht als Ordnungsinstrument für unsere Welt, rief Gabriel und musste keinen Namen nennen, alle wussten, in welche Richtung diese Kritik ging. Dennoch verstärkte Gabriel wenige Sätze später noch einmal:
    "Das Motto unser Land zuerst führt nur zu mehr Konfrontationen und zu weniger Wohlstand. Am Ende gibt es nur Verlierer."
    Umsetzung und Erhaltung des Iran-Abkommens
    Das Iran-Abkommen verteidigte Gabriel vehement, ein weiteres strittiges Thema im Verhältnis zu Washington. Deutschland werde an einer strikten Umsetzung und Erhaltung des Abkommens arbeiten, versicherte er, schon vorher hatte er im Falle eines Scheiterns vor verheerenden Folgewirkungen auf Nordkorea gewarnt:
    "Hier geht es nicht nur um den Iran, es geht um die Glaubwürdigkeit der internationalen Gemeinschaft. Denn welcher Staat sollte von einem eigenen Atomprogramm zum Bau nuklearer Waffen Abstand nehmen, wenn sich zeigt, dass einmal ausgehandelte Vereinbarungen keinen Bestand haben und Vertrauen in Abmachungen mit der internationalen Staatengemeinschaft das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen."
    Deutsch-amerikanischer Dissens
    Reden von amerikanischen Präsidenten sind immer wichtig und interessant, leitete Gabriel eine Redepassage ein, um dann John F. Kennedy zu zitieren. Der deutsche Außenminister kritisierte die weltweiten Rüstungsausgaben und zog wieder den genannten UN Bericht von vor 40 Jahren heran:
    "Die Militärausgaben eines halben Tages hätten damals ausgereicht, um die gesamte Malariabekämpfung zu finanzieren. Ich vermute, heute wäre dafür nicht mal mehr ein halber Tag nötig."
    Am Ende der Rede noch einmal deutsch-amerikanischer Dissens. Wie Trump befasste sich auch Gabriel mit notwendigen Reformen der Vereinten Nationen. Die Kritik an der Zusammensetzung des Sicherheitsrats ist nicht neu, sie wird aber dadurch auch nicht falsch. Deutschland bewirbt sich um einen nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat für die Jahre 2019 und 2020, das Projekt ständiger Sitz bleibt auf der Tagesordnung. Anders als Donald Trump will Deutschland bei den UN aber nicht in erster Linie einsparen. Im Gegenteil, so Gabriel, die Vereinten Nationen werden eher mehr Geld brauchen. Deutschland jedenfalls stehe zu seiner finanziellen Unterstützung.