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Gamescom 2019
Trends bei Computerspielen

Früher waren sie nur etwas für Nerds - heute sind Computerspiele massentauglich und ein Milliardengeschäft. Womit die Branche die Gamer künftig beglücken und an die Bildschirme fesseln will, ist aktuell auf der Gamescom zu sehen, der weltweit größten Messe für Computerspiele in Köln. Ein Rundgang.

Von Maximilian Schönherr | 20.08.2019
20.08.2019, Nordrhein-Westfalen, Köln: Figuren aus verschiedenen Computerspielen werden von Darstellern auf der Gamescom am Eingang gezeigt. Die Computerspiele-Messe Gamescom findet vom 20.08. bis 24.08.2019 in Köln statt. Foto: Oliver Berg/dpa | Verwendung weltweit
Die Computerspiele-Messe Gamescom findet in Köln statt - 2019 vom 20. bis 24. August (dpa)
Arndt Reuning: Heute morgen begann die weltgrößte Computerspielemesse, und zwar in Köln – die Gamescom. Sie gilt nicht nur als Gradmesser für eine inzwischen Milliarden Euro große Industrie, sondern auch für den Stand der Technik. Maximilian Schönherr, Sie waren heute auf der Gamescom. Ihre ersten Eindrücke?
Maximilian Schönherr: Heute morgen fiel bei der Eröffnungsveranstaltung auf, dass neben der Digitalisierungsbeauftragten Dorothee Bär auch der Bundesverkehrsminister da war, Andreas Scheuer von der CSU. Scheuer erntete Applaus, als er eine Förderung der deutschen Computerspielebranche mit 50 Millionen Euro in Aussicht stellte. Das ist allerdings noch völlig ungesichert. Dorothee Bär meinte, die Förderung müsse zukunftssicher sein, dürfe also nicht jedes Jahr neu verhandelt werden.
Ein erfolgreiches Spiel aus Gütersloh namens 'Port Royale' profitiert immerhin schon von den bisherigen Fördermitteln. Von den Entwicklern war zu hören, dass es ohne Förderung nicht geht, denn die Produktion in Deutschland sei im internationalen Vergleich zu teuer - vor allem mit Blick auf England und Frankreich.

'Port Royale 4' wird demnächst [*] auf den Markt kommen. Es handelt sich um eine Wirtschaftssimulation mit Piratenschiffen und viel Wasser. Die Physik und Bildberechnung, die dahinter steckt, beruht auf einer hauseigenen Game Engine.
Reuning: Game Engine - Maschine oder Motor also: Was ist das genau?

Schönherr: Die Game Engine treibt das Spiel an. Sie ist eng verzahnt mit der Grafikkarte, die die Visualisierung in der Spielekonsole oder dem PC oder dem Smartphone erledigt.
Reuning: Und Sie betonen, dass diese Firma aus Gütersloh eine eigene Game Engine entwickelt hat. Ist das nicht generell so, dass ein Anbieter eine eigene Engine nutzt und auch absichert gegenüber der Konkurrenz?
Schönherr: So war das früher. Inzwischen haben sich aber Industriestandards herauskristallisiert, vor allem Unity und Unreal, mit denen die Mehrzahl der Spiele programmiert werden.
Spielkonsolen überleben dank Grafikpower
Reuning: Vor ein paar Jahren glaubte man noch, Spiele-Apps auf dem Smartphone oder auch auf dem Tablet würden die Konsolenspiele ablösen. Zumindest galten die als wichtige Konkurrenz. Hat sich diese Prognose erfüllt?
Schönherr: Nein. Die Konsolen wie Xbox und Playstation sind mit ihrer Grafikpower nicht wegzudenken. Ich habe heute eine Kugel mit zwei Metern Durchmesser gesehen, in die zwei Leute reinpassen. Quasi ein Flugsimulator, der durch Drehung und Neigung das Gefühl von Beschleunigung vermittelt. Um die Landschaft im Inneren der Kapsel verzögerungsfrei zu sehen, braucht es die Rechenpower einer Spielekonsole.
Eines der technisch beeindruckendsten neuen Spiele wird auf beiden großen Konsolenplattformen und auf PC erscheinen, nicht aber auf dem Smartphone: 'Need for Speed Heat'. Auf dem Smartphone aber kann man sich schon jetzt, vor dem Veröffentlichungsdatum des Spiels im November, mit einer App sein Auto zusammenbauen: Spoiler, Lack, Reifen, Innenaustattung. Der so vorkonfigurierte Rennwagen kann dann direkt ins große Spiel einfahren.
Hochkomplexe Grafiken: Doppelt so viele Bildwechel wie beim Film
Reuning: Was ist bei 'Need for Speed' technisch so beeindruckend? Das ist doch immer noch nur ein Autorennspiel?

Schönherr: Der technische Fortschritt besteht darin, dass die neue Version in der Nacht und in den Dämmerungsstunden passiert. Das ist vom Rendern, also vom Berechnen der Einzelbilder, her anspruchsvoll. Ich habe so etwas noch nicht gesehen: Sehr niedrige Kamerapositionen mit Pfützen, die die diffusen Lampen spiegeln - während sich die Wagen bewegen. Die Dämmerung ist mit ihrer Mischung aus diffusen Lichtanteilen und sehr entsättigten Farben, aber starken Spiegelungen hochkomplex. Ich habe vor 13 Jahren den damaligen Pixar-Chef John Lasseter gefragt, was die schwierigsten Szenen in 'Cars' waren? Und er sagte: Die Fahrten auf der Autobahn in den Dämmerungsstunden.
Reuning: Damit solche visuellen Effekte zur Geltung kommen, muss auch die Auflösung stimmen. Mit welcher Auflösung arbeiten denn die Computerspiele der nächsten Generation?
Schönherr: Mit 4k bei 60 Einzelbildern pro Sekunde. Film und Fernsehen haben weniger als halb so viele Bildwechsel.
Reuning: Wozu diese relativ hohe Wechselfrequenz?

Schönherr: Weil bei Spielen so viel Action stattfindet. Wenn ein Raumschiff Laserstrahlen auf ein gegnerisches Schiff abfeuert und dabei mit nahe Lichtgeschwindigkeit fliegt, würde der Gamer ein Rucken verspüren, die Spielehandlung wäre nicht mehr flüssig. Deswegen 60 Frames pro Sekunde.
[*] Anm. der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Beitrags wurde eine falsche Zeitangabe gemacht. Wir haben das hier korrigiert.