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Gang-Beerdigungen in Irland
Mit Rolex und Rolls Royce ins Grab

Im irischen Dublin machen kriminelle Gangs den Menschen zu schaffen. Diese Gangs nutzen jede Chance für Machtdemonstrationen - etwa wenn ein führendes Gangmitglied zu Grabe getragen wird. Dann wird die Kirche zur Bühne. Dagegen hat sich der Erzbischof von Dublin ausgesprochen.

Von Ada von der Decken |
Trauermarsch mit Pferdekutsche durch Neapel für die verstorbene Witwe Amalia Stolder des Camorra-Bosses Carmine Giuliano am 30. März 2011
Egal ob in Irland oder wie hier in Italien: Mit Begräbnissen wie diesem in Neapel wollen Clans ihre Macht demonstrieren - Limousine oder Pferdekutsche, Hauptsache protzig. (imago/Milestone Media Naples)
In Dublin kämpfen verschiedene Banden um Einfluss im Drogengeschäft. Es geht auch um Waffenhandel, Prostitution und Raubüberfälle. Die Liste ist lang, warum rivalisierende Gangs in der irischen Hauptstadt aneinander geraten.
Solche Kämpfe enden regelmäßig tödlich: Wenn ein junges Gangmitglied erschossen wird, nimmt die Öffentlichkeit kaum davon Notiz, dann bleibt es bei einer Meldung in der Zeitung.
Limousinen und Blumenkränze
Wenn allerdings ein ranghohes Bandenmitglied im Kugelfeuer sein Leben verliert, nutzt die Gang die Beerdigung gerne für eine Machtdemonstration, berichtet Conor Lally am Telefon. Er ist Reporter der Irish Times in Dublin:
"Einige dieser Beerdigungen sind ziemlich pompös. Da wird der gesamte Reichtum gezeigt. Die Familie und die anderen Gangmitglieder werden mit teuren Limousinen von der Kirche zum Friedhof chauffiert. Diese stehen dann in einer langen Schlange aufgereiht. Die Blumenkränze sind gestaltet in der Form des Rolex-Logos oder in der Form teurer Designermarken, etwa Alexander McQueen oder Hugo Boss."
Bei einer Beerdigung erschienen zwei Dutzend Männer in exakt den gleichen Anzügen. Wie eine Uniform. Pferdekutschen transportierten Blumengestecke durch die Straßen. Wie in einer Prozession. Allerlei Habseligkeiten des Verstorbenen wurden zum Altar gebracht - mit einem ferngesteuerten Auto.
Beerdigung als Botschaft
Die Polizei muss für solche Show-Beerdigungen ganze Straßenzüge sperren, um die Anfahrt der Edel-Karossen zu regeln. Conor Lally hat einige solcher Begräbnisse gesehen. Diese Shows der Kriminellen stoßen auch in katholischen Kirchen auf Unverständnis:
"Hier geht es nicht um die Religion, das ist jedem klar. Hier wird die Beerdigung als Bühne genutzt, um zu zeigen, wie reich man vor allem mit Drogenhandel werden kann. Es soll die klare Botschaft an rivalisierende Gangs gesendet werden: Wir sind immer noch da und immer noch mächtig, auch wenn einer von uns erschossen wurde."
Der irische Erzbischof Diarmuid Martin
Er hat ein Machtwort gesprochen: Erzbischof Diarmuid Martin aus Dublin (www.imago-images.de)
Wenn die Kirche von Kriminellen als Bühne genutzt wird, bringt das Gemeindepriester in eine missliche Lage: Am Ende müssen und möchten sie jedem ein kirchliches Begräbnis ermöglichen, und Angehörige sollten die Trauerfeier nach eigenen Wünschen gestalten können. Doch die immer mehr ausufernden Show-Begräbnisse sind unangemessen, findet Erzbischof Diarmuid Martin. Er erhob im Frühsommer das Wort gegen die protzige Pracht am Grab. In der Fernsehsendung RTÉ News sprach er sich gegen die Praxis aus:
"Wir müssen aufpassen, dass diese Beerdigungen nicht instrumentalisiert werden, um aus diesen Leuten Helden zu machen. Wir richten gerne eine würdevolle, einfache Beerdigung aus, nicht aber solchen Showbegräbnisse. Wer so etwas will, soll woanders hingehen."
Priester unter Druck
Diese Richtungsentscheidung des Erzbischofs umzusetzen, wird für Gemeindepriester nicht einfach sein. So werden Priester niedergebrüllt, wenn sie während eines Trauer-Gottesdiensts eine Karriere als Drogendealer als einen fatalen Lebensfehler bezeichnen. Da kann schon mal das Auto eines Priesters in Flammen aufgehen. Der Erzbischof weiß um diese Herausforderung für seine Priester:
"Wenn Priester unter Druck gesetzt werden, dann halten wir als gesamte Kirche dagegen. Also wenn hier irgendjemand eingeschüchtert werden soll, lautet die Antwort: Nein!"
Die Marschrichtung der katholischen Kirche in Irland ist somit klar. Aber Conor Lally, der Reporter in Dublin, ist skeptisch, dass die Priester dem Druck der Gangs gewachsen sein werden:
"Für den Erzbischof ist das einfach, sich dagegen auszusprechen. Am Ende kommt es auf die Priester vor Ort an, die mit der Familie reden werden müssen. Und als Priester ist man längst noch nicht vor diesen Gangs sicher."
Die neue Regel, dass irische Begräbnisse keine Machtdemonstrationen der Drogengangs sein dürfen, musste bislang noch nicht angewendet werden. Die Bewährungsprobe wird kommen, wenn ein weiterer Anführer aus dem organisierten Verbrechen eines natürlichen Todes stirbt oder umgebracht wird und von einem katholischen Priester pompös zu Grabe getragen werden soll.