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Geburtshilfe
Umstrittenes Medikament Cytotec

Eigentlich ist es ein Magenmedikament, doch Cytotec wird auch in der Geburtshilfe zu Einleitung von Wehen angewendet. Hier soll es Komplikationen verursacht haben. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe verteidigt den Einsatz des Wirkstoffs.

Michael Abou-Dakn im Gespräch mit Carsten Schroeder |
Eine im neunten Monat schwangere Person wird untersucht
Cytotec steht in der Kritik, Geburtskomplikationen zu verursachen - zu Unrecht, findet Gynäkologe Michael Abou-Dakn (picture alliance / imageBROKER)
Das Medikament Cytotec ist als Magenschutzmittel zugelassen, wird jedoch wegen seiner Wirkung auf die Muskulatur auch in der Gynäkologie zur Einleitung von Wehen verwendet. Dabei soll es nach Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" und des Bayerischen Rundfunks jedoch zu lebensgefährlichen Komplikationen gekommen sein.
Wie häufig wird Cytotec zur Einleitung von Wehen in deutschen Kliniken eingesetzt?
Das Präparat ist schon viele Jahre auf dem Markt und wird auch bei Geburten verwendet. Professor Michael Abou-Dakn von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) schätzt, dass es bei weit über der Hälfte der Einleitungen zum Einsatz kommt.
Warum hat der Hersteller bisher keine Zulassung von Cytotec als Geburtsmedikament beantragt?
Medikamente werden häufig auch in anderen Bereichen als ihrem ursprünglichen Anwendungszweck eingesetzt ("Off-Label-Verwendung"). Obwohl die Studienlage bei Cytotec gut und das Risiko beim Einsatz in der Geburtshilfe erforscht sei, habe der Hersteller keine entsprechende Zulassung beantragt, sagt Abou-Dakn. Über die Beweggründe gebe es nur Vermutungen. Es könne sein, dass ethische Fragen eine Rolle spielen. Das Medikament wird auch als Mittel zur medikamentösen Abtreibung verwendet, dann allerdings in weit höherer Dosierung. Für den Einsatz in der Geburteneinleitung wird nur ein kleiner Bruchteil der Wirkstoffmenge eingesetzt.
Welchen Umgang schlägt die DGGG mit Cytotec vor?
Die DGGG hält den verantwortungsvollen Einsatz des Cytotec-Wirkstoffs Misoprostol in der Geburtshilfe weiterhin für sinnvoll. Abou-Dakn sieht der Zulassung eines neuen Präparats mit diesem Wirkstoff auf dem deutschen Markt entgegen, das in entsprechender Dosierung für den Einsatz bei Geburtseinleitungen gedacht ist. Damit sei die Off-Label-Thematik vom Tisch.