Christoph Heinemann: Am Telefon ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Ulrich Klose, stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Guten Tag!
Hans-Ulrich Klose: Guten Tag!
Heinemann: Herr Klose, wie gefährlich ist ein nordkoreanisches Regime mit Atomwaffen?
Klose: Es ist gefährlich, weil es ein unberechenbares Regime ist. Ich kenne kaum ein Land, das so besonders ist wie dieses Land, besonders in negativem Sinne. Aber die eigentliche Gefahr sehe ich darin, dass andere Länder Konsequenzen ziehen aus der veränderten strategischen Lage, von der eben auch im Kommentar aus Washington die Rede war.
Heinemann: Wen bedrohen denn die nordkoreanischen Raketen?
Klose: Sie bedrohen zunächst einmal den südlichen Nachbarn Südkorea. Sie bedrohen Japan. Da gibt es ja Konflikte. Und sie haben immer auch Amerika bedroht, weil Nordkorea - das darf man nicht vergessen - über weit reichende Raketen verfügt, mit denen man mindestens Alaska erreichen kann. Das ist etwas, was man in Washington schon besorgt zur Kenntnis nimmt.
Heinemann: Ziehen Peking und Washington an einem Strick?
Klose: Das wäre wünschenswert. Es wäre noch wünschenswerter, wenn die sechs entscheidenden, wichtigen Nuklearmächte sich zusammenfänden, um endlich eine wirkliche Durchsetzung des Sperrvertrages zu erreichen, was man bisher nicht erreicht hat, wozu im Übrigen auch manche Wankelmütigkeit der beteiligten Nuklearmächte beigetragen hat. Denken Sie an das amerikanisch-indische Nuklearabkommen.
Heinemann: Sind denn mit diesem Test die Sechsergespräche nicht schon gescheitert?
Klose: Ich halte sie für gescheitert, weil ich nicht sehe, wie man durch welche Maßnahmen Nordkorea von seinem Nuklearkurs abbringen könnte. Die scheinen die Bombe jetzt in der Tat zu haben und nichts wird sie veranlassen, wieder davon abzurücken. Da hätte man früher andere Konsequenzen ziehen müssen.
Heinemann: Wie gehört spricht Tokio und spricht auch Washington von einer Bestrafung. Dem angereicherten Uran steht eine völlig verarmte Bevölkerung in Nordkorea gegenüber. Viele Nordkoreaner leiden Hunger. Die Kinder sind unterernährt. Welche Sanktionen könnten das Regime strafen, ohne dass den Menschen auch noch das wenige was sie haben genommen würde?
Klose: Sie nennen genau die Grenze von Sanktionen. Dieses Regime hat dem eigenen Volk Sachen zugemutet, die unglaublich sind. Es sind in der Tat man schätzt hundert Tausende verhungert in Nordkorea. Dieses Regime fürchtet die Isolierung nicht und wird das überstehen. Deshalb ist es wie ich finde besser, darüber nachzudenken, wie man das Regime dazu bekommt, sich zu öffnen.
Heinemann: Herr Klose, die Vereinigten Staaten sind gegenwärtig mit dem Iran, mit dem Irak, mit Afghanistan und mit dem Nahen Osten beschäftigt. Genießt Pjöngjang in gewisser Hinsicht gegenwärtig Narrenfreiheit?
Klose: Nein, Narrenfreiheit nicht, aber die Situation ist so, dass die Amerikaner gegenüber Nordkorea nicht handeln können, ohne die Nachbarn - und zu den Nachbarn gehören eben die Chinesen, die Russen, die Japaner, die Südkoreaner - einzubeziehen. Offenbar gibt es Meinungsverschiedenheiten und jedenfalls waren die Chinesen, die Amerikaner und die Russen, die drei wichtigsten, nicht völlig einig, wie zu verfahren sei. Die Amerikaner haben es immer abgelehnt, mit den Nordkoreanern bilateral und unmittelbar zu sprechen, und der Druck der anderen war nicht groß genug, um die Nordkoreaner dazu zu bringen. Im Übrigen es ist richtig kommentiert worden, wenn ich das eben so gehört habe. Für China ist das Ganze eine große Schlappe, denn es zeigt, wie einflusslos China gegenüber Nordkorea ist.
Heinemann: Was folgt daraus?
Klose: Daraus folgt, dass möglicherweise die Chinesen und die Amerikaner daraus die richtigen Konsequenzen ziehen und etwas enger zusammenarbeiten. Die Chinesen können kein Interesse daran haben, einen nordkoreanischen nuklearen Nachbarn zu haben, und die Amerikaner - auch das wurde in dem Kommentar angedeutet - müssen natürlich befürchten, dass zum Beispiel die Japaner über eigene nukleare Defensivmaßnahmen nachdenken. Das hätte aber eine völlige Veränderung der geostrategischen Lage zur Folge und würde in Wahrheit ein Ende des Nichtverbreitungsregimes bedeuten.
Heinemann: Herr Klose, nach Tod und Verklärung von Vater Kim Il Sung ist jetzt der pausbäckige Sohnemann Kim Jong Il offiziell der starke Mann in Pjöngjang. Wie stabil ist sein Regime?
Klose: Solange er die Unterstützung des Militärs hat - und die hat er, solange er das Militär unterstützt -, ist er ziemlich sicher, obwohl er anfänglich, ganz anfänglich nicht wirklich ernst genommen wurde. Aber das hat sich nach meiner Einschätzung inzwischen verfestigt. Interessant ist übrigens die Kommentierung in Nordkorea, dass dieser Test und die Bombe gut ist für das koreanische Militär und die Bevölkerung. Die Reihenfolge ist interessant.
Heinemann: Warum?
Klose: Weil es eine Verbeugung vor dem Militär ist und die besondere Rolle des nordkoreanischen Militärs betont.
Heinemann: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Ulrich Klose, stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Herr Klose, danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!
Klose: Ich bedanke mich. Auf Wiederhören!
Hans-Ulrich Klose: Guten Tag!
Heinemann: Herr Klose, wie gefährlich ist ein nordkoreanisches Regime mit Atomwaffen?
Klose: Es ist gefährlich, weil es ein unberechenbares Regime ist. Ich kenne kaum ein Land, das so besonders ist wie dieses Land, besonders in negativem Sinne. Aber die eigentliche Gefahr sehe ich darin, dass andere Länder Konsequenzen ziehen aus der veränderten strategischen Lage, von der eben auch im Kommentar aus Washington die Rede war.
Heinemann: Wen bedrohen denn die nordkoreanischen Raketen?
Klose: Sie bedrohen zunächst einmal den südlichen Nachbarn Südkorea. Sie bedrohen Japan. Da gibt es ja Konflikte. Und sie haben immer auch Amerika bedroht, weil Nordkorea - das darf man nicht vergessen - über weit reichende Raketen verfügt, mit denen man mindestens Alaska erreichen kann. Das ist etwas, was man in Washington schon besorgt zur Kenntnis nimmt.
Heinemann: Ziehen Peking und Washington an einem Strick?
Klose: Das wäre wünschenswert. Es wäre noch wünschenswerter, wenn die sechs entscheidenden, wichtigen Nuklearmächte sich zusammenfänden, um endlich eine wirkliche Durchsetzung des Sperrvertrages zu erreichen, was man bisher nicht erreicht hat, wozu im Übrigen auch manche Wankelmütigkeit der beteiligten Nuklearmächte beigetragen hat. Denken Sie an das amerikanisch-indische Nuklearabkommen.
Heinemann: Sind denn mit diesem Test die Sechsergespräche nicht schon gescheitert?
Klose: Ich halte sie für gescheitert, weil ich nicht sehe, wie man durch welche Maßnahmen Nordkorea von seinem Nuklearkurs abbringen könnte. Die scheinen die Bombe jetzt in der Tat zu haben und nichts wird sie veranlassen, wieder davon abzurücken. Da hätte man früher andere Konsequenzen ziehen müssen.
Heinemann: Wie gehört spricht Tokio und spricht auch Washington von einer Bestrafung. Dem angereicherten Uran steht eine völlig verarmte Bevölkerung in Nordkorea gegenüber. Viele Nordkoreaner leiden Hunger. Die Kinder sind unterernährt. Welche Sanktionen könnten das Regime strafen, ohne dass den Menschen auch noch das wenige was sie haben genommen würde?
Klose: Sie nennen genau die Grenze von Sanktionen. Dieses Regime hat dem eigenen Volk Sachen zugemutet, die unglaublich sind. Es sind in der Tat man schätzt hundert Tausende verhungert in Nordkorea. Dieses Regime fürchtet die Isolierung nicht und wird das überstehen. Deshalb ist es wie ich finde besser, darüber nachzudenken, wie man das Regime dazu bekommt, sich zu öffnen.
Heinemann: Herr Klose, die Vereinigten Staaten sind gegenwärtig mit dem Iran, mit dem Irak, mit Afghanistan und mit dem Nahen Osten beschäftigt. Genießt Pjöngjang in gewisser Hinsicht gegenwärtig Narrenfreiheit?
Klose: Nein, Narrenfreiheit nicht, aber die Situation ist so, dass die Amerikaner gegenüber Nordkorea nicht handeln können, ohne die Nachbarn - und zu den Nachbarn gehören eben die Chinesen, die Russen, die Japaner, die Südkoreaner - einzubeziehen. Offenbar gibt es Meinungsverschiedenheiten und jedenfalls waren die Chinesen, die Amerikaner und die Russen, die drei wichtigsten, nicht völlig einig, wie zu verfahren sei. Die Amerikaner haben es immer abgelehnt, mit den Nordkoreanern bilateral und unmittelbar zu sprechen, und der Druck der anderen war nicht groß genug, um die Nordkoreaner dazu zu bringen. Im Übrigen es ist richtig kommentiert worden, wenn ich das eben so gehört habe. Für China ist das Ganze eine große Schlappe, denn es zeigt, wie einflusslos China gegenüber Nordkorea ist.
Heinemann: Was folgt daraus?
Klose: Daraus folgt, dass möglicherweise die Chinesen und die Amerikaner daraus die richtigen Konsequenzen ziehen und etwas enger zusammenarbeiten. Die Chinesen können kein Interesse daran haben, einen nordkoreanischen nuklearen Nachbarn zu haben, und die Amerikaner - auch das wurde in dem Kommentar angedeutet - müssen natürlich befürchten, dass zum Beispiel die Japaner über eigene nukleare Defensivmaßnahmen nachdenken. Das hätte aber eine völlige Veränderung der geostrategischen Lage zur Folge und würde in Wahrheit ein Ende des Nichtverbreitungsregimes bedeuten.
Heinemann: Herr Klose, nach Tod und Verklärung von Vater Kim Il Sung ist jetzt der pausbäckige Sohnemann Kim Jong Il offiziell der starke Mann in Pjöngjang. Wie stabil ist sein Regime?
Klose: Solange er die Unterstützung des Militärs hat - und die hat er, solange er das Militär unterstützt -, ist er ziemlich sicher, obwohl er anfänglich, ganz anfänglich nicht wirklich ernst genommen wurde. Aber das hat sich nach meiner Einschätzung inzwischen verfestigt. Interessant ist übrigens die Kommentierung in Nordkorea, dass dieser Test und die Bombe gut ist für das koreanische Militär und die Bevölkerung. Die Reihenfolge ist interessant.
Heinemann: Warum?
Klose: Weil es eine Verbeugung vor dem Militär ist und die besondere Rolle des nordkoreanischen Militärs betont.
Heinemann: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Ulrich Klose, stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Herr Klose, danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!
Klose: Ich bedanke mich. Auf Wiederhören!