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Gefährliche Schimmelschäden drohen

Wenn sich das Hochwasser in den überschwemmten Gebieten zurückzieht, bleiben nasse Häuser, die allenfalls langsam trocknen - vor allem bei warmen Temperaturen ein idealer Nährboden für Schimmelpilze. Mit Ventilatoren und Entfeuchtern versuchen Flutopfer, dem Befall vorzubeugen.

Von Susanne Lettenbauer | 17.06.2013
    Im Haus von Familie Lutz im Rosenheimer Stadtteil Oberwöhr herrschen tropische Temperaturen. In Wohnzimmer, Küche und Keller riecht es leicht muffig. Gelbe Plastikschläuche auf dem Boden führen hinunter Richtung Keller:

    "Zwei Zentimeter haben wir hier gehabt, das ist vom Keller hochgekommen, haben wir keine Chance mehr gehabt."
    "Ja, ich hoffe, dass wir den Keller wieder hinkriegen. Meine Schuhe schimmeln und wenn der Wohnraum unten nicht mehr bewohnbar wäre, das wäre natürlich traurig."

    Auf dem Weg in den Keller sieht man noch die Spuren des Wassers. Die Wände wurden zwar saubergeschrubbt, die Feuchtigkeit ist dennoch überall zu spüren.

    "Das macht schon traurig, aber die großen Schäden sind ja Heizung, Solar und Elektrik, das war ein Fussboden drin, Fussbodenheizung und da müssen wir sehen, wie wir das wieder zum Laufen bringen."

    Statt Türen sind Plastikplanen vor die Kellerzimmer geklebt, in den einzelnen Räumen wurden Löcher in die Decken gebohrt, in die gelbe Plastikschläuche führen. Mehrere Ventilatoren und Bautrockner stehen in der Mitte und laufen Tag und Nacht:

    "Also jetzt mit diesen Maschinen, die hier Luft reinblasen in die Decke und die Bodenplatte, sodass unterhalb des Estrich das Wasser rauskommt. Die Trocknung, so hat man uns gesagt, wird drei Wochen dauern. Wir müssen halt immer wieder entwässern von den Entfeuchtern."

    Hauseigentümer Peter Lutz hatte Glück: Er bekam schnell die Trocknergeräte trotz langer Wartelisten bei den Bautrocknungsfirmen der Umgebung. Und: Bei ihm sind keine Fäkalien, Öl oder Chemikalien ins Haus gedrungen. Trotzdem behandelte die Spezialfirma die Kellerböden mit pilztötenden Mitteln, sogenannten Fungiziden. Die Stadt Rosenheim hilft den Betroffenen mit einem Bürgertelefon, die Stadtwerke Rosenheim schenken allen Betroffenen 1000 Kilowatt pro Stunde für den Betrieb der Trockneranlagen, so Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl:

    "Also, erstens kommt es jetzt darauf an, so schnell wie möglich die Trocknungen einzuleiten, das ist erst mal die Grundlage. In dem Moment, wo die Trocknung läuft, können Sie die Schimmelbildung zurückdrängen. Der zweite Punkt wird sein: In dem Moment, wo die Keller trocken sind – das wird sicherlich fünf, sechs Wochen dauern – danach muss man schnell an den Wiederaufbau der Wandstruktur herangehen mit entsprechenden Grundierungen etc."

    Bei den Baufirmen stehen die Wartenden derzeit Schlange. Glück hat, wer sofort einen der längst Mangelware gewordenen Bautrockner bekommen hat. Denn je länger man wartet, vor allem bei warmen Aussentemperaturen, um so sicherer kommt der Schimmel, sagt Architekt und Baubiologe Johannes May:

    "Jetzt ist das Schimmelwachstum einfach schneller, das heißt, man muss auch schnell reagieren und hier ist gerade jetzt die Gefahr, dass in vielen Wohngebäuden noch nicht getrocknet werden kann, weil noch kein Gutachter da war, weil keine Trocknungsgeräte vorhanden sind. Wenn die Trockner nach ein, zwei Wochen eingesetzt werden und schon Schimmel gewachsen ist, dann werden über diese Trocknungsmassnahme die Schimmelsporen im ganzen Haus verteilt. Das heißt, hier ist besondere Sorgfalt notwendig, das heißt, die Räume müssen abgedichtet werden, nicht dass dann im kompletten Haus die Sporen verteilt werden."

    Versicherungen hören das gar nicht gern, weiss May. Schimmelbekämpfung kann langwierig werden, vor allem wenn Hohlräume in den Wänden betroffen sind. Ohne Bohrungen in Decke und Fussboden wie bei Familie Lutz, helfen Trocknungsgeräte wenig, betont der Sachverständige, der in schwierigen Fällen mit einem Schimmelspürhund arbeitet:

    "Nein, das funktioniert nicht, weil dort zwar Wärme hinkommt, es findet eine Verdunstung statt, aber das Wasser müsste ja auch aus der Wand herauskommen. Das heißt, ohne eine Öffnung bleibt das Wasser drin, kondensiert an anderer Stelle, grad, wenn noch Folien eingebaut sind, zum Beispiel eine Dampfbremse, Dampfsperre, dann habe ich das Problem, die Feuchtigkeit kommt nicht heraus, dann freut sich der Schimmel und wächst und wächst und dadurch die Belastung, die dadurch entstehen kann."

    Unsichtbarer Schimmel – nach Hochwassern das größte Problem in Wohnhäusern. Viele Betroffene im oberbayerischen Rosenheim müssen den Fussboden aufreißen, spezielle Lösungen werden in den Estrich gespritzt. Allein eine trockene Wand gibt noch keine Entwarnung, so Baubiologe May:

    "Das geht wirklich nur über Proben, das heißt, wenn schnell getrocknet wurde, dann ist die Gefahr relativ gering, dass Schimmel vorhanden ist und dann würde ich einfach im Anschluss noch einmal eine Raumluftanalyse durchführen oder mit einem Schimmelhund kontrollieren, einfach um sicher zu sein, es ist kein Schimmel vorhanden und dann hat man das auch Gott sei Dank glücklich überstanden."

    Familie Lutz hofft, dass in spätesten zwei Monaten die Hochwasserschäden überstanden sind:

    "Ich hoffe, dass ich keinen Schimmel bekomme, weil wir das relativ schnell gemacht haben. Die Firma sagt auch, da kriegt man zehn Jahre Garantie, dass man keinen Schimmel hat, da bin ich zuversichtlich, dass es funktioniert, das sind ja Fachprofis."