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Gefahr auf dem Kartoffelacker?

Die Verbraucher und Umweltschützer mahnten zur Vorsicht, aber jetzt ist sie da. Vor Kurzem hat die EU-Kommission den kommerziellen Anbau der BASF-Gentechnik-Kartoffel Amflora erlaubt. An weiteren Pflanzen wird geforscht, beispielsweise in der Pfalz.

Von Ludger Fittkau |
    Die BASF-Sprecherin Britta Stellbrink öffnet in einem Laborgebäude die Flügeltür mit den Schild "S 1". Die Abkürzung steht für die erste Sicherheitsstufe der gentechnischen Forschung. Nach wenigen Metern stehen wir in einem Gewächshaus des BASF-Pflanzenforschungszentrums Limburgerhof zwischen Ludwigshafen und Speyer.

    Wie kleine Schwebebahnen rattern hier automatisch betriebene Transportschlitten durch die Luft – auf ihnen werden kleine Pflanzen auf Paletten hin und her transportiert. In einem zusätzlich durch Glaswände geschützten Bereich stehen dicht an dicht etwa einen Meter hohe Rapspflanzen. Ihnen sind zuvor im Genlabor zusätzliche ungesättigte Fettsäuren eingebaut worden, die normalerweise nicht in Ackerpflanzen, sondern in Meeresalgen vorkommen. Diese Fettsäuren sollen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen, erklärt Britta Stellbrink:

    "Heute nehmen wir das in der Regel über Fische auf, die Fische produzieren das in der Regel auch nicht selber, sondern nehmen das über die Algen auf. Und da haben wir uns angeschaut, welche Mechanismen in den Algen eigentlich ablaufen, um diese gesunden Fettsäuren zu bilden und haben dann die Gene identifiziert, die für diese Gene zuständig sind und haben sie dann in die Rapspflanzen eingebracht, so dass man dann in Zukunft mit seinem Salatöl dann auch diese gesunden Fettsäuren zu sich nehmen kann, um somit Herz- und Kreislauferkrankungen vorzubeugen."

    Nein, schiebt Britta Stellbrink noch nach, BASF wolle die Leute damit nicht vom Fischessen abhalten. Auch der Wein, der ganz in der Nähe des Forschungszentrums Limburgerhof in der Pfalz reichlich wächst, wird wohl künftig mangels Nachfrage weiter ohne Gentechnologie genossen werden. An einer Weinsorte forscht BASF zur Zeit jedenfalls nicht.

    Dafür aber an Zuckerrüben gemeinsam mit dem deutschen Saatgutunternehmen KWS. Dies, obwohl in Europa der Anbau von Zuckerrüben schon aus wirtschaftlichen Gründen in den letzten Jahren zurückgefahren wurde. Peter Eckes, Chef der BASF Plant Science, des Konzernbereichs, der für die Pflanzen-Biotechnologie zuständig ist.

    "In der Tat ist es so, dass die Zuckerrübe sich flächenmäßig nicht ausdehnen wird, aber immer noch eine relativ große Kultur heute ist und wohl auch noch in Zukunft bleiben wird, insofern sehen wir, dass gemeinsam mit dem Partner KWS sich hier eine interessante Opportunität ergibt."

    Mit dem umstrittenen US-Biotechnologie-Unternehmen Monsanto forscht BASF an Mais, der einen höheren Nährwert bekommen soll sowie besser an Tiere verfüttert werden kann als bisher. Gemeinsam mit dem brasilianischen Agrarforschungsinstitut "Empraba" wurde die herbizidresistente Sojabohne "Cultivance" entwickelt, mit der BASF bis zu 20 Prozent der gesamten Sojaanbaufläche Brasiliens bestücken will. Längst nicht alle diese Forschungen finden in der Pfalz statt. Der Limburgerhof ist aber das älteste Agrarforschungszentrum der BASF. Von den weltweit 700 Pflanzenbiotechnologen des Unternehmens arbeiten rund 100 in der Pfalz. Peter Eckes:

    "Im Zentrum unserer Forschungsaktivitäten für Europa steht in der Tat die Kartoffel. Amflora ist das erste Produkt, für das wir jetzt die Zulassung haben."

    Die gerade von der EU nach einem jahrelangen Gentechnik-Moratorium zugelassene Kartoffel Amflora ist in den Labors des Limburgerhofes mit zusätzlicher Stärke versehen worden. Sie soll vor allem in der Papierindustrie zum Einsatz kommen. Die Kartoffelschalen der Amflora dürfen aber auch ans Vieh verfüttert werden. Umstritten war bis zuletzt auch ein zusätzliches sogenanntes "Marker-Gen", das gegen Antibiotika resistent ist.
    Nicht mehr im Gewächshaus, sondern bereits im Freiland wird eine jüngere Schwester der Amflora getestet – eine Kartoffel, die noch mehr Stärke enthält als Amflora. Sie soll in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. 13 Jahre nach Beginn des Zulassungsverfahrens für Amflora ist die gerade zugelassene Gentechnik-Kartoffel damit im Grunde schon überholt. Mit biotechnologischen Mitteln will BASF aber auch die Kartoffel-Knollenfäule Phytophthora bekämpfen. Diese Kartoffeln sollen nach den Vorstellungen der BASF künftig auch vom Menschen gegessen werden.