HIV, Syphilis, Herpes und Malaria: Bevor ein Organ auf einen anderen Menschen übertragen wird, kommt das Blut des verstorbenen Spenders unter die Lupe. Erfreuliche Bilanz in Deutschland: noch nie ist es mit der Organverpflanzung zu einer Übertragung von AIDS-Erregern gekommen, noch nie wurden Prionenerkrankungen wie Creutzfeldt-Jakob übertragen, ganz zu schweigen von "Treponema pallidum" - dem Erreger der Syphilis. Anders ist die Situation bei Hepatitis.
Von der Statistik her gesehen ist es nicht sehr wahrscheinlich, aber es ist eben noch ein Restrisiko,
urteilt Professor Hans Doerr, Direktor des Instituts für Medizinische Virologie der Universität Frankfurt. In den ersten fünf Wochen nach Infektion lassen sich nämlich noch keine Antikörper im Blut feststellen und die teure PCR-Methode, mit deren Hilfe die gefährlichen Viren vom ersten Tag an diagnostiziert werden könnten, ist heute - aus Kosten- und Zeitgründen - noch nicht überall Standard. Doch selbst wenn beim Spender eine Hepatitis festgestellt wurde, zählen nicht allein die Laborwerte. Doerr:
Bei der Transplantation haben wir ja auch eine Risikoabwägung. Wir haben ja nicht Organe in den Mengen zur Verfügung wie Bluttransfusionen, sondern es sind oft seltene Glücksfälle, dass ich jetzt als Patient auch ein geeignetes gutes Organ bekomme und dann muss eben auch abgewogen werden. Was ist denn jetzt das größere Risiko? Zu versterben, weil ich gar kein Organ habe oder zu überleben, wenn auch mit einem definierten Infektionsrisiko. Das muss abgewogen werden. Daher muss es auch im Ermessen des Arztes bleiben, ob er das nun macht oder ob er darauf verzichten muss.
Viel häufiger ist der Organempfänger selbst die Infektionsquelle, vor allem dann, wenn die eigene Leber durch eine Hepatitis bedingte Zirrhose verloren gegangen ist. Hier kommt es nach Organtransplantation immer wieder zu sogenannten "Reinfektionen": versteckte Viren im Körper des Empfängers nisten sich im transplantierten Organ ein und zerstören es erneut. Prof. Dieter Bitter-Suermann - Mikrobiologe an der Medizinischen Hochschule Hannover - kennt noch andere Gefahren für Organempfänger: Bakterien!
Die bakteriellen Infektionen treten im Regelfall nicht mit der Übertragung des Spenderorgans auf, sondern sie treten auf bei den immunsupprimierten Empfängern in der Posttransplantationsphase. Das heißt, es sind Infektionen, die im Krankenhaus unter den Bedingungen dieser schwierigen Operation und der Immunsuppression auftreten.
Patienten, deren Immunsystem nach Organtransplantation künstlich geschwächt wird, sind besonders gefährdet. Eigentlich ließen sich Staphylokokken durch eine Therapie mit Antibiotika wirksam bekämpfen, wenn die Bakterienstämme nicht multiresistent wären. Doch genau hier lauern die Gefahren: Hierzulande hat sich die Zahl der Infektionen mit multiresistenten Staphylokokken zwischen 1990 und 2001 von 1,7 Prozent auf 20,1 Prozent erhöht. Spitzenreiter sind US-amerikanische Krankenhäuser, wo der sorglose Umgang mit Antibiotika die Resistenzquote auf 50 Prozent erhöht hat. Dieses Jahr wurde in den USA sogar der erste Bakterienstamm gesichtet, der gegenüber allen verfügbaren Antibiotika resistent reagierte. Dieter Bitter-Suermann:
und dafür brauchen wir neue Antibiotika. Es gibt ein oder zwei Schmalspektrumantibiotika mit einem Wirkungsbereich auf Kokken - auf Eitererreger - aber insgesamt gesehen ist der Bedarf an neuen Antibiotika oder antibiotisch wirkenden Medikamenten riesig.