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Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Die größte Lebensgefahr besteht immer dann, wenn Risiken falsch eingeschätzt werden. Wer dagegen das Risiko kennt, lebt sicherer. So retteten beim Tsunami im Jahr 2004 diejenigen, die Bescheid wussten, viele Leben, weil sie ihre Mitmenschen zur Flucht in höher gelegene Gebiete drängten. Doch die Bewertung von Risiken ist eine schwierige Angelegenheit.

Von Cajo Kutzbach |
    "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!" hieß vor etwa 40 Jahren ein Werbespruch. Es ist etwas dran, bestätigt der Risikoforscher Thomas Loster:

    "Ich kann gut schlafen, denn zum Risiko gehört auch das Risikobewusstsein. Deshalb schlaf ich sehr gut, weil ich meine Risiken relativ gut kenne."

    Deshalb lautet ein altes Chinesisches Sprichwort: "Ein kluger Krieger flieht beizeiten". Die Methode "Augen zu und durch" dagegen ist gefährlich. Thomas Loster ist Geograf und hat 16 Jahre bei der Münchner Rückversicherung Risiken untersucht, die sich aus Klima, Wind und Wetter ergeben. Eine Rückversicherung ist sozusagen die Versicherung der Versicherungen. Seit 2004 leitet er die Stiftung der Versicherung, in der sie ihr gesammeltes Wissen der Allgemeinheit verfügbar macht. Das reicht von der Mitarbeit im Rat für Nachhaltige Entwicklung bis hin zu Vorträgen für die Bürger.

    "Das Schlimme ist die Fehleinschätzung und das haben wir jetzt in der Stiftung viel untersucht. Beispielsweise hat man Kinderkrankheiten und Kinderrisiken untersucht. Und da ist man drauf gekommen, dass die Eltern überwiegend die Risiken einfach nicht kennen. Die schätzen den Schulweg als großes Risiko ein, die schätzen den Sturz als Risiko ein, aber nicht die Bewegungsarmut und die Trägheit. Und wenn sie heute mit Ärzten sprechen, dann sagen die: Das ist das Risiko Nummer eins! Also da haben wir Riesendefizite gerade im schulischen Bereich bei den Eltern auch fest gestellt."

    Ist der Weg zur Schule nur einen Kilometer lang, dann läuft ein Schüler im Jahr rund 400 Kilometer und ist etwa 80 Stunden den Reizen von Wind und Wetter ausgesetzt. Solche Fehleinschätzungen von Risiken sind weit verbreitet, weiß auch Professor Ortwin Renn vom Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart, der früher die dortige Akademie für Technikfolgenabschätzung leitete. Zum Beispiel Lebensmittel: Sind Chemierückstände gefährlicher oder natürliche Gifte, etwa von Schimmelpilzen?

    "Wenn wir also wirklich fragen, beispielsweise europaweit: Wie viele kommen durch Parasiten ums Leben, dann liegen die Zahlen im Jahr etwa bei 10000 Menschen. Also 10000 Menschen sterben real an Lebensmittelvergiftung - und zwar nicht durch Pestizidrückstände oder durch Konservierungsmittel, sondern schlichtweg, weil sie schlechte Lebensmittel zu sich genommen haben oder Pilze gegessen haben, die leider Gottes auch mit Gift besessen sind. Und umgekehrt, wenn man fragt, wie viele denn wirklich durch Pestizidrückstände ums Leben kommen, gibt es bestenfalls hypothetische Zahlen. Real kann man niemanden nennen. Es gibt Allergien, alles mögliche, jemand kann Bauchschmerzen kriegen, aber Sterben tut man davon, Gott sei Dank - nicht. Und da gibt es hypothetische Zahlen, die liegen in der Größenordnung für etwa ganz Europa von zehn bis 15."

    Das dürfte aber auch daran liegen, weil aus der weit verbreiteten Angst vor solchen Rückständen heraus viele Obst, Gemüse und Salat gründlich waschen und damit das Risiko senken. Andere dagegen bringen sich durch Gedankenlosigkeit und Fahrlässigkeit selbst in Gefahr. Thomas Loster:

    "Bei einem Sturm in Deutschland beispielsweise Unwetter kommen mal fünf Menschen ums Leben. Das ist so die normale Durchschnittszahl. Und wenn wir das genauer anschauen, stellen wir fest in fast allen Fällen: Fahrlässigkeit! Ein typisches Ereignis: Da will dann der Mann noch Gummistiefel im Keller suchen, weil die Überschwemmung kommt, und dann dringt das Wasser schon ein, oder man will das Auto noch aus der Tiefgarage holen, oder die Lausbuben meinen: 'Oh, jetzt hat unser kleiner Bach Hochwasser, da können wir Schlauchboot fahren' - höchst fahrlässige Dinge, die mit Fehleinschätzung und, ja, falschem Risikobewusstsein zusammen hängen."

    Dabei sind die Wettervorhersagen heute sehr viel genauer als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Dennoch fahren viele trotz Sturmwarnung mit dem Auto und sind empört, wenn dann ein Baum auf das Auto fällt. Das hängt aber auch damit zusammen, dass sich die meisten Autofahrer überschätzen. Prof. Ortwin Renn:

    "Es gibt eine schöne Untersuchung von Herrn Bremer, der hat ganz einfach Frage gestellt: 'Glauben Sie, dass Sie besser fahren, als 50 Prozent der Autofahrer?' - Das haben 87 Prozent bejaht. Und damit ist natürlich klar, das kann nicht stimmen."

    Auch zuhause fühlen wir uns recht sicher, aber dort sterben jährlich 5000 Menschen durch Unfälle, 300 davon stolpern auf ebenem Boden. Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen, aber wie kommt es denn zu den Fehleinschätzungen? Wenn man untersucht, wo sie besonders häufig sind, und wo das Risiko relativ gut eingeschätzt wird, dann zeigt sich, dass Erfahrung sehr hilfreich ist:

    "Wir haben fest gestellt - um noch einmal auf Überschwemmungen zurück zu kommen -, dass Schadenbewusstsein die Schäden etwa um die Hälfte reduziert. Und zwar hat man das festgestellt in Regionen, wo zwei Mal in kurzer Zeit hinter einander was passiert ist. Es gab in den 90er Jahren große Überschwemmungen an Rhein und Mosel."

    Risiken, die man kennt und bei denen man weiß, was zu tun ist, sind also harmloser, als unbekannte Risiken. So retteten bei der Tsunami diejenigen, die Bescheid wussten viele Leben, weil sie ihre Mitmenschen zur Flucht in höher gelegene Gebiete drängten. Auch das Risiko beim Überqueren der Straße können Erwachsene - dank täglicher Übung - gut einschätzen. Alle Risiken, bei denen sich Ursache und Wirkung jedem leicht erschließen, werden von dem meisten Menschen richtig eingeschätzt und gut gemeistert.

    "Es wird dann schwierig mit der Anschauung, wenn es sich um Risiken handelt, die man entweder gar nicht wahrnehmen kann, als Laie, weil man dafür einen ganzen wissenschaftlichen Apparat oder Labor braucht, Dinge die relativ selten, aber die eine hohe Konsequenz hätten, denken sie an Kernkraftwerksunfall: Den hat noch keiner gesehen, aber jeder befürchtet ihn. Oder Dinge, die ganz stark vernetzt sind, wo kleine Dinge, die eintreten eine Riesenlawine an anderen Dingen auslösen können, denken sie an einen Börsencrash beispielsweise. Das sind Dinge, die werden sehr häufig unterschätzt, weil halt die direkte Anschauung hier kein Material gibt, aus dem man heraus das eigene Urteil ableiten könnte."

    Große technische Anlagen, wie Kernkraftwerke, Jumbojets, Supertanker, Dämme, Hochhäuser, große Konzerne, aber auch die globale Verflechtung sind also schon allein deshalb problematisch, weil sich ihre Risiken der Beurteilung durch den Laien entziehen und zudem die Schäden sehr viel größer sind. Dadurch lösen sie beim Laien eine, im Grunde sehr vernünftige, Unsicherheit und Angst aus.

    Das erklärt aber auch, weshalb Risiken, für die wir keinen Sinn haben, die wir nicht sehen, hören, fühlen, riechen, oder schmecken, falsch eingeschätzt werden, wie die erwähnten Pestizidrückstände und Gifte in Lebensmitteln, die man nicht immer wahrnehmen kann.

    "Da bin ich auf Informationen Dritter angewiesen. Und da haben wir auch in unseren Untersuchungen fest gestellt, dass die Menschen, die diesen Risiken konfrontiert werden einfach fragen: 'Kann ich dem Informanten trauen?' Wenn ich dem nicht traue, oder keinem Informanten traue, will ich null Risiko. Dann sag ich mir: 'Ich lass mich auf gar nix ein hier. Sie können mir erzählen, was sie wollen, das ist mir alles viel zu kritisch.'"

    Wer mit großen Anlagen ein Risiko eingehen will, braucht also das Vertrauen der Bürger, um deren Zustimmung zu bekommen. Prof. Ortwin Renn:

    "Wenn ich einem sehr gut vertraue und die Information annehme, dann bin ich bereit so etwas wie Kosten-Nutzen-Analyse zu machen. Und wenn ich es nicht genau weiß, dann schätze ich das Risiko nach peripheren Merkmalen ein. Das kann also sein: 'Aha, der Wissenschaftler A, der sagt, das ist ungefährlich, dessen Schlips gefällt mir aber nicht. Der muss lügen.' Ja? Also da gibt es ganz periphere Merkmale, weil ich die Sache selbst nicht beurteilen kann."

    Der Mensch nimmt also in solchen Fällen Zuflucht bei seinem eigenen Glauben, weil er die Unsicherheit schlecht erträgt. Thomas Loster:

    "Wenn wir immer Angst vor Risiken hätten, könnten wir nicht mehr normal leben, nicht mehr über die Straße gehen. Deshalb hat die Natur die Verdrängung 'erfunden' - sag ich mal - und deshalb verdrängen wir die Risiken auch, sonst würden wir unseres Lebens nicht mehr froh."

    Doch diese Verdrängung kann auch zur Gewöhnung an ein Risiko führen, und dann wird es gefährlich. Nicht nur in Tschernobyl, sondern auch im Alltag. Die meisten Orte in Europa liegen an Flüssen und Bächen. Doch wärmeres Klima, bedeutet mehr Überschwemmungen.

    "Die Versicherer wissen das natürlich. Die haben Anfang der neunziger Jahre mit Computermodellen hochkomplex ausgerechnet, wie die Überflutungswahrscheinlichkeit an allen Flussabschnitten in Deutschland ist. Und da hat man festgestellt, dass etwa sechs Prozent aller deutschen Bürger in einer Zone leben, wo statistisch einmal in den nächsten zehn Jahren ein Hochwasser auftreten kann. Und die Menschen tun sich sehr schwer, heute Versicherungsschutz zu bekommen."

    Allerdings nimmt bei häufigerem Starkregen für jeden das Risiko zu, dass die Kanalisation versagt und sein Keller vollläuft, auch, wenn er nicht im Tal, in Flussnähe wohnt. Der Klimawandel ist also auch deshalb Furcht erregend, weil wir es mit Risiken zu tun haben, die wir nicht kennen. Das macht unsicher.
    Katastrophenschutzübungen, etwa Hinweis auf die Schwimmwesten im Flugzeug oder der Feueralarm in Schule und Büro, senken das Risiko und beruhigen dadurch auch. Bei Risiken, die wir selbst noch nicht erlebt haben, oder für die uns der Sinn fehlt, spielt die Kommunikation mit vertrauenswürdigen Menschen eine wichtige Rolle. Doch dieses Wissen aus zweiter Hand stirbt in der dritten Generation, oder sogar früher.

    "Wenn die Oma in ihrer Jugend, oder der Opa in der Jugend mal eine Überschwemmung erlebt hat, oder was erlebt hat, dann hat das der Enkel noch erfahren und der Urenkel oft schon nicht mehr. Und im Moment ist es so, dass wir in einer modernen Kulturgesellschaft, wo bei der dreiköpfigen Familie der Vierte auch am Tisch sitzt, nämlich der Fernsehapparat, den man anschaltet und dann die Familie abschaltet damit, dass wir damit eben auch ganz große Kommunikationshemmnisse in so Familien rein bekommen. Und dann wird das Wissen auch nicht mehr weiter gegeben. Also auch sehr moderne Aspekte, die hier die Risiken wieder erhöhen. Kommunikation - Schlüssel für Risikobewusstsein und Risikobewältigung - fällt immer kürzer aus."

    Wer hört heute noch Opa oder Oma zu, wenn die erzählen? Wer fragt sie nach damals? Die gleiche Verkürzung von Informationen findet man in den Medien. Hinzu kommt, dass - vor allem das Fernsehen - immer weniger dokumentiert und immer mehr inszeniert.

    "Die Politik, wie auch viele der Orientierungssysteme, die wir heute haben, sind im Rahmen ihrer medialen Präsenz auf Inszenierung fast angewiesen. Wenn ProSieben bei mir auftaucht, dann sagen die nämlich: 'Ich brauch ein Statement für Risiko in 18 Sekunden, denn ich weiß in 18 Sekunden schalten die Leute um, wenn da immer dieselbe Person sitzt. Ja. Und so attraktiv sind sie auch nicht. Also da muss in 18 Sekunden durch sein!' Ja, was kann ich in 18 Sekunden Wichtiges sagen? Nur Triviales! Oder irgend etwas, was sozusagen schlaglichtartig ist. Es wird also 18 Sekunden-Statement aneinander montiert und dann ist einfach das Authentische weg."

    Wenn aber die Person nicht mehr authentisch ist, wie kann sich der Zuschauer entscheiden, ob er ihr vertrauen will, oder nicht? Dieser Häppchen-Journalismus verhindert durch seine Kurzatmigkeit, dass er dem Konsumenten Orientierung gibt, weil der sich kein eigenes Bild vom Interviewten mehr zu machen kann, da alles viel zu schnell geht. So kann das das Gefühl kein Vertrauen fassen. Im Gegenteil, Vertrauen wird zerstört:

    "Die sozusagen 'Inszenierte Wirklichkeit' ist eine, immer, die so simplifiziert, dass sie sich selbst nie treu bleiben kann."

    Das gilt natürlich auch für andere Medien. Was bei gedruckten Medien die Auflage ist, das ist bei elektronischen Medien die Einschaltquote. Die misst aber nur wie sehr es gelingt die Konsumenten zu fesseln, aber nicht wie nützlich oder bereichernd der jeweilige Beitrag für den Konsumenten ist. Da aber ein spektakulärer Flugzeugabsturz eher gezeigt wird, als die zigtausend verdursteten Altenheimbewohner im heißen Sommer 2003, entstehen weitere Fehleinschätzungen. Thomas Loster:

    "Man glaubt oft selbst, hoppla, wenn das Flugzeug wackelt, man stürzt ab. Aber da gibt es zwei sehr spannende Zahlen, dass man auf eine Milliarde Flugkilometer 0,35 - statistisch - Todesfälle hat. Oder wir haben es mal ausgerechnet in der Münchner Rück: Man muss 99 Jahre immer durchgehend fliegen, um den ersten Flug zu erleben mit einer Schadwirkung, was nicht der Tod sein muss. Also ganz enorme Fehleinschätzung des Risikos."

    Vier Entwicklungen fördern solche Fehleinschätzungen:

    Erstens: immer größere Maschinen, Gebäude, Firmen oder weltweite Netzwerke, deren immer größere Risiken der Einzelne nicht mehr beurteilen kann.

    Zweitens: eine abnehmende Kommunikation in Familie und Gesellschaft.

    Drittens: ein Mediensystem, das auf Grund wirtschaftlicher und politischer Vorgaben nicht mehr die Wirklichkeit abbildet und dadurch Orientierung schafft, sondern, durch Inszenierung von Wirklichkeit, das Vertrauen untergräbt.

    Viertens: der medial vermittelte Zugang zu verschiedenen Sichtweisen auf die Welt, die dadurch immer unverständlicher erscheint.

    "Das führt natürlich zunächst einmal zu einer ganz tiefgründigen Unsicherheit. Wenn jeder katholisch ist und die heilige Wissenschaft sagt, was wahr und falsch ist, ist die Orientierung einfach. Jetzt, wo viele Wissenschaftsdisziplinen miteinander wetteifern und verschiedene Schulen wetteifern, Wahrheitsansprüche angestellt werden, die sich aber gegenseitig ausschließen, die aber der Einzelne nicht nachprüfen kann, ist es einfach sehr, sehr schwierig, und dann muss ich mich auf irgend was zurück ziehen. Das kann die Sekte sein, das kann ein genereller Skeptizismus oder Zynismus sein. Es kann aber auch sein, dass dann einfach der Angstlevel steigt, weil man sagt: Ich kann ja niemandem mehr trauen! Und ich denke in dieser Situation ist es einfach wichtig, dass es Instanzen gibt, oder Institutionen gibt, die versuchen - sagen wir mal - das Mögliche vom Absurden zu trennen."

    Professor Ortwin Renn hat gute Erfahrungen mit Diskussionsveranstaltungen, bei denen Fachleute mit unterschiedlichen Ansichten, etwa einer aus der Chemiebranche, einer von Greenpeace und ein Risikoforscher mit dem Publikum gemeinsam ausloten, wo Risiken sind, wie genau man sie kennt, und welche Gegenmaßnahmen sinnvoll erscheinen. Dann wird etwa beim Mobilfunk klar, dass es zwar bisher keinen Hinweis auf eine Krebsgefahr gibt, dass man aber andererseits einzelne Fälle nie völlig ausschließen kann. Doch solche Diskussionen brauchen viel Zeit. Thomas Loster sieht das ähnlich:

    "Wir brauchen eigentlich einen Kulturwandel. Ein Phänomen, das uns alle drückt, die Beschleunigung und Dynamik. Wir brauchen eine Entschleunigung. Und ich glaub dann haben wir auch wieder Rückwirkungen aufs Bewusstsein und die Wahrnehmung."

    "Gut Ding" will eben "Weile haben". Mehr Zeit für wohl durchdachte Entscheidungen und zur Analyse von Risiken würde auch die Ängste verringern, die im Augenblick eher wachsen. Beispiel Hypothekenkrise; Professor Ortwin Renn:

    "Ob in USA jemand sein Haus überschätzt hat, da hab ich überhaupt keinen Einfluss drauf. Das heißt ich werde zunehmend zu einem Spielball von Mächten mit denen ich überhaupt nichts mehr zu tun habe, die sind völlig außerhalb meiner Einflusssphäre. Und dann kommt die Depression. Depression ist eigentlich ein Mangel an Bewusstsein der Handlungsstärke. Wenn ich denke, egal was ich mache, andere bestimmen über mich, dann kann ich mich dem ergeben; dann brauche ich aber etwas sehr Metaphysisches. Und wenn ich das nicht habe, kommt es eigentlich zur Depression."

    Das trifft genau so auf Alternde Gesellschaften, das Ende des billigen Erdöls, oder den Klimawandel zu, deren Risiken die Meisten erheblich unterschätzen und denen gegenüber sie sich ohnmächtig fühlen.

    "Es ist belegt, dass der Mensch immer dann, wenn er das Risiko nicht beeinflussen kann, das Risiko falsch einschätzt."

    Das beste Mittel gegen solche Risiken und die ihretwegen drohende Depression ist aktiv zu werden, etwa selbst einen Beitrag zur Verringerung des Klimawandels zu leisten. Der Spontispruch "Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt" ist zumindest für die Psyche zutreffend. Selbst Wissenschaftler liegen bei der Antwort auf diese Frage nur selten richtig:

    "Was ist das größte Risiko außerhalb von Krankheiten zwischen 20 und 40 Jahren in den OECD-Ländern ums Leben zu kommen? Es ist die Selbsttötung, vor den Autounfällen, vor den Hausunfällen, vor den Arbeitsunfällen. Und wenn man dann zusieht, dass die Harvard-School-of-Public-Health im Prinzip sagt, um 2020 wird die Depression die häufigste Krankheit in den OECD-Ländern sein, passt das zusammen."