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Gehauchter Gesang und orchestraler Bombast

Die gebürtige Fränkin Monika Roscher hat an der Musikhochschule München Jazzgitarre studiert und für ihr Abschlusskonzert einige Stücke für Big Band arrangiert. Aus den ersten Auftritten ist daraus die Monika Roscher Big Band - und ein Debütalbum - entstanden.

Von Andi Hörmann | 19.12.2012
    "Das ist eine Riesenspielwiese und je mehr Instrumente du dabei hast, desto mehr geht noch. Tausend Klangfarben halt."

    Malen nach Farben, komponieren nach Instrumenten. Der Malkasten: ein 18-köpfiges Big-Band-Ensemble.

    "Du hast mal ein Klavier, Flöten. Du hast Trompeten, richtig gewaltige Posaunen: Da kannst du krasseren Metal machen als irgendwelche Metal-Bands."

    Auf dem Cover-Foto von "Failure in Wonderland" sieht man die zierlich, charismatische Monika Roscher in dunkel-violette Pastellwolken getaucht. Eine alte Stratocaster E-Gitarre um die Schultern. Auf der Stirn: eine schwarze Augenmaske. Die linke Hand in horizontaler Bewegung, die rechte: vertikal herumfuchtelnd. Monika Roscher beim Dirigieren - wie jemand, der seine Schritte beim Tanzen koordiniert.

    Der erste Song auf dem Debütalbum der "Monika Roscher Big Band" ist auch das Titelstück: "Failure in Wonderland". Lewis Caroll und seine "Alice im Wunderland" lassen grüßen. Die Bläsersätze jagen ihre Soli wie das weiße Kaninchen die Zeit. Ausufernde Klangdramaturgien treffen auf beklemmende Harmonien - durchkomponiert und zügellos zugleich. Free-Jazz-Improvisationen, New-Orleans-Trauermarsch und bachsche Elegien. Das Stück "Schnee aus Venedig" könnte glatt das Titelstück zu einem Bond-Film sein.

    "Ich mag diese Gangster-Mucke. Irgendetwas ist da witzig daran. Das ist auch ein bisschen rabiat, aber auch ein bisschen nett. Bisschen geheimnisvoll, aber immer mit einem Witz dabei. Das ist nicht so, dass du sagst: wow, voll elendsbrutal nur, oder dramatisch. Sondern die haben immer irgendwie eine Mischung."

    Auf fünf der neun Stücke setzt die Bandleaderin auch ihre Stimme als Instrument ein - schlafwandlerisch, gefangen nehmend, verschleiert hinter mechanischen Vocodereffekten. Das Stück "Irrlicht": verträumt, wie Alice in ihrem Wunderland.

    In "Human Machines" vibriert die Gitarrenmelodie, Saxofontöne erzittern: Die Zerbrechlichkeit eines Hampty Dampty, dem menschlichen Ei auf der Mauer.

    In knisternder Vinyl-Patina verschwindet die Grinsekatze in verrauchtem Trip Hop. Ein Gitarrensolo von Monika Roscher schießt wie die Herzkönigin durch die Decke.

    "Es ist einfach nie alles harmonisch und es ist nie alles disharmonisch. Daraus entsteht das Schöne. Wenn du weißt, wie gut es einem gehen kann, wenn es dir schlecht geht, dann weißt du auch wieder, dass es anders sein kann. Das macht vollkommen Sinn, dass man da schwankt. Daraus entstehen diese ganzen Momente. Auch in der Musik macht mir das Sinn."

    "Failure in Wonderland" wirkt wie die Geste einer sanften Hand auf der Schulter: Alles wird gut. Ein anachronistisches Space-Pop-Album - aus der Zeit gefallen, zurück in die Zukunft. Monika Roscher sucht und findet sich im Wunderland ihrer Big Band.

    Informationen zum Album:
    Monika Roscher Big Band: Failure in Wonderland
    Label: Enja
    Erscheinungsdatum: 16.11.12