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Geisterspiele in der Fußball-Bundesliga
Gedankenspiele über die Rückkehr der Fans

In der Fußball-Bundesliga sind Geisterspiele, also Spiele ohne Zuschauer, momentan noch alternativlos. Nach dem Neustart der Saison denken aber Vereine und Politik über eine vorsichtige Öffnung für die Fans nach. Noch gibt es kein Konzept und es sind viele Fragen offen.

Von Olivia Gerstenberger |
    Die Sitze in den Reihen des menschenleeren Olympiastadions sind hochgeklappt.
    Wegen der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus können derzeit keine Zuschauer in das Stadion. (dpa/Andreas Gora)
    In Ungarn ist es schon soweit: Dort dürfen Fans wieder ins Stadion. Als erster in Europa öffnete der ungarische Fußballverband am vergangenen Wochenende erstmals wieder die Tore für Zuschauer - für einen Bruchteil der Fans, die normalerweise kommen. Auch in der Bundesliga rollt der Ball wieder und auch hier gibt es erste Überlegungen, ob, und wenn ja wie man die Fans zurück ins Stadion lassen könnte.
    Kahn: "Nur im Rahmen eines sinnvollen Konzepts"
    So äußerte sich Oliver Kahn, Bayern Münchens Vorstandschef als erstes. Man hätte sich das natürlich angeschaut. Er sei absoluter Freund davon, wieder über Zuschauer nachzudenken, sagte er bei "Sky". Aber nur im Rahmen eines sinnvollen Konzepts. Die Gesundheit der Zuschauer und der Spieler müsse gewährleistet werden.
    Leverkusens Sport-Geschäftsführer Rudi Völler ergänzte, es sei der Wunsch von allen, aber der Verlauf der Pandemie müsse mitspielen. Erst mal sollte aber die laufende Saison gut zu Ende gespielt werden, sagte er der "Bild".
    Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc erklärte in der WAZ, dass man sich mit allen Optionen beschäftige, die Dinge dann aber mit der Politik bespreche.
    Coronavirus
    Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
    Und auch Kölns Geschäftsführer Alexander Wehrle hält es nicht für ausgeschlossen, dass in diesem Jahr wieder Spiele vor Zuschauern stattfinden könnten. Es gebe Möglichkeiten, durch eine Erweiterung des Organisations- und Hygienekonzepts der DFL einen Teileinlass zu gewährleisten, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Man müsse diese Saison in Demut zu Ende bringen und dann gemeinsam mit der Politik eine einheitliche, bundesweite Lösung hinbekommen.
    Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen sagte, wenn es nach der Pause "von den Experten und der Politik Signale hinsichtlich einer teilweisen Öffnung der Stadien für die Zuschauer geben wird, sind wir die ersten die daran mitarbeiten. Es wäre aber anmaßend, wenn wir einen Zeitpunkt dafür vorschlagen würden."
    Großveranstaltungen noch verboten
    Anders als etwa in Ungarn, wo ein Bruchteil der Zuschauer bereits wieder ins Stadion darf, würden in Deutschland allerdings nicht Hunderte, sondern Tausende Fans anreisen. Das größte Stadion der Liga in Dortmund fasst bei Bundesligaspielen über 80.000 Zuschauer, die Münchener Arena 75.000, in Köln sind es 50.000. Kahn brachte für München im Falle einer Teil-Öffnung die Zahl von 10.000 bis 11.000 Zuschauer ins Spiel, Wehrle sprach für Köln von 8.000 bis 10.000.
    In Deutschland sind Großveranstaltungen mit Zuschauern noch bis zum 31. August verboten. Die Ministerpräsidenten Stephan Weil aus Niedersachsen und Michael Kretschmer aus Sachsen plädierten aber bereits für Lockerungen für die Bundesliga nach der Sommerpause, also ab September.
    Die Kölner Fans sehen die Überlegungen mit gemischten Gefühlen. In den sozialen Netzwerken diskutierten sie zum Beispiel über die gerechte Verteilung der Tickets, da es in Köln mehr Dauerkarteninhaber als dann möglicherweise erlaubte Zuschauer gebe.
    DFL-Hygienekonzept: maximal 300 Menschen im Stadion
    Auch das Hygienekonzept der Deutschen Fußball Liga müsste grundlegend überarbeitet werden. Es sieht bisher vor, dass sich maximal 300 Menschen auf dem Stadiongelände aufhalten dürfen. Dieses ist in drei Zonen (Innenraum, Tribüne, Stadionaußengelände) aufgeteilt, in denen sich jeweils maximal 100 Menschen befinden dürfen. Während des Spiels sind daher bisher im Innenraum neben den 22 Spielern auf dem Feld, den 18 Ersatzspielern und fünf Schiedsrichtern noch das Funktionsteam, Balljungen, Fotografen, Hygienepersonal, Ordner, Sanitäter und Verantwortliche für das Basissignal, VAR und Daten erlaubt.
    Wenn Fans wieder zugelassen werden sollten, müssten also konkrete Lösungen für die Einlasssituation, die An- und Abreise und die Stadionumläufe her, dazu ein Konzept für Toilettenräume und mögliches Catering.
    Auch die Ligen in Frankreich, Italien und Spanien hoffen auf die Öffnung für Fans – obwohl sie von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind. Italiens Verbandschef Gabriele Gravina hält eine mögliche Öffnung für ein "kleines Zeichen der Hoffnung" für die Fans und eine Art Entschädigung für die vielen Opfer, die die Fußballfans in Italien gebracht hätten.
    In Griechenland wurde ein entsprechender Antrag der Liga gerade abgelehnt, die Situation werde aber in der kommenden Woche neu bewertet. In der polnischen Liga dürfen Fans dagegen ab dem 19. Juni wieder ins Stadion, ab dann darf ein Viertel der Stadionkapazität wieder genutzt werden.
    (mit sid, dpa)