Für Wirtschaftswissenschaftler ist die Sache eigentlich klar: Geld ist da, um Handel und Arbeitsteilung zu ermöglichen. Das ist aber nicht die ganze Wahrheit, meint Gabriele Camera, Ökonomieprofessor an der amerikanischen Chapman University. Denn ohne Geld ist ein Zusammenleben in größeren Gruppen kaum möglich, und das hat vor allem soziale Gründe. Unsere Vorfahren haben ihre Bronzestücke oder Kaurischnecken vor allem als Währung des Vertrauens eingeführt, sagt Gabriele Camera. Diesen Schritt spielte er mit Gruppen von Studenten nach. Die Regeln waren einfach. In jeder Runde wurden zufällig anonyme Paare gebildet und Rollen verteilt. Der eine war der Anbieter, der andere der Empfänger. Der Anbieter konnte sich entscheiden, ob er dem Empfänger hilft, Punkte zu sammeln, oder nicht.
"Hilft er, verliert er ein paar Punkte, und die sind am Ende echtes Geld wert. Gleichzeitig bekommt der andere die doppelte Punktzahl gutgeschrieben."
Dann kommt schon die nächste Runde, die Rollen und Partner werden innerhalb der Gruppe anonym neu verteilt. Wenn alle kooperieren und sich gegenseitig helfen, dann ist der Gewinn der Gruppe und der Einzelnen am höchsten. Das ist logisch, aber so verhalten sich Menschen nicht, besonders in größeren Gruppen.
"Je größer die Gruppe wird, desto schwächer wird die Kooperation. Zweiergruppen unterstützen sich in vier von fünf Runden. Bei Gruppen mit 32 Mitgliedern wird noch nicht einmal in einem Drittel der Runden geholfen. Kooperation in größeren Gruppen ist schwer aufrechtzuerhalten."
Mit der Mitgliederzahl wächst in anonymen Gruppen die Unsicherheit, ob die eigene Hilfsbereitschaft später erwidert werden wird. Das änderte sich dramatisch, als Gabriele Camera neben den Punkten noch Spielmarken einführte. Die wurden später nicht in Geld umgetauscht, waren also wertlos. Trotzdem begannen die Mitspieler spontan, diese Marken als Tauschobjekt zu nutzen. Wer Hilfe erhielt, bedankte sich mit einer Marke.
"Obwohl die Marken eigentlich keinen Wert hatten, vertrauten die Mitspieler darauf, dass sie später mit der Marke ihrerseits Hilfe erhalten können. Das funktionierte selbst in großen Gruppen."
Die Kooperationsbereitschaft lag bei 50 Prozent, und zwar unabhängig von der Gruppengröße. Die virtuellen Plastikchips vermitteln in großen Gruppen also Vertrauen und ermöglichen so eine Zusammenarbeit. Die Bedeutung der Marken ist dabei rein symbolisch. Am Ende des Experiments gibt es für sie kein Geld, sie sind auch kein verlässlicher Hinweis darauf, dass der anonyme Mitspieler vertrauenswürdig ist. Aber das gemeinsame Verhalten der Gruppenmitglieder etabliert einen sozialen Standard, der den Marken eben doch einen Wert verleiht. Diese Kleinversion einer Geldwirtschaft hat allerdings eine Schattenseite. Wer zufällig in einer Runde keine Marke übrig hatte, konnte nicht auf Hilfe hoffen.
"Eigentlich ist die Situation dann genauso, wie vor der Einführung der Marken. Aber in diesem Fall war kaum jemand bereit, ohne Gegenleistung zu helfen. Der Markenhandel hat die Hilfsbereitschaft verdrängt, das sind die sozialen Kosten."
Geld ist also nicht umsonst, insofern hat es seinen zweifelhaften Ruf natürlich zu Recht, meint Gabriele Camera. Aber er plädiert dafür, darüber die soziale Dividende von Euro, Dollar und Yen nicht zu übersehen. Die Münzen und Noten erleichtern nicht nur den Handel, sie sorgen überhaupt erst dafür, dass Menschen so bereitwillig mit Fremden zusammenarbeiten. So gesehen gefährden die diversen Finanzkrisen weit mehr als nur die Wirtschaft.
"Hilft er, verliert er ein paar Punkte, und die sind am Ende echtes Geld wert. Gleichzeitig bekommt der andere die doppelte Punktzahl gutgeschrieben."
Dann kommt schon die nächste Runde, die Rollen und Partner werden innerhalb der Gruppe anonym neu verteilt. Wenn alle kooperieren und sich gegenseitig helfen, dann ist der Gewinn der Gruppe und der Einzelnen am höchsten. Das ist logisch, aber so verhalten sich Menschen nicht, besonders in größeren Gruppen.
"Je größer die Gruppe wird, desto schwächer wird die Kooperation. Zweiergruppen unterstützen sich in vier von fünf Runden. Bei Gruppen mit 32 Mitgliedern wird noch nicht einmal in einem Drittel der Runden geholfen. Kooperation in größeren Gruppen ist schwer aufrechtzuerhalten."
Mit der Mitgliederzahl wächst in anonymen Gruppen die Unsicherheit, ob die eigene Hilfsbereitschaft später erwidert werden wird. Das änderte sich dramatisch, als Gabriele Camera neben den Punkten noch Spielmarken einführte. Die wurden später nicht in Geld umgetauscht, waren also wertlos. Trotzdem begannen die Mitspieler spontan, diese Marken als Tauschobjekt zu nutzen. Wer Hilfe erhielt, bedankte sich mit einer Marke.
"Obwohl die Marken eigentlich keinen Wert hatten, vertrauten die Mitspieler darauf, dass sie später mit der Marke ihrerseits Hilfe erhalten können. Das funktionierte selbst in großen Gruppen."
Die Kooperationsbereitschaft lag bei 50 Prozent, und zwar unabhängig von der Gruppengröße. Die virtuellen Plastikchips vermitteln in großen Gruppen also Vertrauen und ermöglichen so eine Zusammenarbeit. Die Bedeutung der Marken ist dabei rein symbolisch. Am Ende des Experiments gibt es für sie kein Geld, sie sind auch kein verlässlicher Hinweis darauf, dass der anonyme Mitspieler vertrauenswürdig ist. Aber das gemeinsame Verhalten der Gruppenmitglieder etabliert einen sozialen Standard, der den Marken eben doch einen Wert verleiht. Diese Kleinversion einer Geldwirtschaft hat allerdings eine Schattenseite. Wer zufällig in einer Runde keine Marke übrig hatte, konnte nicht auf Hilfe hoffen.
"Eigentlich ist die Situation dann genauso, wie vor der Einführung der Marken. Aber in diesem Fall war kaum jemand bereit, ohne Gegenleistung zu helfen. Der Markenhandel hat die Hilfsbereitschaft verdrängt, das sind die sozialen Kosten."
Geld ist also nicht umsonst, insofern hat es seinen zweifelhaften Ruf natürlich zu Recht, meint Gabriele Camera. Aber er plädiert dafür, darüber die soziale Dividende von Euro, Dollar und Yen nicht zu übersehen. Die Münzen und Noten erleichtern nicht nur den Handel, sie sorgen überhaupt erst dafür, dass Menschen so bereitwillig mit Fremden zusammenarbeiten. So gesehen gefährden die diversen Finanzkrisen weit mehr als nur die Wirtschaft.