Gerd Lottsiepen vs. Stefan Gerwens Brauchen wir ein generelles Tempolimit?
Eine Arbeitsgruppe des Verkehrsministeriums hat aus Klimaschutzgründen ein Tempolimit für Autobahnen ins Gespräch gebracht. Gegner sagen: Die Geschwindigkeitsbegrenzung ist überflüssig. Befürworter halten es für eine geeignete Maßnahme zum Klimaschutz und zur Unfallvermeidung. Wer hat recht?
Eine zugespitzte Frage, zwei Gäste, zwei konträre Positionen – dazu eine Moderatorin oder ein Moderator und ein weites Themenspektrum, jeden Samstag um 17.05 Uhr. Das ist das Konzept der neuen Sendung. Sind wir zu politisch korrekt? Passen Religion und Aufklärung zusammen? BER und Stuttgart 21 – hat Deutschland das Bauen verlernt? Den Streit wert sind Kunst und Musik, Glaube und Wissenschaft, Lebensstil und politische Kultur. Eine gleich bleibende Debattendramaturgie sorgt für klare Standpunkte, dann folgen echter Austausch, Abwägen und gemeinsames Nachdenken. Im besten Fall wird der Titel so eingelöst, dass wir genau das vorführen: Streit-Kultur.
Braucht Deutschland ein Tempolimit? (EyeEm / Michael J Berlin)
Von der "Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität" haben bis vor ein paar Tagen wohl nur wenige Menschen in Deutschland gehört. Sie soll Vorschläge machen, wie unsere Verkehrspolitik nachhaltig umgebaut werden kann. In einem eigentlich vertraulichen Arbeitspapier dieser Kommission wurden neben höheren Steuern auf Benzin und Diesel unter anderem auch generelles Tempolimit auf der Autobahn vorgeschlagen. Ein Vorschlag von vielen – um den Autoverkehr in Deutschland nachhaltiger zu machen und die Klimaschutz voran zu bringen. Aber ein Vorschlag, über den besonders emotional gestritten wird. Doch wie sind die Fakten? Was bringt ein Tempolimit für Verkehrssicherheit und Klimaschutz?
Pro: Gerd Lottsiepen, Verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclub Deutschland VCD:
Ein Tempolimit auf der Autobahn rettet Leben. Das sagen Unfallforscher und die Gesetze der Physik. Denn der Bremsweg und die Aufprallenergie steigen mit der gefahrenen Geschwindigkeit. Außerdem mindert ein Tempolimit den Ausstoß des Treibhausgases CO2 um gut drei Millionen Tonnen. Keine andere Maßnahme, die sofort wird und nichts kostet bringt auch nur annähernd einen ähnlich großen Effekt. Inzwischen ist auch eine knappe Mehrheit der Bevölkerung für ein Tempolimit. Außerdem ist Deutschland inzwischen International isoliert: Jedes Land, dass ein Autobahn-Netz hat, hat auch ein Tempolimit. Es gibt also viele vernünftige Argumente für ein Tempolimit. Dagegen steht eine Ideologie, die in den Autoverliebten 1950er- und 60er-Jahren verwurzelt ist.
Contra: Stefan Gerwens, Leiter "Verkehr" ADAC e.V.:
Der Verkehrssicherheitseffekt bei einem generellen Tempolimit ist gering. Ohnehin sind heute schon viele Streckenabschnitte temporeguliert. Auf den anderen Streckenteilen ist die Unfallhäufigkeit gerade bei Geschwindigkeitsunfällen nicht höher als auf den anderen Strecken. Da gibt es keinen signifikanten Unterschied. Einige Nachbarstaaten wie Frankreich oder Belgien haben trotz Tempolimit auch keine bessere Unfallbilanz als wir.
Es gibt auch keinen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Denn wir reden insgesamt über einen geringen Anteil des PKW-Verkehrs insgesamt an den CO2-Emissionen. Von daher sprechen für uns keine zwingenden Gründe für ein Tempolimit.