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Gerichtsurteil zu Flüchtlingen
Kein voller Schutzstatus für Syrer

Es war das erste Mal bundesweit, dass ein Oberverwaltungsgericht in der aktuellen Flüchtlingsdebatte über den Schutzstatus von Syrern entschied. Die Richter in Schleswig billigten die Praxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, diesen nur "subsidiären Schutz" und kein Asyl zu gewähren.

Von Julia Schumacher | 23.11.2016
    Ein Schild mit der Aufschrift "Bundesamt für Migration und Flüchtlinge", aufgenommen am 17.08.2015 in Nürnberg (Bayern) bei einer Kundgebung von Flüchtlingen vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
    Das Oberverwaltungsgericht Schleswig gab dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge recht. (dpa / picture-alliance / Timm Schamberger)
    Konkret entschied das Oberverwaltungsgericht Schleswig über den Fall einer Syrerin. Sie hatte einen Asylantrag gestellt und vom Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht den vollen Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen. Daraufhin klagte sie und bekam in erster Instanz recht. Die Richter sahen die Gefahr, dass die Frau bei ihrer Rückkehr bedroht wird. Gegen diese Entscheidung legte das BAMF Berufung ein. In der heutigen Anhörung erzählte die Frau ihre Fluchtgeschichte: Von ihrem Mann, der beim Militär gearbeitet hatte und nicht kämpfen wollte, ausstieg und auf der Flucht entführt und unter Druck gesetzt wurde; wie auch sie bedroht wurde. Diese Details ihrer Flucht hatte sie bei ihrer Asyl-Anhörung nicht erzählt. Das Gericht geht nicht davon aus, dass sie bereits vor ihrer Flucht verfolgt wurde, so Gerichtssprecherin Birgit Voß-Güntge:
    "In der Urteilsverkündung hieß es, dass die Klägerin erst sehr spät im Berufunsverfahren diese Begründung angegeben hat, das heißt die Gründe nachgeschoben hat - ich sag jetzt mal mit meinen Worten - zum verfahrensangepassten Vortrag hier gebracht hat."
    Damit gilt die Frau als nicht vor-verfolgt und sei keiner grundsätzlichen Gefährdung ausgesetzt, wenn sie nach Syrien zurückkehrt. Besonderes Augenmerk lag heute auf diesem Prozess, da sich das Gericht auch mit der Frage beschäftigte, ob jeder syrische Flüchtling bei seiner Rückkehr als regimefeindlicher Oppositioneller behandelt würde. Voß-Güntge:
    "Es hat grundsätzlich entschieden, dass in den Fällen, in denen Syrer unverfolgt ausgereist sind aus Syrien, keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft allein deshalb besteht, weil sie sich im Ausland aufgehalten haben und hier einen Asylantrag gestellt haben."
    Das Gericht hatte für diese Entscheidung Papiere vom Auswärtigen Amt angefordert. Danach gebe es keine Anhaltspunkte für eine Gefahr für jeden Rückkehrer. Die Anwältin der Klägerin, Kristin Henke, ist darüber enttäuscht:
    "Es ist schwierig, denn sie hatte tatsächlich Angst, die Gründe vorzutragen, und hat auch sehr, sehr lange gebraucht, bis sie mir die Gründe vorgetragen hat, und deswegen finde ich das nicht nachvollziehbar. Aber das ist natürlich eine Einschätzung des Gerichtes."
    Nun wird sie prüfen, ob sie damit vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen wird. Bis zu einer bundeseinheitlichen Regelung im Umgang mit syrischen Flüchtlingen ist es also noch ein weiter Weg.