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Gesamtschule Bremen-Ost
Mehr als nur Unterricht

Die Teilnahme an Ganztagsschulen kann das Sozialverhalten, die Schulfreude und die Schulnoten verbessern, hatten Forscher im Jahr 2011 festgestellt. Voraussetzung sei ein umfassendes, qualitativ gutes Ganztagsangebot mit individueller Betreuung, bei dem das Beziehungsklima an der Schule stimmt. In der Gesamtschule Ost in Bremen, wo 1.346 Schüler von 130 Lehrern unterrichtet werden, klappt das sehr gut.

Von Almuth Knigge | 16.04.2016
    Ein Schüler einer dritten Klasse der Evangelischen Grundschule in Frankfurt (Oder) meldet sich beim Deutschunterricht, aufgenommen am 14.01.2009.
    In Ganztagsschulen ist die Gefahr der Klassenwiederholung geringer, haben Forscher herausgefunden. (dpa / picture alliance / Patrick Pleul)
    Lärm
    So hört sich die GSO an
    Mensa
    Und so
    Lärm / Fußball
    Aber auch so.
    Die Kinder üben für ihr jährliches Konzert mit der deutschen Kammerphilharmonie Bremen - übrigens das Orchester des Jahres 2016. Seit 2007 haben die Musiker hier, mitten in der Schule, ihren Probenraum.
    Ein ganz normaler Tag an der Gesamtschule Ost in Bremen Tenever - ein sozialer Brennpunkt in der Hansestadt - hoher Migrantenanteil, hoher Anteil von Sozialhilfeempfängern.
    Die Schule - eine typische Betonburg aus den 70er-Jahren. Aufgepeppt mit ein bisschen Farbe. Und überall im Gebäude hängen Fotos von Schülern. Die meisten lächeln - im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Warum ist das so?
    "Alle, die zu uns kommen, sind erstmal willkommen. Natürlich gibt es hier Regeln, klar, sonst würde es nicht laufen."
    Unausgeprochenen Regel: Man fragt nach den Ferien nicht nach dem Urlaub
    Ohne feste Regeln werden Kinder auch nicht glücklich – und klug. Das weiß Hans Martin Utz. Seit Oktober vergangenen Jahres ist er Schulleiter – aber Lehrer ist er schon seit über zehn Jahren hier in Tenever. Eine der unausgeprochenen Regeln ist zum Beispiel – man fragt nach den Ferien nicht, wer wo im Urlaub war, weil die meisten nicht in den Urlaub fahren können. Eine andere Regel – oder auch der Kern des Konzeptes – sagt Utz - ist Verlässlichkeit.
    "Jeder soll sich hier mit seiner Situation total identifizieren können. Mit seiner Schule, mit seinen Aufgaben, seiner Klasse, mit seinem Profil."
    "Es riecht auch ein bisschen anders, nicht so nach Angstschweiß."
    Und es ist unglaublich sauber.
    "Die Schule bestimmt den Alltag der Kinder und die Schule muss geöffnet sein für die Kinder. Und zwar von morgens bis abends eigentlich. Wir haben natürlich auch die Ferien, aber wir merken, dass die Kinder sich freuen, wenn die Ferien wieder vorbei sind."
    Bei Sharan Kassibakumba und Christian Berles hört sich diese Freude ein bisschen weniger euphorisch an, aber dennoch sind sie sichtbar und hörbar ausgeglichen und zufrieden.
    "Also man hört ja von anderen Schülern, wie deren Schule ist und ich muss schon sagen, unsere Schule ist gut, sie ist halt auch riesig, hier sind sehr viele Schüler, aber die Lehrer sind größtenteils ok und die Schule ist auch ganz gut."
    "Ja, wir haben bis vier Uhr manchmal Unterricht, aber die Stunden sind auch so aufgestellt, dass es nicht nur den ganzen Tag, zehn Schulstunden durchgeht mit Mathe, Deutsch, Englisch, wir haben ja auch Übungsstunden, Musikstunden dazwischen ja, das ist das eigentlich."
    "Keine Pampe? Nein, wirklich nicht."
    Beide sind 16, beide spielen Instrumente, Tuba und Querflöte, beide haben das Musikprofil der Schule gewählt.
    "Was nur ein bisschen ... es nervt nicht, aber es ist halt dieses komische, man muss halt ständig bei den Proben sein, natürlich will man in seiner Freizeit was anderes machen."
    Aber den anderen geht es ähnlich. Es gibt es noch die Spezialisierung auf Sprache, Naturwissenschaften, Theater, Kunst, Sport. Also kein betreutes Rumhängen am Nachmittag.
    "Betreutes Rumhängen gibt es bei uns gar nicht - also wir vermeiden schon so die so genannten harten Fächer wie Mathematik oder Fremdsprachen oder Deutsch Nachmittags zu machen, das kommt aber durchaus vor - wir haben viele Sportangebote - oder Sportunterricht am Nachmittag oder diese handwerklichen Bereiche tatsächlich aber dann von einer Lehrkraft unterrichtet, also als normales Unterrichtsfach, nicht unbedingt als AG-Angebot. Wir haben keine Externen, sondern wir machen das alles selber, wir haben einen großen Bereich der Sozialpädagogik, das sogenannte soziale Lernen, wo wir dann mit den Kindern Streitschlichtung und so was machen, das findet aber auch am Vormittag statt."
    Das Konzept geht auf – im Büro von Hans Martin Utz stehen viele Preise. Und auch nicht ganz unwichtig – die Mensa ist gut.
    "Ja - das Essen schmeckt. Es gibt natürlich ein paar Sachen, die nicht schmecken, aber das ist normal,
    - Keine Pampe?
    - Nein, wirklich nicht."