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Gesetzentwurf
Mehr Medikamentests an Demenzkranken

Bisher dürfen Medikamente an demenzkranken Menschen nur getestet werden, wenn diese einen persönliche Nutzen davon haben. Das soll sich in Zukunft ändern. Der Bundestag hat sich für eine entsprechende Gesetzesänderung ausgesprochen.

Von Stefan Maas | 11.11.2016
    Hände, Senioren, Pflege, Altenheim, Seniorenheim
    Demenzkranke sollen zukünftig auch ohne persönlichen Nutzen an medizinischen Studien teilnehmen. (dpa / picture alliance / Daniel Reinhardt)
    Es ist gleich der erste Punkt auf der heutigen Tagesordnung des Bundestages: Die "Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften". Stimmen die Abgeordneten heute in letzter Lesung diesem Gesetzentwurf zu, dann sollen zukünftig Untersuchungen zu Forschungszwecken grundsätzlich auch an Patienten vorgenommen werden können, die aufgrund ihrer demenziellen Erkrankung nicht mehr einwilligen können, auch wenn diese selbst von den Ergebnissen nicht mehr profitieren. Bislang ist dieser persönliche Nutzen – etwa durch eine neuartige Therapie - Voraussetzung für die Erlaubnis. Nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach wird mit der Neuregelung die Praxis ehrlicher: Denn derzeit würden viele Studien an Demenzkranken gemacht, "wo wir so tun, als wenn es Eigennutz wäre, aber es ist Gruppennutz."
    Fraktionsübergreifende Kritik
    Eine große, fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten aber steht einer Lockerung der bisherigen Regeln kritisch gegenüber. Sie hatten eine Debatte über das Thema im Bundestag erzwungen und dazu einen eigenen Änderungsantrag präsentiert, über den – neben zwei anderen Anträgen – bereits am Mittwoch abgestimmt wurde. Nach fast zweistündiger, intensiver Debatte.
    Die Linkenabgeordnete Kathrin Vogler gehört zu den Mitautorinnen des Änderungsantrags der Lockerungsgegner:
    "Die eigentliche Frage lautet doch: Wollen wir wirklich, dass Arzneimitteln in diesem Land an Menschen getestet werden, die nicht in der Lage sind Wesen, Bedeutung und Tragweite der Studie zu erkennen und ihren Willen danach auszurichten? Und zwar auch dann, wenn sie selber keinen Nutzen davon haben."
    Entwurf mit weiterer Sicherheitsstufe
    Durchsetzen konnten sich die Kritiker mit ihrem Entwurf nicht.
    Die Mehrheit stimmte für einen Antrag der Änderungsbefürworter, der jedoch im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf aus dem Hause von Gesundheitsminister Hermann Gröhe, CDU, eine weitere Sicherungsstufe einbaut.
    Um Missbrauch auszuschließen sieht der Gesetzentwurf, über den die Abgeordneten nun heute abstimmen, vor, dass die Teilnahme an klinischen Studien zulässig ist, wenn der Betroffene – als er noch selbst einwilligungsfähig war – nach ärztlicher Beratung schriftlich festgelegt hat, dass er dazu bereit ist. Ein Betreuer soll später prüfen, ob die einstige Zustimmung des Patienten noch der aktuellen Situation entspricht. Die Studien dürfen zudem nur minimal belastend sein und müssen zuvor von einer Ethikkommissionen und der zuständigen Oberbehörde gestattet werden. Ein kommerzielles Interesse darf es nicht geben.