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Gesetzentwurf zur Telefonwerbung
Bezahlen erst nach schriftlicher Bestätigung

Ein mündlich geschlossener Vertrag muss künftig schriftlich vom Verbraucher bestätigt werden, so steht es in dem Gesetzentwurf, der heute im Bundesrat diskutiert wird. Rechtlich stünden die Verbraucher damit auf der sicheren Seite, sagte Roland Stuhr vom Bundesverband Verbraucherzentrale im DLF.

Roland Stuhr im Gespräch mit Georg Ehring | 10.03.2017
    Laut einem geplanten Gesetzentwurf gelten mündliche Verträge nur dann, wenn der Verbraucher sie schriftlich bestätigt hat, sagte Verbraucherschützer Roland Stuhr im DLF.
    Laut einem geplanten Gesetzentwurf gelten mündliche Verträge nur dann, wenn der Verbraucher sie schriftlich bestätigt hat, sagte Verbraucherschützer Roland Stuhr im DLF. (imago / Reporters)
    Georg Ehring: Das Telefon klingelt und am anderen Ende der Leitung preist ein Werber die Vorzüge eines neuen Telefontarifs, einer Zeitschrift, die Gewinnchancen bei einem Glücksspiel oder die günstigen Preise eines Energieversorgers an. Zweck des Anrufs ist Überrumpelung; der Angerufene soll sich schnell für einen Vertrag entscheiden, zumal sich die Offerte bei genauerem Nachdenken durchaus auch als nachteilig für den Verbraucher herausstellen könnte.
    Um solchen unseriösen Geschäftspraktiken einen Riegel vorzuschieben, ist die Politik immer wieder aktiv geworden, doch ohne durchschlagenden Erfolg. Die Telefone klingeln noch immer. Heute debattiert der Bundesrat über eine neue Initiative und darüber möchte ich jetzt mit Roland Stuhr sprechen. Er kümmert sich beim Verbraucherzentrale Bundesverband um das Thema. Guten Tag, Herr Stuhr.
    Roland Stuhr: Guten Tag!
    Ehring: Herr Stuhr, was machen Sie denn, wenn bei Ihnen das Telefon klingelt und ein Werber ist dran?
    Stuhr: Dann versuche ich, vielleicht rauszufinden, wer am anderen Ende spricht, mit wem ich es zu tun habe. Wenn ich dafür keine Zeit habe oder keine Lust habe, dann lege ich einfach auf.
    "Wenn ich nicht reagiere, habe ich auch keinen gültigen Vertrag"
    Ehring: Herr Stuhr, es gibt ja jetzt einen neuen Gesetzentwurf. Was ist das Neue? Wie will der Bund jetzt dieses Problem in den Griff bekommen?
    Stuhr: Das Neue an dem Gesetzentwurf ist, dass ich einen Vertrag am Telefon nicht mehr so schließen kann, dass ich anschließend nicht mehr da rauskomme. Das heißt: Wenn ich angerufen werde, egal wie das Gespräch verläuft, bekomme ich anschließend noch mal eine Vertragsbestätigung, und darauf muss ich dann selber auch noch mal antworten, muss sagen, ja, das ist in Ordnung, ich habe es durchgelesen, ich möchte den Vertrag abschließen. Wenn ich das nicht tue, wenn ich nicht noch mal selber reagiere, nachdem ich mir das alles noch mal wohl überlegt habe, dann habe ich auch keinen gültigen Vertrag und dann muss ich auch nichts bezahlen. Das ist eigentlich die klare Aussage dieses Gesetzentwurfs.
    "Eine gesetzgeberische Dauerbaustelle"
    Ehring: Wird das denn die Verbesserung bringen, dass solche Werbeanrufe künftig unterbleiben werden oder seltener werden?
    Stuhr: Ja, es besteht schon Anlass, davon auszugehen. Diese belästigenden Telefonanrufe sind eine gesetzgeberische Dauerbaustelle. Sie haben das ja schon angesprochen. Der Gesetzgeber hat schon mehrfach versucht, was zu tun, zuletzt im Jahr 2013, und da hat er diese Textform, dieses Bestätigungserfordernis eingeführt für Gewinnspieldienste, weil das eigentlich die Branche war, wo es am meisten belästigende Anrufe gab mit untergeschobenen Verträgen. Nach den Erkenntnissen, die wir seitdem haben, wirkt dieses Gesetz, allerdings nur in dem Bereich, für das es gilt, nämlich für die Gewinnspiele, und wir verzeichnen, seitdem diese Gesetzesänderung in Kraft getreten ist, schon auch eine Verschiebung. Das heißt, die Branchen der unseriösen Anrufer, die gehen jetzt mehr in Richtung Telekommunikation-Internetverträge, oder auch Energiedienstleister, wo es diese Regelung bislang noch nicht gibt.
    "Die Hoffnung, dass dem Geschäftsmodell der Boden entzogen wird"
    Ehring: Ist das Gesetz denn jetzt so, wie Sie sich das vorgestellt haben, oder glauben Sie, dass da neue Lücken sich auftun werden?
    Stuhr: Ja, es könnten sich neue Lücken auftun. Wir haben einmal eine Ausnahme für Finanzdienstleistungen. Das ist ein Sonderbereich. Hier traut sich offensichtlich der Gesetzgeber noch nicht ran, sagt, das ist etwas, was man dann europäisch wahrscheinlich anders regeln muss. Aber das ist auch gar nicht der Schwerpunkt der Anrufe.
    Wie gesagt, das sind andere Branchen. Und in den Bereichen erwarten wir eigentlich, dass das Gesetz einen durchschlagenden Erfolg bringt. Sicherlich werden die Anrufe nicht von heute auf morgen aufhören, aber entscheidend ist, dass man dann den Verbrauchern klar sagen kann, wenn Du angerufen wurdest, wenn Du das Gespräch nicht selber initiiert hast, dann musst Du anschließend auch nichts bezahlen. Das gibt Rechtssicherheit und damit verbunden die Hoffnung, dass dem Geschäftsmodell der Boden entzogen wird.
    Denn bislang ist es so, dass häufig tatsächlich unklar ist, ob ich vielleicht nach einer Bestätigung, die ich bekommen habe, die ich dann nicht gelesen habe, weil ich dachte, das ist nur Information, also ein untergeschobener Vertrag, nach Ablauf zum Beispiel einer 14tägigen Widerrufsfrist tatsächlich gebunden bin. In Zukunft würde es dann so sein, dass diese rechtliche Bindung entfällt, und das ist an die Verbraucher ein klares Signal: Bezahl einfach nicht, reagier nicht, wenn Du nicht schriftlich etwas bestätigt hast. Das ist das Entscheidende und es ist eigentlich davon auszugehen, dass das auch wirken wird.
    Ehring: Roland Stuhr vom Verbraucherzentrale Bundesverband war das. Ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.